Mai

Sonntag, 1.5.

Nacariño hatte drei Auftritte beim Tag der offenen Tür im Möschenhof in Alveslohe!
Der Bericht und Bilder sind hier zu sehen!

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Nun hatte er eine Woche wohl verdienten Urlaub – ich auch, und zwar in Portugal.

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Dienstag, 10.5.

Etwas mehr Begeisterung hatte ich schon erwartet, aber die beiden guckten mich an, als sei ich gestern zuletzt da gewesen… Hmmm. Na, Hauptsache, ihnen geht es gut und offenbar kann ich meine Pferde gut mal eine Weile alleine lassen. Mit Fàscino ging das früher überhaupt nicht – mit ein Grund, oder nein, im Prinzip der Grund, warum ich 20 Jahre lang nicht weggefahren bin. Zumindest nicht länger als ein paar Tage.

Reiterlich allerdings merkte man Nacariño die Pause an – er war extrem albern und überdreht. Mir war nach locker flockig, da ich ziemlich krank wiedergekommen war (Lissabon bei 9 Grad und Dauerregen…), er stellte mich aber ziemlich auf die Probe.
Ich ließ ihn weitgehend machen und stellte mal wieder fest, wie weich sein Hals geworden und wie ungeheuer motiviert er immer ist. Toll!
Er strengte mich aber ziemlich an, ich war mit halber Geschwindigkeit unterwegs, und das hätte er problemlos zu seinem Vorteil machen können, tat er aber nicht.
So machte ich nicht lange, wir hörten zufrieden auf, auch wenn er deutlich durchblicken ließ, dass diese paar Runden ihn keineswegs auslasteten.

Ich dachte schon ein wenig auf Samstag herum (Themen-Tag „Anlehnung, Aufrichtung, Dehnung“) und mir kamen lauter Sachen in den Sinn, die ich sagen und an ihm zeigen könnte. Und hier reifte auch eine Idee für den Tag, die ich vorher nicht gehabt hatte 🙂

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Mittwoch, 11.5.

Das Satteln dauerte wieder ein bisschen, ich musste in der Box ziemlich lange hinter ihm herlaufen. Als er dann stand, stand er aber auch vollkommen ruhig. Schon komisch. Mal sehen, wann er das ablegen kann.

Auf dem Platz benahm er sich dann komplett daneben, so wie lange nicht mehr. Er galoppierte im Prinzip nach 20 Metern schon an, ich überlegte eine Zehntelsekunde, ob ich das ausbremse, entschied mich aber dagegen und ließ ihn einfach rumalbern. Hätte gar nicht gedacht, dass er sowas noch braucht, aber das wird wohl immer wieder mal durchbrechen. Er buckelte, er ging in Schräglage, er wurde schnell – aber nichts davon war mit früher vergleichbar und nichts davon fühlte sich an, als sei es gegen mich oder den Reiter an sich gerichtet. Er brauchte das jetzt einfach.

Ich war noch nicht so fit, da groß gegenzuhalten, also ließ ich es sein und er durfte Quatsch machen. Von mir aus darf er das Samstag auch, dann kann ich zeigen, wann es sinnvoll ist, die Anlehnung mal aufzugeben 🙂

Es dauerte ein paar Minuten, dann durfte ich ihn ein wenig spannen und versammeln, und da war er dann echt grandios – er veränderte sich total nur aufgrund eines Stimmsignals. Ich gab leise Küsschen-Schnalzer und spielte mit den Tönen rum, er reagierte auf alles und versuchte, aus allem etwas zu machen. Hammer. Nicht, dass das steuerbar wäre, aber das wird es ja noch. Was aber an Möglichkeiten in diesem Pferd steckt ist unglaublich.

Er blieb immer wieder mal stehen, chillte vor sich hin, wenn es weiterging war er aber auch voll da. Er wollte, wollte, wollte. Und er wird mir dabei nicht mehr gefährlich – einmal sprang er oben an der kurzen Seite richtig weg, ein mächtiger Satz zur Seite, direkt danach stand er aber, weil er klar damit rechnete, dass ich ihn eh nicht weiterlassen würde. Und so musste ich überhaupt nicht eingreifen, er erzog sich praktisch selbst.

