November

Sonntag, 1.11.

Nacariño war aufgekratzt, aber nicht so wie gestern. Reiterlich war soweit alles ok, er überlegte ein, zwei Mal, ob er nicht vielleicht doch mal durchstarten solle, aber wirklich ernsthaft waren diese Überlegungen nicht. Einmal erschreckte er sich, weil etwas klapperte, ließ sich aber sofort einfangen. Aber reichlich lauffreudig war er.

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Ich hatte darum gebeten, dass das Podest auf den Platz gestellt wird und das stand gerade eben, da war Nacariño auch schon oben. Navarre und Flamenco waren auch auf dem Platz und Fàscino gesellte sich auch dazu.
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Als er dann still stehen sollte, während Flamenco hin und her überlegte, ob er auf das Podest gehen soll, wurde er doch sehr zappelig.
Da der Sattel schon wieder ganz woanders lag als am Anfang, nachdem Nacariño auf dem Podest stand, saß ich ab, half Flamenco und alberte mit Nacariño so noch ein bisschen rum. Ich bekam ein freies Steigen!
Dieser Tag war jedenfalls wieder deutlich entspannter als der gestrige.
Mir fehlt allerdings der Glaube, dass das so bleibt 🙂

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Ich stellte meinen Spanier danach noch hinter die Flagge.
So kann das aussehen – finde ich sehr reizvoll:

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Montag, 2.11.

Ausreit-Tag! Mir war nach Gelände. Ihm auch. Es gab wieder einiges zu gucken, vor allem musste der Mann angeschnorchelt werden, der im (!) Graben stand und den Knick abholzte. Das fand Nacariño schon erstaunlich.

Ich trabte wieder einiges auf Asphalt und dieses Mal, da Nacariño sich so schön entspannt zeigte (bis auf die erstaunten Vierrad-Bremsen, die mir echt Knieschluss abverlangten, wenn er etwas verblüffendes sah), galoppierte ich den Weg zum Möschenhof entlang. Nacariño schlug Haken nach rechts (ein Lauhaufen!) und links (ein Auto!!) und rechts (Strohballen!) und links (ein Stoppelfeld!) und rechts (ein Sonnenstrahl!) und links (ein Grashalm!) und erinnerte meinen Körper an frühere Zeiten, der grub sofort seine Military-Routine aus und blieb brav oben. Nächstes Mal Bügel kürzer…!

Mein Bremsweg zog sich ziemlich in die Länge. Ich wollte aber nicht zufassen, sondern möglichst auf Stimme parieren. Gut, das geht noch leichter, aber es war gut genug für unseren ersten Galopp „in der Wildnis“. Ich wollte auf keinen Fall, dass er um irgendeine Kurve galoppiert. Vor jeder Kreuzung wird durchpariert, das lernt er, bevor er lernt, dass man um Kurven galoppieren kann!

Am Möschenhof angekommen staunte Nacariño die Pferde auf der Weide an und wieherte einmal, wobei das ihm eher ein hysterisches Kreischen ist als ein Wiehern.
Klingt ziemlich übertrieben und nicht ernst zu nehmen.

Auf dem Rückweg ließ ich ihn noch einmal traben, hier fragte er nach Galopp, ich ließ es zu, als er anziehen wollte hielt ich ihn jedoch zurück, was verblüffend leicht gelang.
Auch hier wieder durchparieren vor der Kreuzung, er nahm’s gelassen.
Danach noch hier und da ein kleiner Trab, noch einmal den Mann im Graben bestaunen, ein Auto fuhr ganz dicht vorbei, alles war gut.

Nacariño war – für seine Verhältnisse – echt entspannt, zwar enorm aufmerksam und gehfreudig, aber er war nicht heiß, nicht zappelig, schien den Ritt zu genießen. Das tat ich auf jeden Fall! Unser dritter Ausritt! Und der erste gewollte Galopp! Und überhaupt! 🙂

Abends ging ich mit Jessica essen. Sie erzählte noch einiges von ihrer Zeit mit „Nabucco“. Es war ein schöner Abend, sie ist echt ein toller Mensch. Und es ist alles gut und richtig, wie es gekommen ist. Und die Ausritte waren tatsächlich die ersten seines Lebens, sie war mit ihm nie draußen. Cool!

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Mittwoch, 4.11.

So, es wird ernst. Ich möchte Nacariño durchlässig und nachgiebig haben und auf sein Gleichgewicht mit leichten Hilfen Einfluss nehmen können. Thema des Tages also: Schritt, Schritt, und nochmal Schritt (sprich: heute mal ausschließlich Schritt), und Stellung abfragen.

Dass ich wagte, so ins Detail zu gehen, lag daran, dass Nacariño gleich ohne zu gucken und ohne zu zucken außen herum ging und sich wirklich entspannt zeigte. Je aufnahmefähiger er wirkt, um so höher meine Anforderung. Hat er einen Rennsemmel-Tag darf ich sowas nicht anfragen, damit würde ich ihn nur gegen mich aufbringen. Wenn er sich bemühen soll, brauche ich ihn „geistig nachgiebig“ und gedanklich mir zugewandt.
Und so ein Tag schien heute zu sein.

Etappenziel: er soll sein Gewicht auf die jeweils äußere Schulter verlagern, also in Rechtsstellung auf die linke Schulter (relativ problemlos) und in Linksstellung auf die rechte Schulter (keineswegs problemlos).

Mittel-Ziel: jederzeit umstellen können ohne Widerstände im Hals-, Kiefer- und Genickbereich und sein selbständiges Verlagern des Gleichgewichtes mit frei werdender innerer Schulter.