Ich hoffe, ich kriege diese Erkältung schnell in den Griff und bin vor allem Samstag fit, ich habe so große Lust, zu reiten und diesen Tag zu machen! Ach, wird schon 🙂

Die Jungs durften noch auf die Weide – noch nicht lange, aber endlich wieder Weide!
Fanden sie großartig, danach kamen sie tiefenentspannt wieder in ihre Boxen.

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Freitag, 13.5.

Ich dachte, ich frage doch nochmal ganz behutsam in Richtung Anpiaffieren an. Und zwar mit den schönen Eindrücken aus der Escola Portguesa de Arte Equeste mal auf dem konventionellen Weg und nicht über die Trabtraversale (darauf kann ich immer zurückkommen). Allerdings natürlich unausgebunden. Ich fragte nur ein einziges Winkeln der Hinterbeine an, kein zweites hintereinander. Also ein paar Schritte, daraus ganz vorsichtig ein federndes Winkeln hinten, daraus sofort wieder ein paar Schritte.

Tatsächlich bekam ich auf diesem Weg die ersten Ideen halber Tritte an der Hand auf gerader Linie, allerdings würde ich ihn dafür in diesem Stadium auf keinen Fall irgendwem anderes an die Hand geben – er ist einfach zu schnell. Er keilt, er steigt, wenn der Druck für sein Empfinden auch nur ein Gramm zu stark ist.
Ein Steigen konnte ich jedes Mal verhindern und so ließ das auch nach, das war super, aber es ist ein Spiel mit Millimetern und Sekunden. Aber: Licht am Ende des Tunnels!
Das werde ich mal ganz unauffällig ausbauen. Er soll’s ja nicht merken 🙂
Ein typischer Freitag der 13. war das also keinesfalls, aber dafür reicht mein Aberglaube ohnehin nicht.

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Sonntag, 15.5.

Ich hatte es ja tatsächlich fertig gebracht und mir in Portugal einen Sattel gekauft. Auf dem dachte ich rum, seit ich diese Marke vor einem Jahr in einem Lissabonner Geschäft gesehen hatte. Nun landeten wir in einem Geschäft, die davon gefühlte 50 Stück in allen Farben und Formen hängen hatten… In dem Stil, den ich suchte, gab es ca. fünf, zwei davon waren für mich interessant, einer davon war minimal gebraucht – und den schließlich bekam ich zu einem Preis, bei dem ich unmöglich Nein sagen konnte 🙂

Der ist eher für Dón gedacht, aber natürlich wollte ich wissen, ob er auch auf Nacariño liegt. Tut er! Knapp an der Schulter, wie erwartet, aber für maaaal geht das. Gepannt war ich, wie sich mein Sattel-Skeptiker darunter bewegen würde – und das war gut!

Er war mit Navarre auf dem Platz, einem ziemlich flippigen Navarre, und jetzt zeigte sich so richtig, wie gehorsam Nacariño inzwischen ist – er hätte zu gerne mitgemacht und versuchte das auch, allerdings nicht sehr nachdrücklich, und schließlich konnte er sogar ganz entspannt in der „gefährlichen“ Ecke stehen und dabei zusehen, wie Navarre den Teich anschnorchelte und seitwärts driftete.

Natürlich auch heute etliche Hampelsprünge, aber auch etliche Runden, die ich sitzen durfte im Trab und teilweise federleichte Wendungen und Seitengänge. Immer wieder im Wechsel mit Momenten, in denen der Schenkel überhaupt nicht durchkommt. Hmmm.
Auf der rechten Hand bietet Nacariño ganz oft Travers an den langen Seiten an. Das nehme ich zwar gerne an, aber ja nun nicht ständig. Ich bat also um Schulterherein.
Nacariño kann innerhalb einer Zehntelsekunde austicken und macht dann einen auf fürchterlich widersetzlich, schüttelt den Kopf, kann sich auf keinen Fall mit der Schulter in die Bahn drehen und macht da einen unmöglichen Affenzirkus. Bis vor kurzem hätte ich dann nicht auf meine Bitte bestehen dürfen. Jetzt auf einmal darf ich das. Ich bleibe völlig ruhig in einer klaren Schulterherein-Idee und warte, während er rumspringt. Von jetzt auf gleich fügt er sich und ich kann mit allen Hilfen vollkommen leicht werden und ihn einfach gehen lassen. Nach ein, zwei Runden wird das Schulterherein dann vollkommen leicht. Dieses Spiel spielen wir immer wieder – aber wir spielen es endlich!

Er will immer wieder seine Ideen einbringen (darf er, soll er) und darauf bestehen (und das muss jetzt langsam weniger werden). Ich darf endlich konsequenter auf meine Ideen bestehen und sie behutsam durchsetzen. Sie müssen nur erfüllbar sein. Aber was ist für dieses Pferd nicht erfüllbar…

Und diese von Natur aus ungeheuer hohe Grundspannung, die er mitbringt!! Das ist einfach genial, ich liebe das. Na klar ist das gleichzeitig auch hochexplosiv, aber ich liebe es einfach. Das wir ein Jahrhundert-Pferd. Wenn der erst Benimm hat, wird er gigantisch 🙂

Sönke kam, als ich gerade abgesessen war. Da saß ich doch schnell mal auf und er machte ein paar Bilder, so dass ich sehen konnte, wie Nacariño der schöne neue Sattel steht…

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Montag, 16.5.

Den Pfingstmontag durfte unsere schöne Truppe auf der Weide verbringen!

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Nach diesem aufregenden, schönen Vormittag fiel mein kleiner Junge, der er nun endlich langsam ist, ermattet ins Stroh. Und ich durfte mich dazu legen…

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Mittwoch, 18.5.

Ich hatte mal wieder die Trense drauf – und bereute es ziemlich. Andererseits gab er mir etliche Ideen, was ich beim ja nun auf den 28. verschobenen Themen-Tag erzählen könnte und warf damit das Programm um, denn vermutlich werde ich ihn zwei Mal vorstellen, weil der Unterschied zwischen Trense beidhändig oder einhändig blanke Kandare echt gravierend ist.

Er fühlte sich viel mehr wie ein noch schiefes, unausbalanciertes junges Pferd an als mit blanker Kandare. Ich hatte viel mehr zu tun, hatte viel mehr in der Hand, musste viel häufiger einwirken und an den nachgiebigen Hals erinnern als auf Kandare. Es war tatsächlich kein Vergleich. Interessantes Gefühl…

Schön war aber, dass er viel besser mitspielt, viel kompromissbereiter geworden ist.
Nun bin ich aber auf den direkten Vergleich zur Stange gespannt!

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Donnerstag, 19.5.

Also: Vergleich. Sprich: Wieder einhändig blank. Ein anderes Pferd!
Meine Güte, das hat er aber auch gründlich klargestellt…
Der kann alles. Da ist einfach alles drin. Er hat heute so viele Sprünge gemacht incl. so ungefähr aller möglichen Schulen über der Erde, auf der Erde, um die Erde herum – dazwischen gab es auch drei, vier mal Steigen, so hoch wie noch nie und natürlich keineswegs gewünscht, konnte mich allerdings überhaupt nicht erschrecken, weil ich irgendwie ständig halb lachen musste, halb dieses unglaubliche Pferd bewunderte – er brachte es fertig, innerhalb einer langen Seite fünf Mal zwischen Zuhören und sich bemühen und sich mit allen Mitteln widersetzen abzuwechseln. Wobei sich das Widersetzen gar nicht mehr nach „gegen mich“ anfühlt oder „gegen den Reiter“, sondern nur gegen sich selbst. Er wirft alle Füße durcheinander, springt in vier Richtungen gleichzeitig, überschlägt sich gedanklich, weil er alles und zwar sofort will und im selben Moment glaubt, das alles doch noch gar nicht zu können. Wenn er irgendwann mehr Zutrauen hat (kriegt er!), dass er sehr wohl alles kann (kann er!) und sich einfach trauen kann (wird er!), die Schwerkraft außer Acht zu lassen und das Denken abzustellen, dann bekommt dieses Pferd Flügel.

Zwischen den völlig abgedrehten, irrsinnigen Momenten hatte ich immer wieder ganz kurze mit einer schier ungeheuerlichen Versammlungsbereitschaft, ich durfte zum ersten Mal ganz leicht den Schritt im Raumgewinn verschieben, den Trab später auch, und den Galopp verschob ich erst Recht – ich gab nachher richtig Gas, damit er wieder nach vorne denkt. Und da musste ich wirklich fast lachen. Er, der er so oft abgehauen ist und so oft unerwünscht Kante gegeben hat, kam nicht so richtig vom Fleck. Also, er wurde schon schnell, aber dafür musste ich ihn auch etliche Male auffordern – und zwar mit richtig anschnalzen und hüh machen. Und er ließ mich! Kein Gedanke an Abhauen, ich durfte treiben, und zwar so richtig. Großartig!