Langzeit-Ziel: Dadurch Schenkelgehorsam (den ich erst bekommen bzw. erwarten kann, wenn alles vor mir durchlässig ist, ein großer Denkfehler bei so vielen, die von einem undurchlässigen Pferd Schenkelgehorsam erwarten und frustriert sind, wenn das Pferd ihn nicht leisten kann, weil es sein Gleichgewicht nicht von einer auf die andere Schulter verlagern kann und sich noch auf der Vorhand aubalanciert) und die Möglichkeit, über die Zügel die Schultern verschieben zu können und über die Schenkel die Hinterbeine. Dann habe ich alles, was ich brauche.
Mal sehen, was Nacariño so unter „Langzeit“ versteht 🙂

Ich schüttelte also mal wieder den Hals locker. Und stellte ihn nach innen. Auf der rechten Hand lässt er sich dann relativ gut auf der äußeren Schulter ausbalancieren. Auf der linken fällt ihm das deutlich schwerer, da fällt er wiederholt auf die innere Schulter, macht den Hals stark, zieht gegen die Hand und fällt insgesamt immer wieder nach innen. Da muss ich dann schon mal Kraft aufwenden und gegenlenken. Er hält das aber auch immer wieder für etliche Meter. Ein Ziel wären hier Schlangenlinien, in denen in jedem Bogen eine saubere Stellung an leichter Hand über mehrere Meter möglich ist.

Nacariño machte konzentriert und willig mit. Irgendwann blieb er dann einmal stehen, mitten auf dem Viereck. Ich kraulte ihn und genoss die Sonne. Nach kurzer Zeit überlegte er, wieder anzutreten und schien dann wirklich nachzudenken – „wenn ich jetzt antrete, artet das wieder in Arbeit aus. Hmm. Nö, ich bleib lieber stehen“. Das war zu niedlich, ich konnte ihn förmlich denken hören 🙂

Insgesamt war dies der entspannteste Tag, seit er hier ist. Reiterlich allemal.
Mehr davon…!

Donnerstag, 5.11.

Nacariño wirkte wieder halbwegs entspannt beim Fertigmachen, was Fàscino aber gezielt zerstörte, indem er uns auf der Hofrunde begleitete und dabei extrem witzige Anfälle bekam – er schoss mal voraus, blieb schnorchelnd stehen, fiel zurück und kam dann wieder von hinten angedonnert. Dann schoss er in Richtung Feld davon, und spätestens da war es mit Nacariños Ruhe vorbei. Er zappelte los, wurde heftig, und schwankte offenbar zwischen hinterher, umkehren oder einfach nur so losbocken.
Es gelang mir, alles zu verhindern und ihn freundlich bestimmt Richtung Viereck zu lenken, ohne irgendwo zu landen, wo ich nicht hin wollte.
Fàscino kam irgendwann hinterher getobt, der hatte echt einen Clown gefrühstückt.

Nacariño fing dann auf dem Platz schon gleich so viel besser an als gestern!
Er war viel weicher im Hals und ließ sich deutlich leichter stellen, zudem fiel es ihm sichtlich leichter, sein Gleichgewicht zu verschieben. Nicht immer, aber immer öfter 🙂

Allerdings hielt er das nur gut 15 Minuten durch – naja, immerhin!
Dann kamen ein paar Momente, in denen er fester wurde und sich wieder auf die innere Schulter fallen ließ und gegen die Hand zog. Also belohnte ich sein gutes Mitmachen damit, dass ich von diesem Thema abließ und ihn traben und galoppieren ließ. Im Trab suchte er wiederholt mit rundem Hals die Tiefe, wenn auch mit noch zu wenig Zug in die Hand, aber ein bisschen was muss ich ja noch zu tun haben in den nächsten Wochen und Monaten… 🙂

Er blieb immer wieder mal stehen, aber es fühlte sich eher nach Genuss-Stehen an als nach einem der-Situation-ausweichen. Die Hofrunde zum Abschluss war denn auch wahrlich tiefenentspannt.
Nee, wat schön…

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Montag, 9.11.

Hier ging mal ein paar Tage lang die Welt unter. November…!

Der Platz ist also derzeit komplett abgesoffen, und so dachte ich, nehme ichNacariño mal an die Longe und gucke, wie der Boden auf dem Paddock ist, das zur Zeit nicht genutzt wird und Freitag wieder mit Litze versehen werden soll. Muss ja nicht leer stehen über den Winter, das wäre ja Quatsch. Ich kam mit Nacariño raus und sah, dass Meike und Tim gerade anfingen, Litze zu ziehen. Wie praktisch! Gleich was zu gucken!

Der Boden war ungeheuer nass und teilweise ein bisschen schlidderig, Nacariño musste also schon ein bisschen aufpassen. Er ging großartig mit der ganzen Situation um – einerseits war er um Gehorsam an der Longe bemüht, andererseits musste er phasenweise mal buckeln und keilen, was ich ihn gerne tun ließ, zum Dritten musste er aber ja auch noch die sich bewegende Litze im Auge behalten. Er kriegte das alles hin und zeigte dabei teilweise so geschmeidige, schöne Bewegungen, hach…!
Vor vier Wochen hätte ich in dieser Situation noch chancenloses Horse-Surfing gemacht. Ich glaube, diese Abhau-Nummer braucht er tatsächlich nicht mehr. Denn das hier wäre die perfekte Situation dafür gewesen. Er guckte aber eher verspielt und neugierig, und wenn er sich erschreckte, zuckte er einmal zusammen und guckte dann, was ihn erschreckt hatte. SO brauche ich das! Ich lobte und alberte mit ihm rum, er war zwischen aufgekratzt und entspannt, wirkte auf jeden Fall deutlich zufrieden.

Er wechselte selbständig die Hand, was er eigentlich überhaupt nicht darf. Aber bekanntlich ist der Kopf rund, damit das Denken die Richtung ändern kann. Ich nahm seinen ersten Handwechsel, in dem ich schlicht zu langsam war für eine sinnvolle Reaktion, also hin – und danach versuchte ich, eben diese Handwechsel (die natürlich nur möglich sein, wenn die Longe am mittleren Kappzaum-Ring eingehängt ist) zu provozieren. Daraus könnte sich ja mal was machen lassen…?
Nacariño war etwas überrascht, er rechnete mit einer Sanktion (die er wohl von früher kennt) und die nun nicht kam, was ihn sofort noch deutlich mehr entspannte. Und schon wollte er nicht mehr die Hand wechseln 🙂

Ich fragte schließlich nach Beine kreuzen, dabei stelle ich noch bewusst eines seiner Vorderbeine über das andere und halte das einen Augenblick. Damit kann er (noch) nicht viel anfangen, es ist ihm unangenehm, so zu stehen. Na, ich bleib mal hartnäckig!

Dann fragte ich Spanischen Schritt, wobei ich ja unverzüglich von ihm das Angebot bekomme, zu steigen. Ich sah also zu, dass ich das ignoriere und vorwärts komme. Es war ein kleines Hin und Her, tatsächlich bekam ich schließlich aber die insgesamt besten Tritte bislang und einmal sogar eine gute Polka! Also auch da – hartnäckig bleiben…

Steigen fragte ich dann auch heute nicht ein – was nicht heißt, dass er es nicht durfte oder ich es gar strafen würde, um Himmels Willen, nein, ich ignorierte es einfach nur, tat so, als täte er es nicht. Steigen hat er verstanden, findet er toll, werde ich immer abrufen können. Lasse ich also weg, wenn ich Spanischen Schritt haben möchte, damit er nach und nach sortiert und sich nicht allzu doll selbst einbringt.

Ein großer Ballen Litze wurde über den Platz gezogen, ein Band berührte ihn am Bein. Er zuckte weg mit dem Bein, mehr nicht. Und das Ganze fand bei echtem Sturm statt, also lauter Anforderungen, mit denen er vor vier Wochen mit Sicherheit noch nicht so umgegangen wäre! Freu!!

Ich ging noch die kleine Hofrunde und fragte auch hierbei nochmal hier und da ein Vorderbein an. Mal bekam ich es, mal bekam ich einen Sprung, der im Moment noch unkommentiert bleibt, wenn der Schritt irgendwann weitgehend abgesichert ist, werde ich diesen Sprung fördern.

Am Rand unten liegt eine riesige grüne Plane. Die ist auf gut 4 Quadratmeter zusammengefaltet und entsprechend hoch. Aber ja weich, wenn man drauf tritt. Das fühlt sich schon komisch an. Vor allem für ein Pferd, das das Podest kennt und vielleicht damit rechnet, dass sich diese Plane ähnlich anfühlt. 
Nacariño bestaunte die, so nah hatte ich ihn noch nie da rangehen lassen. Ich ging drüber, dabei sah er ja, dass die sich bewegt. Dann bat ich ihn, einen Fuß draufzustellen. Das tat er prompt und dann fühlte er erstmal. Das sah zu süß aus. Er fühlte konzentriert, wie sich die Plane unter seinem Huf bewegt. Ich ließ ihn ausprobieren. Schließlich kam er mit beiden Vorderbeinen auf die Plane und ging auch komplett drüber. Völlig problemlos, so lange er die Zeit bekommt, die er eben braucht, um sich damit zu arrangieren. Und gefühlt wird diese Zeit langsam kürzer. Er wird so viel neugieriger und interessierter und immer mehr bereit, sich mit Dingen auseinanderzusetzen, mit denen ich ihn konfrontiere.
So langsam wird er altersgerecht!
🙂

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Mittwoch, 11.11.

Ich war mit Dón in der Halle und so stand praktischerweise mein Hänger auf dem Hof.
So eine Gelegenheit lasse ja nicht mal ich, die ich verladen so eigentlich nicht übe (zumindest nicht, ohne dann auch zu fahren), mir entgehen.

Nacariño prustete den Hänger an. Ich hatte ihn an Halfter und Strick, also wieder mal die Kombination, in der er wunderbar abhauen konnte, und das war ja nun auch eigentlich eine gute Gelegenheit. Da ich aber ja der Meinung bin, dass er das nicht mehr nötig hat, wollte ich mal gucken, ob er dieser Meinung auch ist.

Ist er. Der Strick war lang und ich ließ ihn, wann immer Nacariño rückwärts ging, sofort locker. Die Vorderfüße standen relativ schnell auf der Rampe. Und dann ging er etliche Male einfach hin und her. Also vor und zurück, um genau zu sein. Ich ließ ihn machen. Eine Art und Weise, die ich nicht mit vielen Pferden machen würde. Für ihn aber ist es so richtig. Mir war auch im Ernst völlig egal, wie weit er da heute hoch gehen würde (beste Voraussetzung, damit er komplett raufgehen würde…). Ich wollte, dass er guckt, sich mit der Situation befasst, merkt, das mir das komplett am Ar… vorbeigeht, er nur einfach nicht aus der Situation rauskommt, so lange ich ihn drin behalten möchte. Um mehr ging es nicht. Und so ließ ich ihn vollkommen frei alles machen, was er wollte, so lange er sich irgendwie mit dem Hänger beschäftigte. Guckte er woanders hin, holte ich seinen Kopf zurück Richtung Hänger-Inneres, befasste er sich mit Rampe und Hänger, hing der Strick durch. Ich lockte mit Futter und kaute ihm hörbar etwas vor, was er schon spannend fand, aber ich war ihm definitiv zu weit da drinnen. Pffff, ich hab Zeit.

Ich habe nicht auf die Uhr geguckt, eine halbe Stunde haben wir uns bestimmt mit dem Hänger beschäftigt. Zwischendurch band ich ihn am Hänger an (aushalten!) und ließ Pferde raus. Oha, das fand er überhaupt nicht witzig. Danach kam ich wieder und wir machten weiter. Er wurde lässiger, neugieriger, ging zwar weiterhin vor und zurück, stand nun aber auch schon mal mit beiden Vorderfüßen im Hänger und irgendwann standen dann auch mal die Hinterfüße auf der Rampe, aber in alledem war viel Bewegung.
Er nahm mal einen Keks – wenn der Hals denn so weit reichte, ich kam ich nicht sonderlich entgegen, ich stand da entspannt zwischen Stange und Futterkrippe, in der ein Apfel wartete.
Er überlegte, dachte sichtlich nach, wurde verspielter. Die Spannung ließ nach. Gefühlt von jetzt auf gleich stand er tatsächlich komplett im Hänger (Großartig! Mein Held! Der Guuuute! Brav,  Guter!!!!!), war auch im selben Atemzug wieder draußen. Egal! Klasse!