Und an diesem Tag kam ich an noch etwas ran, was für mich fast die größte Bedeutung hat – ich durfte über die Gerte „vorwärts“ und „versammeln“ anfragen. Und er ließ es durch. Zum ersten Mal gab er mir das Gefühl, dass er den einen gezielten Schlag in vorwärts umsetzen würde, und so wagte ich den, als er gerade stieg. Ich war mir zu 90 % sicher, dass das jetzt funktionieren würde – 10 % russisches Roulette waren noch dabei. Nacariño nahm es an, wenn auch vollkommen überrascht und eine Sekunde am Überlegen, ob er mit „vor“ oder mit Wut reagieren sollte. Unglaublich, er denkt fast in Bildern und ist dabei einfach zu schön durchschaubar. Und da er leichte Zweifel hegte, ich aber nicht, waren wir eine Sekunde später im Vorwärts und ich lobte ihn wie verrückt.

Er war sich nicht ganz sicher, das richtig verstanden zu haben. Und so fragte er das noch einige Male an. Und bekam jedes Mal dieselbe Antwort. Der eine gezielte Schlag, der nicht in Frage stellt, dass jetzt – JETZT – vorwärts gegangen wird. Um „Schlag“ hier mal zu definieren (denn „schlagen“ kann man dieses Pferd gar nicht) – der hat die Kraft, die man selbst auf nackter Haut noch problemlos aushalten würde. Später wird daraus nur noch eine minimale Berührung, aber eben eine kurze schnelle.

Zum ersten Mal also durfte ich nun vollkommen über die Gerte vor und zurück steuern – auf ein Andrücken der Gerte winkelte er die Hinterbeine, auf ein Anticken zog er nach vorne. Stellte er das nach-vorne-ziehen in Frage, kam dieser eine Schlag.
Und ich brauchte nie einen zweiten.

Was dann teilweise an Bewegungen kam, war einfach gigantisch. Gefühlt war er zwar phasenweise mehr in der Luft als auf dem Boden und mir wurde so richtig bewusst, wie beweglich er mich macht, weil er mir regelrecht das Becken locker schüttelte (sein gutes Recht – ich seinen Hals, er mein Becken). Ich konnte ihn noch nie so gut sitzen, und das, obwohl er sich in alle Richtungen bewegte. Manchmal auch gleichzeitig und gerne in zwei Gangarten zugleich. Das hätte ich wirklich gerne auf Video gehabt…

Manchmal kam ich eine komplette Runde lang im Trab nicht vom Hufschlag weg, aber er zwang mir auch nicht mehr sein Travers auf der rechten Hand auf. Nicht ein einziges Mal!

Dieser völlig verrückte Tag war einer der besten bislang – und das sage ich, obwohl ich im Prinzip kaum jemals reelle Lenkung hatte, rundenlang nicht von der Bande wegkam, er stieg und sich widersetzte und nur Quatsch im Kopf hatte und Gehorsam mehr zufällig passierte. Er widersetzt sich nicht mir persönlich, er widersetzt sich manchen Ideen und steht sich selbst im Weg. Er stieg, ja, aber so großartig, ich weiß, was ich daraus machen kann. Er macht Bewegungen, zu denen andere Pferde überhaupt nicht in der Lage sind. Ich lasse ihn alles, alles tun und lenke das nach und nach immer mehr in die gewünschte Richtung. Wegnehmen oder verbieten werde ich ihm nichts von alledem, nur umlenken.

Lach, habe ich „nur“ gesagt…??

Nacariño war ganz schön warm geworden und so drehten wir noch eine Schrittrunde durch’s Dorf. Das hatten wir lange nicht gemacht. Und da hatte ich einen Nacariño unter mir, der am hingegebenen Zügel (!) einen ungeheuer fleißigen, großrahmigen Schritt ging, nicht zuckte und nicht zögerte (außer als das Sonnenlicht sich direkt vor ihm auf der Bahnschiene spiegelte, und als er seitlich ausweichen wollte, kam das mit – das war schon mutig, da rüber zu treten!), mit langem, beweglichem Hals, aufmerksam, aber entspannt. Er brummelte zufrieden vor sich hin, wir kamen sehr glücklich nach Hause.
Wahnsinn.