Jetzt übte ich immer dann Zug aus (und zwar echten Zug), wenn kein Fuß den Hänger berührte. Mindestens ein Fuß musste auf der Rampe stehen, dann war der Strick locker. Das war ja schon fast eine Provokation meinerseits zum sich-nach-hinten-entziehen.
Er tat es nicht. Er befasste sich damit. So will ich sie haben! Ich will mitdenkende Pferde!
Und er dachte mit. Er kam wieder hoch. So halb im Hänger war wieder prusten, gucken, zögern, unentspannt, also wieder runter. Ich ließ ihn machen. Wieder und wieder.
Wann immer er jetzt oben war – egal, wie weit – und zum rückwärts gehen ansetzte, ließ ich ihn, alberte aber sofort mit meinem typischen Singsang rum „Der Gute! Super! Komm, nochmal!!“ Und dieses „komm, nochmal“ war es dann, was sein Signal wurde. Tatsächlich kam er fast schneller wieder hoch, als er runter ging. Irgendwann galoppiert er drauf 🙂

Und tatsächlich stand er schließlich ganz oben und fraß aus der Krippe. Auch hierbei ging er nach jedem Bissen wieder runter, kam wieder hoch, fraß weiter, ich lobte und kraulte, blieb aber an meinem Platz stehen. Bis er schließlich oben blieb, aus der Krippe fraß, ohne gleich wieder rückwärts zu gehen, ich konnte kraulen, streicheln, loben, kuscheln, er fraß und fand das Spiel interessant.

Irgendwann ging er dann ruhig runter, ich kam mit, und das war’s für den Tag.
Grooooooooßartig!!!!

Danach durfte er auf den Platz. Oh, meine Güte. Was ein echter Schlamm-Schimmel ist…!
Er plantschte da rum und warf sich schließlich mit sichtbarer Wonne wieder und wieder in die größte Pfütze, dass es nur so spritzte. Ich glaube einfach mal, er war ziemlich glücklich!

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Freitag, 13. November

Ich wollte zur Halle. Und zwar fahren, weil das so eine tolle kurze „Trainingsstrecke“ ist, nach dem Verladen von vorgestern wollte ich das aber entscheiden je nachdem, wie Nacariño auf den Hänger gehen würde. Gefühlt würde ich lieber noch warten wollen, ich möchte, dass er raufgaloppiert (bildlich gesprochen) und ich mit dem besten Gefühl hinter ihm zumachen kann. Bei ihm hetzt mich ja nichts.

Und so lud ich zwar alles ein, Hänger stand startklar da, aber ich ließ ihn genauso hochgehen wie vor zwei Tagen – nämlich mehr oder weniger von selbst. Ich ließ allerdings die Wand eng und das war sofort ein anderer Stresspegel als beim ersten Mal. Egal, ich hatte ja Zeit. Apfel gab es nur aus der Krippe (ja, die Anforderungen wachsen jedes Mal…), Leckerlie auch zwischendurch, aber er musste mindestens so weit drinnen sein, dass ich ihm den bequem geben konnte, während ich zwischen Bruststange und Futterkrippe stand. So weit kam er aber erstmal nicht. Die Wand war ihm zu eng. 

Und dann kamen auch noch Pferde aus dem Stall und da war’s vorbei mit seiner ja ohnehin schon nur sehr oberflächlichen Ruhe.

Kein Problem. Ich ließ ihn gewähren, band ihn außen am Hänger an, sattelte und trenste dort – die Sachen lagen ja alle greifbar auf der Rückbank und am Hänger fertig gemacht zu werden gehört zum Lern-Programm.

Wir ritten also zur Halle, und da kam dann doch nochmal Adrenalin hoch – es stürmte und ich hatte einige Tage nicht draufgesessen. Ich saß auf einem hochexplosiven Rücken.

Aber er riss sich zusammen. Draußen drohte er durchaus mal, rotzig zu werden, aber mein Knieschluss ist inzwischen schon wieder reichlich vorhanden und geschickt genug für ihn bin ich auch, jetzt wo ich sein Verhalten immer besser einschätzen kann – so schnell überrascht der Süße mich nicht mehr. Ich war aber durchaus auf Hab Acht.

Vor dem Stall ist ein Klapp-Tor. Also man könnte durchreiten. Wenn man denn ein Pferd hat, was sich traut, so nah an das Tor ranzutreten, dass man es von oben aufschubsen kann. So ein Pferd hatten wir aber nicht dabei. Die stellten sich an!! Alle drei!! Memmen!!

Kann ja wohl nicht wahr sein. Nacariño turnte da rum, dann probierten die beiden anderen und dann dachte ich, nee, nicht im Ernst, ich sitz doch jetzt nicht ab für so ein Tor!! Also, wieder ran da mit Nacariño, energisch geworden, mein Wille war stärker, seine Gegenwehr schmolz dahin und schließlich war ich so nah dran, dass ich dem Tor einen Schubs geben konnte – fast hätte er es selbst aufgedrückt. Nächstes Mal!

Dann schnorchelte er sich in Zeitlupe zum Halleneingang. Die ganze Zeit in der Halle blieb er angespannt bis in die letzte Haarspitze. An Aussitzen im Trab war überhaupt nicht zu denken. Auch nicht daran, an der Bande entlang zu reiten oder oben an der kurzen Seite am Casino vorbei. Das Ganze gab mir mal einen interessanten Vorgeschmack darauf, wie er sich in fremder Umgebung benimmt. Na, dann viel Spaß noch…!

Ich konnte zwar nachher auch galoppieren und durfte treiben und er hielt es zwischendurch brav aus, dass ich den beiden anderen beim Reiten ein bisschen was sagte und dabei abgelenkt war und er stehen musste (also mehr oder weniger. Eher weniger.), aber wirklich entspannt hat er sich nicht. Er äppelte bestimmt acht Mal und muss nachher leer gewesen sein. So habe ich ihn noch nie erlebt und ich bin heilfroh, das in einem Stadium zu erleben, in dem er schon einigermaßen rittig ist. Auch wenn er sich hier anfühlte wie ein Dreijähriger, der vier Wochen unter dem Sattel ist. Aber so fühlte er sich wenigstens endlich mal an, wie so ein junger sich anfühlen soll! Das war mal echt!
Gut, seine „Angst“ glaube ich ihm nicht. Ihm fehlt einfach Erfahrung. Oh, die wird er kriegen. Mehr, als er sich jetzt auch nur ansatzweise vorstellen kann!

Wir ritten zurück, er war weiterhin aufgekratzt, bis zum Hof aber soweit, dass ich da die Zügel auf den letzten Metern hingeben durfte. Und trocken geweht hatte ihn der Sturm auch wieder. Puh, das war spannend, lehrreich und anstrengend gewesen!

Er durfte mit Dón auf den Platz. Ich schleppte das Podest an. Dón war in null-komma-nix oben und fand das toll. Ich rettete derweil die blaue Plane, die wegzufliegen drohte – die hatte unter dem Podest gelegen und wurde jetzt vom Sturm erfasst. Ich legte die über die eine Litze, mit der wir hier abtrennen können zum Hof hin. Da knallte und schepperte die nun, als der Sturm an ihr riss und zog. Die Pferde in den Paddockboxen daneben verschwanden auch sofort laut schnorchelnd. Dón stand da auf dem Podest und guckte sich das an. Dieses Pferd ist echt unglaublich. Nacariño stand ein paar Meter dahinter und wusste nicht, was er davon halten sollte. Nichts, wenn man ihn genau fragte.
Aber er sah auch Mr. Cool auf dem Podest stehen und wurde neugierig. Ich ließ ihn von selbst drauf kommen, dass diese Plane ungefährlich ist. Schließlich wehte die ja auch in die Gegenrichtung. Das Ding machte aber echt Lärm!

Dón ging wieder runter, ich ließ die beiden ein bisschen laufen. Also mit Nachtreiben. Nacariño kam auf Pfiff („brav! Der Gute!“) und dann überließ ich die beiden wieder sich selbst und beobachtete. Nacariño näherte sich dem Podest, beäugte die Plane, Dón kam an, rempelte ihn weg und stellte sich drauf. Der kann so unfassbar frech sein!!

Nun wollte Nacariño aber auch mal! Ich hatte noch drei Kekse (also vierzig zu wenig) in der Tasche und eine Idee. Nacariño hatte sich genau an den Rand gestellt, so dass für Dón, das schmale Hemd, allemal noch genug Platz auf dem Podest war. Sie hatten Halfter auf, ich hatte aber keine Stricke dazu genommen. Ich holte Dón, bat ihn rauf, versuchte zeitgleich, Nacariño daran zu hindern, wieder runterzugehen, das ging eine Weile hin und her – und dann standen sie für ungefähr eineinhalb Sekunden beide gleichzeitig oben!

Das war ihnen zu eng. Nacariño allemal. Dón sieht das ja – im wahrsten Sinne – nicht so eng. Nun war mein Ehrgeiz geweckt. Ich wollte beide auf dem Podest haben. Ich holte Äpfel und stellte Nacariño wieder drauf. Er stand viel zu breit. Ich rangierte hin und her, während Dón, dieser Aal, immer überall mit seinem Maul zu sein schien, wo ich ihn nicht gebrauchen konnte. Meine Güte, ist dieses Pferd gelenkig. Ich musste einerseits vier Vorderbeine zusammenbringen, gleichzeitig über mir aber zwei Köpfe auseinander halten.

Tja, was soll ich sagen – zehn Minuten (oder so) und ein paar Rangierversuche später standen beide oben und sauten so richtig mit Äpfeln rum. Nacariño macht aus jedem Apfel ohnehin eine irre Schweinerei, aber jetzt beide – überall flogen Apfelstücke und Spucke rum. Aber sie genossen es sichtlich und gingen auch nicht wieder runter, ich hatte beide losgelassen, sie standen da, mampften, sahen glücklich aus – und all‘ das, währen fünf Meter entfernt immer noch die Plane im Sturm wütete. Und sich kein anderes Pferd blicken ließ. Wie grooooooooßartig!!!

Nacariño „durfte“ danach noch einmal auf seinen Hänger („komm rauf! Ist Deiner!“), ging wieder und wieder rauf und runter (auch eine Art von Bewegung im Winter… Sollte man mal drüber nachdenken), Zug kam nur, wenn vier Hufe auf dem Asphalt standen, sobald auch nur einer mit dem Hänger in Berührung war, hielt ich nur Anlehnung, übte aber keinerlei Zug aus. Irgendwann kam Meike dazu, stellte sich mit in den Hänger, quatschte mit ihm, klopfte mal auf die Kruppe, das nahm er alles gelassen hin.
Da machte ich die Wand dann doch nochmal breit, um es ihm angenehmer zu machen und schließlich kam er ganz hoch, fraß aus der Krippe und blieb schließlich fressend oben stehend, auch als Meike die Wand ganz langsam wieder auf das normale Maß geschoben hatte. Als die Krippe leer war, ging er in Ruhe runter, staunte nochmal die wieder enge Wand an („Nanu? Wann ist das denn passiert?“) und dann brachte ich ihn rein.

Das war ein höchst erfolgreicher Tag – und über Abwechslungsmangel kann da mal keiner klagen. Ich glaube, Nacariño schläft heute Nacht gut!

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Montag, 16.11.

So, hier nun das Beweisfoto! Das ist unter widrigen Umständen entstanden, ich bitte daher, die lausige Qualität (?) zu entschuldigen 🙂

Ich hatte das Podest hingestellt und die beiden geholt. Na klar stürmte es mal wieder, heute aber mal Podest ohne knatternde Plane daneben.

Und nun bitte einmal Aal und Tennisball gemeinsam auf’s Podest – der Tennisball (der Weiße) weiß immer nicht so ganz genau, ob er nun lieber oder vielleicht doch nicht… und wenn er dann endlich mutig mit zwei Füßen drauf steht kommt der Aal (der Graue) und rüpelt da rum, schlängelt sich um den Tennisball und schiebt den schlicht vom Podest.
Ist nämlich seins. Sagt er. Und damit kann er den Tennisball leider auch überzeugen.
Der traut sich also nicht beliebig oft da rauf, wenn der Graue ihn doch wieder runter schiebt.
Nun kann man sich ja ungefähr ausrechnen, wie viel Zeit mir bleibt, Tennisball (vorzugsweise zuerst) auf dem Podest auszurichten, Aal dazu zu lassen und dann pfeilschnell ans Ende der Stricke zu huschen (wahlweise diese einfach fallen zu lassen), die Kamera auszurichten und das Ganze irgendwie abzulichten.
Mehr als „irgendwie“ kam dann auch nicht dabei raus, denn beim Klicken konnte es schon sein, dass sich gar nicht mehr vier Füße auf dem Podest befanden.