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Freitag, 20.5.

Nacariño strahlte mich an, als ich kam – von sowas wie Muskelkater hat er vermutlich noch nie was gehört. Er war sehr unternehmungslustig und sichtlich konsterniert, als ich zuerst Dón rausnahm.

Ich wollte nicht wieder reiten, und so nahm ich Nacariño am Kappzaum an die Longe. Meine Güte, der setzt aber auch täglich eins drauf jetzt! Was für ein Bild von einem Pferd! Er trabte mit tiefer Nase dermaßen elastisch vor sich hin, es war eine Wonne. Auf minimale Hilfen konnte ich die Gangarten wechseln, auf Pfiff hielt er sofort an – aus dem Galopp. Hierbei drehte er sich zu mir, was ich erst einmal annahm und einen sofortigen Handwechsel draus machte. So konnte ich schließlich aus dem Galopp halten und direkt auf der neuen Hand wieder angaloppieren. Er spielte mit und das mit sichtbarer Freude. Er sah so schön aus!!

Ich nahm ihn noch an die Hand und fragte ganz behutsam nach verkürztem Schritt. Immer nur einmal Winkeln hinten, sofort wieder vor. Er zog sich sofort hoch, ich musste ungeheuer geschickt wechseln zwischen vor und versammeln, um ein Steigen zu verhindern. Schließlich durfte ich zwischen vorwärts und rückwärts fließend wechseln und ließ ihn immer wieder anhalten mit auf dem Rücken liegender Gerte. Er beobachtet die Gerte extrem genau und so bewege ich sie bewusst in alle möglichen Richtungen und fordere mal etwas mit ihr an, mal nicht. 

Einmal wurde ihm der Druck (von dem mir nicht bewusst war, ihn gemacht zu haben, aber Nacariño hat da sehr eigene Maßstäbe) zu hoch und er sprang blitzartig seitlich weg. Ich ließ noch eine Longenschlaufe fallen, damit er keinen Ruck bekommt, aber er startete tatsächlich durch. Und dieses Mal hatte ich schlicht ungeheures Glück – gut, eine ganze Menge Gehorsam seinerseits war auch dabei 🙂
Er raste auf den Ausgang zu, ich rannte mit, das Longenende in der Hand, und der Ruck kam ganz kurz vor dem Ausgang. Ich habe nicht damit gerechnet, Nacariño halten zu können, wenn er mit dieser wilden Entschlossenheit losgeht, aber als er den Ruck spürte, ließ er den tatsächlich durch den Hals durch und drehte. Er rannte weiter, aber nun auf dem Zirkel an leichter Longe. Das hatte es noch nie gegeben. Ich hätte ihn knutschen können, er war aber gerade ein bisschen arg schnell zum Knutschen.
So trieb ich noch ein paar Mal nach, reizte ihn zum Buckeln, er tobte herum, jetzt aber wieder mit völlig entspanntem Gesicht und absolut gehorsam an der Longe. Er stellte die Longe nicht noch einmal in Frage – und wenn wir mal ehrlich sind, hatte er genau das ja eben auch nicht getan. Der Ruck kam und er gab sofort nach. Direkt vor dem Ausgang!!

Ich ließ ihn auf mich zutraben, alberte mit ihm rum, reizte ihn, ließ ihn los, ließ ihn wiederkommen, wir versanken in ein gemeinsames Spiel aus Kraft, Bewegungsfreude, Schnelligkeit und Zuneigung. Ich denk immer, ich muss den irgendwann mal runterfahren, aber wie denn, wenn hier zwei so gleiche Mentalitäten aufeinander treffen? Ich bin doch genau so! Dieses Pferd spiegelt mich, wie mich glaube ich noch keines gespiegelt hat. Ich habe sowas natürlich früher nicht so erkannt und jedes Pferd spiegelt auch andere Dinge, aber Nacariño gibt glaube ich mein Temperament 1:1 wieder.