Allerdings konnte ich die Jungs wirklich wieder und wieder raufstellen, Nacariño war dann irgendwann etwas angenervt, Dón fand’s witzig. Aber sollte ja auch nur mal eben ein Beweisfoto sein! Gelungen!

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Hinterher durfte das Trio Nacariño, Dón und Merlin sich wieder auf dem Platz vergnügen. Diese drei zusammen ist wirklich zu süß!

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„Ich kann höher als Du!“

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„ICH kann höher!!“

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Der traut sich was…

Vorher war ein bisschen Schritt und Seitengänge auf Asphalt angesagt. Das gelang mit Stellung geben, Schulterherein und Viereck verkleinern und vergrößern (um genau zu sein: auf dem Weg nach rechts und links verschieben). An jeglichen Ideen von Travers oder ähnlichen schönen Sachen, die gestellt und gebogen in die Bewegungsrichtung geritten werden, scheiterte ich kläglich. Nacariño wollte auch einmal das auf-dem-Weg-verschoben-werden verweigern, sein Spannungsgrad entsprach phasenweise der Windstärke. Also schon ne Menge. Aber immerhin – er ließ sich weitgehend darauf ein, wurde zwar hier und da mal abartig fest im Hals-/Maul-Bereich und stemmte sich dagegen, ließ sich aber auch schnell wieder „locker schütteln“, so dass es keinen brenzligen Moment gab. Er drohte nicht, abzuhauen und blieb auch nie über mehrere Meter fest, sondern war hin und her gerissen zwischen mir doch eigentlich zuhören wollen und sein ADHS-Problem ausleben.
Ich ließ ihn also mal etwas anderes machen und über die große grüne Plane gehen, die da zusammengefaltet liegt, also das „grüne Kissen“. Das machte er, nachdem er fünf Sekunden brauchte, um darüber nachzudenken, ob er die schon je in seinem Leben gesehen hatte (Ergebnis: ja, hatte er) anstandslos. Ich trabte dann auch ein paar Mal den Weg rauf und runter, fühlte sich für uns beide nicht ernsthaft gut an. Keine vorteilhafte Bewegung, zugegeben. Also wieder eingestellt.
Neue Idee: Spanischer Schritt? Ich fragte mit der Gerte an, er ignorierte das zuerst, wurde nur heiß, und dann kam einmal das Bein hoch, ich lobte, und das nahm er zum Anlass, beide Vorderbeine hochzureißen. So war’s nun auch nicht gemeint!
Ich versuchte, vorwärts zu reiten, aber vorsichtig, er sollte ja auch Zeit für das Bein haben, und dann kam ein Moment, den hätte man nun aber wirklich filmen sollen. Ich hätte vor Lachen runterfallen können, so irre war das. Muss ich unbedingt ausbauen: ich hielt die Gerte nach vorne, er stieg ein zweites Mal, schnappte dabei nach hinten, erwischte die Gerte, biss rein und schleuderte die weg. Unfassbar! Im Steigen! Gerte greifen und wegschmeißen! Auf sowas muss man auch erstmal kommen! Ich wollte das nun nicht zu sehr bestätigen, aber das war einfach zuuuu witzig!

Steigen unter dem Reiter will ich auch noch nicht bestätigen. Ist noch keineswegs dran. Schon klar, dass das problemlos abrufbar wird. Und fühlt sich tatsächlich sehr sicher und gut an. Habe ich ihm aber noch nicht gesagt 🙂

Ich saß schließlich ab und fragte den Spanischen Schritt noch einmal von unten an und da bekam ich etliche sehr ausdrucksvolle Schritte – noch nicht hintereinander weg, noch nicht detailgenau, aber das wird mal ganz großartig bei ihm. Der Spanische Schritt bekommt bei ihm mindestens Joyas Qualität. Ein kleiner Gruß von Joya kam auch am Podest: einmal stieg Nacariño und ließ sich mit „Krawumm!“ auf den Podest fallen. Dón stand schon drauf. Den schockt aber auch einfach gar nichts. Er schlängelte nur sofort seinen Schlangenhals um Nacariño, vielleicht, damit der nicht wieder runterfällt oder so.
Wer weiß?

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Freitag, 20.11.

Was für ein Wetter… Alles säuft ab… Ist das jedes Jahr so??? Und es stürmt. Ohne Unterlass. Unfassbar. Na, sei’s drum. Geht auch wieder vorbei. Irgendwann. Morgen oder im nächsten Leben. Man weiß nie, was zuerst kommt.

Wir trafen uns und wollten zu dritt reiten, das taten wir auch für – na sagen wir mal, fünfzehn Minuten? Dann schickte der nächste Regenschauer uns in den Stall – wir ritten in die Stallgasse und quatschten da, noch auf den Pferden sitzend. Sowas müssen sie auch aushalten können. Flamenco und Navarre schlossen denn auch relativ schnell die Augen und chillten vor sich hin. Nacariño war nicht so nach chillen. Aber er blieb soweit brav.

Zuvor auf dem Platz hatte ich Tanja geholfen mit Flamenco und dabei festgestellt, dass Nacariño das nicht abkann – 120 % Aufmerksamkeit bei ihm bitte! Aber auch das muss er lernen. Wenn mein Kopf mal nicht bei ihm ist, mein Hintern und meine Hände sind es trotzdem. Aus diesem Grunde prallten seine Versuche, mich auszuzählen, auch ab, weil ich trotz abgewandter geistiger Aufmerksamkeit körperlich immer noch schneller war als er.