Später ließen wir noch Nacariño, Dón, Merlin und Fàsci zusammen laufen. Ich fragte ein Kompliment links an und bekam das problemlos, und dann dachte ich, so wie er im Gleichgewicht ist, müsste das doch eigentlich auch… Ja, geht auch rechts! Zum ersten Mal! Zwei hintereinander! Bisschen schnell und hektisch, aber so waren die ersten links ja auch. Er hat aber einfach nicht nachgedacht – und genau so brauche ich ihn. 
Mein Kopf, seine Beine…
Irgendwann werden wir genau das sein.

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Sonntag, 22.5.

Nach einem wieder mal super tollen Seminar in der Bückeburger Hofreitschule, bei dem mir rauf und runter aus der Seele gesprochen wurde in so vielen „Kleinigkeiten“, wollte ich unbedingt auf’s Pferd, auch wenn die Zeit heute sehr begrenzt war. Ich war also vor Tau und Tag im Stall und musste ein bisschen lachen – Nacariño lag, als ich reinkam. Aber nicht lange, er war voller Tatendrang, als er merkte, dass ich es auf ihn zuerst abgesehen hatte.

Ich nahm mir zum ersten Mal bewusst etwas vor. Bislang habe ich immer ihn entscheiden lassen, was gerade „dran“ ist und was er aushalten kann, nun wollte ich mal testen, wie genau ich ihn schon bestimmen kann. Der Platz war frisch abgezogen, das half enorm, denn ich wollte klare Linien reiten. Einfach nur klare Linien. Ganze Bahn, Diagonale, Mittellinie. Das war alles.

Interessant, wo überall Spuren sein können, wenn man sich nur außen herum, auf den Diagonalen und auf der Mittellinie bewegt… Die Mittellinie war lustigerweise noch das beste, die Diagonalen hatten teilweise enorme Schlenker drin. Nacariño merkte sehr wohl, dass ich auf etwas bestimmtes konzentriert war – und alleine das reichte ihm schon, um sich sicherheitshalber mal dagegen zu wehren. Andererseits war er aber auch neugierig, was ich wohl will, und so war er wieder hin- und hergerissen zwischen zuhören und erst einmal ausprobieren und gleich auf Gegenwehr gehen ohne überhaupt zu wissen, was gewünscht ist.

Auf den Diagonalen guckte ich mich so richtig an dem Pfosten vor der jeweiligen Ecke fest und ließ mich von dem „anziehen“. Die Diagonalen wurden nach und nach bestimmbarer, aber das war wirklich mal interessant. Da darf ich jetzt langsam zwischendurch mal Wert drauf legen. Aber eine Kür ist zur Zeit überhaupt noch nicht denkbar, eine klare Aufgabe noch viel weniger. Egal, ist ja auch noch nicht dran.

Ich nahm schließlich Übergänge Schritt / Trab / Schritt mit dazu und behielt die Linien bei. Jedes andere Pferd hätte sich irgendwann alleine schon durch diese Eintönigkeit beruhigt. Nicht so Nacariño. Er fing an, sich dabei aufzuregen. Mal nahm er die Diagonale vorweg („Ich weiß! Ich weiß!!“), beim nächsten Mal konnte es sein, dass ich wieder nicht vom Hufschlag weg kam. Wobei – das war kein Vergleich zum letzten Mal.

Immerhin aber durfte er die Gangart nicht bestimmen, und das darf er sonst ja meistens noch. Irgendwann bettelte er schließlich geradezu um Galopp. Warte…
Er drängte mir den Galopp regelrecht auf. Ich nahm ihn nicht an. Warte…
Und dann tat sich so, als hörte ich auf. Er stand, schnaubte, machte sich lang, nahm mich allerdings nicht ernst, er ahnte sehr wohl, dass da noch was kommt. Kleiner Schlaumeier.

Ich ließ ihn aus dem Schritt aus einer Travers-Idee auf jeder Hand drei Mal anspringen. Nur ganz wenige Sprünge, nur auf gesetzte Sprünge bedacht. Auf beiden Händen war das erste Anspringen zwar versammelt, aber dann wollte er nach vorne, das jeweils dritte Anspringen war auf beiden Händen großartig. Versammelt, mit einem Vorwärts-Gedanken, aber ohne nach vorne loszugehen. Tragend, aber nicht schiebend.
Super klasse!
Direkt nach dem letzten Galoppsprung sprang ich ab und knutschte ihn.
Das war schwierig, aber toll – also wie immer 🙂

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Montag, 23.5.

Dieses tolle, tolle Pferd… Ich hatte mein Auto mit, um mal die ganzen Decken zum Waschen mitzunehmen, und so hängte ich spontan den Hänger an. Seit dem 1. Mai hatte ich nicht mehr verladen. Zwischen Regenschauern schaffte ich es gerade mal, Nacariño zu verladen, mehr war heute nicht drin, aber das war gigantisch.

Ich spazierte in größtmöglicher Gelassenheit zum Hänger und bat ihn, einfach weiterzugehen – er zögerte einmal ganz kurz und war oben. Super! Ein paar Mal rauf und runter, dann bat ich ihn alleine rauf. Was soll ich sagen? Auch das machte er sofort!
Er kam zwar auch sofort wieder runter, aber darum ging es mir nicht. Er ging etliche Male alleine hoch, mal nicht ganz, mal ganz, meist kam er ganz schnell wieder zurück, aber ich durfte ihn immer wieder schicken. Dazwischen alberte ich mit ihm rum, lief zum Platz, ließ ihn da an der Verlade-Longe ein paar Sprünge machen, trabte zurück zum Hänger, beim ersten Mal stockte er noch überrascht, beim zweiten Mal trabte er fast hoch.

Immer wieder Wechsel – rauf auf den Hänger, mal mit mir, mal alleine, wieder zum Platz, auf mich zutraben lassen, neben mir galoppieren lassen, rumalbern, mit ihm rennen, zurück zum Hänger, rauf, runter, Platz… So ging das eine ganze Weile. Großartig.

Er wurde immer entspannter, immer alberner, immer verspielter. Und so versuchte ich, ihn rückwärts vor den Hänger zu stellen, um zumindest die beiden Hinterbeine einmal rückwärts auf die Rampe zu lotsen. Oha! Das war ihm überhaupt nicht geheuer. Er wich aus, fing ein bisschen an zu ziehen und den Strick anzutesten, ich brachte ihn wieder ein bisschen an die Grenze des Aushaltbaren. Ich war ja wieder der Meinung, da wäre noch viel mehr aushaltbar, er war sich da nicht so sicher.
Ich nahm eine Gerte dazu und bat ihn damit immer wieder, mit der Kruppe ganz minimal zu weichen, um ihn so an die Rampe heranstellen zu können. Er mochte aber keinesfalls mit den Hinterbeinen an der Rampe stehen, das war für ihn gerade eine echte Zumutung.
Muss er ja auch nicht, ich entließ ihn wieder aus dieser Übung und lobte, dass er sich damit immerhin auseinander gesetzt und das ausgehalten hatte und bei mir geblieben war. 

Neue Übung – ich „longierte“ ihn über die Rampe. Ich stand also vor der Rampe, er ging im Kreis um mich herum und musste dabei jedes Mal über die Rampe klettern, ohne in den Hänger zu gehen. Fand er höchst merkwürdig, aber nicht so bedrohlich wie meine bescheuerte Rückwärts-Idee, also befasste er sich damit und spielte mit. Und witzigerweise fragte er jedes Mal kurz an, ob er raufgehen soll oder nicht. Nö, jetzt nicht.

Ich hörte auch damit auf, stellte ihn einfach wieder an die Rampe und bat ihn hoch. Er ging sofort – alleine – nach oben. Nun war die Gerte dabei und mit der streichelte ich ihn nun und nahm die auch ganz behutsam dazu, um ihn hochzuschicken, wohl wissend, dass ein einziger kleiner Druck zu viel ihn zum Rückwärts ausweichen veranlassen würde. Also passte ich genau auf, wann ich wie viel mit der Gerte machen durfte, tatsächlich konnte die ihn aber ein Mal oben halten, als er schon wieder runterkommen wollte. Ich ließ ihn in der nächsten Sekunde runter kommen und lobte das wie verrückt.

Das Spiel fand er inzwischen gut. Einfach so raufgehen ist ja viel einfacher als meine ganzen komischen neuen Ideen! Ich freute mich, quatschte mit Rieke, die zusah, Nacariño stand entspannt neben mir, und einfach so im Gespräch gab ich einen kleinen Fingerzeig und er taperte wieder hoch. Hammer! Er kam wieder runter, ging wieder hoch, kam wieder runter. Ich freute mich, wir quatschten, der Strick war lang, er schnuffelte an der Rampe herum – und ging plötzlich vollkommen von sich aus hoch. Wie geil!!!