Schön war, dass Flamenco gerade original das gleiche Thema hat, nämlich Hals lockern, nachgiebig machen, generell Muskulatur geschmeidig machen, beweglich machen, Koordination fördern, Gleichgewicht verändern dürfen und all‘ diese Dinge eben.
Ich erzählte Tanja also, worauf es ankommt und wie das aussieht, das zu tun, und während ich ihr das mit Nacariño zeigte fiel mir auf, wie unglaublich weich er im Hals schon ist. Man kriegt die Fortschritte nicht immer mit, und so stellte auch ich bei mir schon mal eine gewisse Genervtheit fest, dass er denn immer noch so unnachgiebig und wenig biegsam und überhaupt und so ist. Und auch wenn ich mich in dem Moment sofort zusammenreißen kann und ihn diese kurze Genervtheit nicht spüren lasse, so nahm ich doch wahr, dass meine Erwartungshaltung in einem Maß gestiegen ist, das für ihn phasenweise noch zu hoch ist. Zeitgleich fiel mir ein, dass er gerade mal 10 Wochen (!!) hier ist und davon erst 6 mir gehört – also mal ganz fix entspannen bitte!

Ich kann also nur jedem raten, irgendeine Art Tagebuch zu führen, in welcher Form auch immer. Muss ja nicht so ausführlich sein wie das hier. Aber wenn ich glaube, da geht so nichts voran, dann lese ich einfach, wie es vor vier Wochen war – und im Ernst, dann ist alles gut und ich jammere auf extrem hohen Niveau! Ohnehin bin ich ja eher die, die immer das Positive sieht und die nicht so schönen Dinge halt passieren und an sich vorbei ziehen lässt. Auch dazu kann ich wirklich nur raten. Es macht das Leben so viel einfacher, die Beziehung zum Pferd so viel inniger, und es ist erlernbar. Man muss das wollen, dann kann man das. Jedes „Nein“, jedes „nicht“ wird umformuliert in „stattdessen“ und „so“. Nach einiger Zeit kommen diese N-Worte nicht mehr vor. Das fällt so vielen Menschen so unglaublich schwer, zu formulieren, was und wie sie es haben möchten – zumindest ihrem Pferd gegenüber. Und die Pferde wünschen sich in der Regel nichts anderes, als einfach nur zu erfahren, wie sie was tun sollen und dann eine Bestätigung zu bekommen, wenn sie auch nur im Ansatz gefragt haben „meinst Du so?“. Wenn wir mal überlegen, wie wir selbst lernen wollen – genau so…!

Ich war also wieder einmal sehr zufrieden mit meinem hibbeligen, spannungsgeladenen, unnachgiebigen Nacariño, der zeitgleich aber auch bemüht, zu relativer Entspannung bereit und schon viel nachgiebiger war und sich zu beiden Seiten problemlos stellen ließ. Beides stimmt. Nehm ich doch letzteres! 🙂

Es gab zwei wirklich gute Momente, die mir zeigten, dass bei ihm ein Umdenken einsetzt – auf irgendein lautes Geräusch (der Sturm ließ irgendwas krachen) machte er reflexartig einen mächtig kraftvollen Satz nach vorne. Noch in diesem Satz fiel die Wucht des Sprunges in sich zusammen und er fragte, ob es das wert war. Ich reagierte wie immer auf sowas überhaupt nicht, ließ ihn gewähren, und damit war es genau ein einziger Sprung und das war’s. Da sitzt längst nicht mehr der Strom hinter, der noch vor kurzem bei solchen Situationen dahinter saß.
In einem anderen Moment überlegte er, ob er an der kurzen Seite abhauen sollte. Er tat es halbherzig, was ebenfalls an mir abprallte, aber viel wichtiger war mir, dass er darüber nachdachte. Man muss sich diesen Sturm wirklich mal vorstellen, ihm flog einmal ein kleiner Zweig gegen den Kopf und es raschelte und rappelte, aber er fängt an, darüber nachzudenken, ob es sich lohnt loszuspringen oder abzuhauen. Mit dem Ergebnis, dass es sich nicht lohnt.  Bei einem Wetter, bei dem andere mit ihren Fünfjährigen (normalen) Pferden nicht einmal in eine Halle gehen würden, weil draußen alles rappelt und kracht.

Tatsächlich bin ich relativ froh, derzeit keine Halle zu haben. Meine beiden jungen Pferde werden so abgehärtet aus diesem Winter hervorgehen – ich würde na klar aus reiner Bequemlichkeit auch viel öfter in die Halle gehen, wenn ich denn könnte, obwohl draußen etwas zu machen theoretisch möglich wäre. Gut, ich könnte weitaus häufiger irgend etwas machen, aber die Menge ist es ja gar nicht. Das „wie“ ist entscheidend, gar nicht so sehr das „was“ oder das „wie oft“…
Also: junge Pferde nicht immer abschotten, sondern sie so vielen Dingen wie möglich aussetzen! Macht natürlich nur Sinn, wenn man in der Lage ist, dem Pferd dabei dann auch Sicherheit zu vermitteln. Ich staune selbst über den Mut, der wieder in mir ist, seit Dón in mein Leben getreten ist, und jetzt mit Nacariño werde ich echt unverfroren.
Das ist manchmal schon frech, vor was für Anforderungen ich die beiden stelle – und stellen darf. Nacariño wächst enorm an all‘ den Aufgaben, vor die er hier gestellt wird.

Der Regen ließ nicht nach und so war es das mit Reiten für den Tag. Na gut, ein paar Wochen noch, dann wird auch dieses fiese Herbstwetter vorbei sein. Aushalten! 🙂

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Samstag, 21.11.

Wow. „Vor Anforderungen stellen“, darüber hatte ich doch gerade erst gestern geschrieben?