Das klappte auch als Vorführeffekt nochmal, als Meike und ihre Mutter dazu kamen, da hatte ich den Strick schon über seinen Rücken gelegt und fasste ihn gar nicht mehr an. Er stand da zwischen uns, total entspannt und zufrieden, wir ließen vor unserem geistigen Auge noch einmal die ersten Tage mit ihm aufleben. Ich nahm das Halfter ab, er stand frei da, ich fasste kurz an seinen Hals und drückte seinen Kopf Richtung Rampe – und er ging hoch. Nicht bis ganz vorne, aber vollkommen frei! Meine Güte, ich hatte fast Tränen in den Augen. Als er wieder runterkam durfte er frei laufen und er ging ganz entspannt in Richtung Gras. Trotz eines ebenfalls frei laufenden Fàscino, den er plötzlich wahrnahm und dem er gerne hinterher wollte, ließ er sich völlig problemlos einsammeln und mit in Richtung Stall nehmen.

Also das war wirklich unglaublich. Wir werden eines Tages ein Verlade-Schaubild machen – und dann sieht das so einfach aus und dann sagen 90% der Leute am Rand „Mit meinem könnte ich das nicht machen…“
🙂

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Freitag, 27.5.

Bin total geflasht. Hiervon gibt es auch ein Video, das kann ich mir wieder und wieder angucken. Man beachte – Halsring! Ich lasse jetzt einfach mal Bilder sprechen…:

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Und dann nochmal von ganz alleine…:12
♥♥♥♥♥

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Samstag, 28.5.

Heute begeisterte Nacariño (nicht nur) mich beim Themen-Tag „Anlehnung, Aufrichtung, Dehnung“. Leider war der Akku der Kamera leer, als er dran war, aber vom Abschluss gibt es noch ein paar Bilder. Mehr dazu hier!

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Sonntag, 29.5.

Mir war nach Halsring… Nicht damit reiten – am Boden! An der Hand, um genau zu sein. Dafür machte ich den Platz mal lieber zu, um einem evtl. weglaufenden Nacariño nicht allzu viele Möglichkeiten zu eröffnen. Tatsächlich musste ich auch einmal loslassen, dabei lief er aber gar nicht weg, als ich dann aber frei mit ihm spielte, nahm er aber doch mal Reißaus. Allerdings ziemlich entspannt, und ich hatte ihn auch provoziert, und so ließ ich ihn einfach weg in der Hoffnung, dass er mit der Zeit immer besser bei mir bleiben kann, auch wenn ich ihn um viel Nähe und viel Dynamik bitte.

Das war aber ja erst gegen Ende, wir fingen ganz ruhig an. Ich wollte einmal gucken, welche Seitengänge an der Hand möglich sind, und auch wenn tatsächlich von allem Bilder entstanden sind, so waren gerade die von mir weg gestellten Momente (Travers, Traversale) doch immer nur für ein zwei Schritte zu bekommen. Aber immerhin!!
Und sogar ein Schulterherein im Trab war möglich! Das wird mal richtig gut mit ihm…

Schulterherein war überhaupt kein Problem, das ging auf beiden Händen leicht und lässig. Travers eben mit Stellungswechseln, Traversale noch gar nicht so leicht, da stellte er sich oft zu mir. Aber er verlor selten den Fluss, auch wenn ich unglaublich schnell sein musste, aber gut, das muss ich bei ihm ja immer. Nic hat wunderbare Fotos gemacht:

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Übertreten lassen:
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Schulterherein:
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Kurzkehrt:
13

Travers:
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Traversale:
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Schulterherein im Trab:
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Spanischer Schritt (das geht immer!!):
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Spanischer Trab:
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Wenn das mal nicht irgendwann eine Passage wird…:18

Spanischer Galopp…???
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Galopp an der Hand:
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 anfangs noch sehr dynamisch…
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…kurz darauf so entspannt wie noch nie!
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Frei auf mich zu – das ist der Moment, wo er immer nochmal weg geht.
Aber bestimmt nicht mehr lange!
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Ich kann nicht mehr…!!
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Wer führt hier eigentlich wen?
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Und da er eher weg ging, wenn ich ihn von vorne provozierte, er aber auf einmal ein Steigen neben mir anbot, baute ich das vorsichtig aus – und bekam schließlich das:23