Mir war danach, mit Handpferd zu reiten, und da der Platz eine Seenlandschaft ist, bot sich ja das Gelände an. 
Wieder so typisch ich: mit den beiden Pferden überhaupt erst einmal mit Handpferd geritten, wobei das Handpferd am Anfang nur mit Hilfe einer am Boden nachtreibenden Person überhaupt ansatzweise in Position zu bringen war. Aber jetzt in’s Gelände. Ohne Hilfsperson beim Aufsitzen. Geht schon. Ich erinnere mich an ein Interview mit der Cavallo. Immer wieder wurde ich gefragt „Frau Scholz, wie bereiten Sie das vor?“ – und ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich bereite nicht vor. Ich mache einfach! „Das können wir unseren Lesern so aber ja nicht sagen“ – nee, da hatte sie nun wohl auch wieder Recht. Also saugte ich mir lauter Sachen aus den Fingern, wie man vorbereiten könnte. Aber wie man heute wieder gesehen hat – man kann vorbereiten. Muss man aber ja auch nicht 🙂

Es nieselte. Das merkt man ja schon kaum noch. Ich putzte beide, sattelte Dón und merkte, wie ich selbst hektisch wurde, weil mich der Gedanke an das Aufsitzen beschäftigte – wie die beiden so hinstellen, dass ich auf den einen Zappler raufkomme, während der andere Zappler vermutlich schon das Weite sucht? Kommt davon, wenn man seine Pferde zu übermotivierten Temperamentsbolzen erzieht, die sich zwar auch entspannen lassen, aber mit ihren fünf jungen Lenzen ja durchaus noch verwechseln, wann Natur und wann Kultur angesagt ist…

Ich entschied mich für die Stallgasse. Hier hatte ich zumindest ein kleines Höckerchen, das stellte ich neben Dón. Rechts daneben stand Nacariño, der Strick lag über dem Sattel, beide standen schon „in Fahrtrichtung“, das Tor war weit genug auf für zwei.
Der Hocker stand allerdings nicht lange neben Dón bzw. Dón stand nicht lange neben dem Hocker. Die beiden zappelten rum und zogen sich gegenseitig aneinander hoch – normalerweise heißt dieses nebeneinander in der Stallgasse sein ja auch, dass wir zum Platz gehen oder zur Weide. Warten auf Aufsitzen und sortieren heißt das sonst nicht.

Irgendwann gelangte ich mit einem Hechtsprung auf Dón, der echt loszog. Ich bremste links und zog rechts, wir kamen irgendwie aus dem Stall raus und ich wollte erst die Hofrunde gehen um zu sehen, ob Nacariño überhaupt gut mitgeht, denn einen Nachtreiber gab es heute nicht und quer über die Straße wollte ich mich von ihm nun nicht ziehen lassen.
Wunderbarer Nacariño, was macht der? Geht sofort auf Kopfhöhe neben Dón, als hätten wir nie etwas anderes getan!

Und tatsächlich blieb das so. Ich ging raus und zum ersten Mal in die andere Richtung – Richtung nach Hause, ich wollte Sönke und Anneke beim Frühstück überraschen.
Das sind pro Weg etwas weniger als zwei Kilometer und ich machte dann mal Kutschpferde draus. Ich ließ die beiden auf der Straße gehen, gab Handzeichen zum Abbiegen (rechts Nacariño am Strick, linken Arm hoch zum „Blinken“ – UPS!! Und wer hält Dón? Lach…), wir trabten lange Strecken.
Dón war guckig, Nacariño trabte nebenher und tat, als wäre er zehn.  Das war echt der Hammer!

Zu Hause allerdings machte keiner die Tür auf, mein Klingeln wurde nicht gehört.
Na super. Und da Dón sich nicht an die Haustür traute, musste ich absitzen zum Klingeln. Dón war es hier überhaupt nicht geheuer, er hinterließ netterweise eine Portion Naturdünger, Nacariño fand Dóns Unruhe beunruhigend, irgendwie verknoteten sich die beiden schließlich bei ihrem ganzen Gedrehe, und dann war es Nacariño zu viel – er zog und ich konnte nicht zufassen und musste loslassen. Und dann trabte er los, ein Stück die Kehre runter. Ich rief und zog schnellstens ein Kanne-Leckerlie aus der Tasche und kaute das laut krachend. Und gab Dón auch eins, der ebenfalls gut hörbar kaute.
Nacariño blieb stehen, kam aber nicht auf Griffweite an Dón ran, der gerade echt den Hampelmann machte. Wie soll ich da denn wieder raufkommen?? Auf die Idee, zurück zu laufen, kam ich irgendwie gar nicht 🙂

Niemand wollte die Tür aufmachen, ich sammelte Nacariño wieder ein, der zum Glück zu schüchtern war, um alleine den Heimweg anzutreten. Ich klingelte nochmal, alleine schon in der Hoffnung, eine Aufsitzhilfe zu bekommen, kam aber keine(r). Die Treppenstufe wäre gut gewesen, aber mit dieser Treppe hatte Dón keinen Vertrag. Da wollte er nicht hin. Nacariño wurde dieses Gezappel erneut zuviel und – zack! – war er wieder weg.
Das war jetzt zwei Mal dieses Abhauen mit Bretthals von dem ich gehofft hatte, er würde es nicht mehr brauchen. Schade eigentlich, dass es ihm zwei Mal gelang, aber ich konnte den Strick auch einfach nicht kurz genug fassen, da der ja über Dón rüberlief.

Also wieder Nacariño einen Keks vorgekaut, ihm entgegen gegangen, ihn das letzte Stück aber von selbst kommen lassen, was er schneller tat als beim ersten Mal, ausgiebig gelobt für das Kommen und dann ein erneuter Aufsitzversuch.
Tja, zwei Möglichkeiten: mal sehr sportlich ohne jede Hilfe aufsitzen oder eben laufen.

Letzteres kam nicht in Frage. Also die sportliche Variante. Das Aufsitzen an sich ohne Hocker ist ja nicht mein Problem, aber auf Dón war ich bislang immer nur mit Hocker aufgesessen und mir kam der Sattel, obwohl gut angegurtet, leicht entgegen, so dass ich beim ersten Versuch wieder zurück sprang. Ich schob den Sattel zurecht und fragte mich, wie viel davon ich Dón zumuten dürfe und entschied mich für „hoch da jetzt!“. Beide wollten nicht stehen, Dón ohnehin nicht, irgendwas hier behagte ihm überhaupt nicht. Also abdrücken und hoch da! Ich saß, ließ die beiden losgehen, Dón stieß einen Seufzer der Erleichterung aus und Nacariño kam sofort gut mit.

Dón entspannte sich auf dem Rückweg sichtlich, Nacariño fiel ein paar Mal ein wenig zurück und ließ sich dann gar nicht so leicht wieder nach vorne holen, er mag es noch nicht, wenn die Hand von oben kommt. Ein Streicheln von oben ist für ihn noch nicht etwas zum Genießen, das muss er noch lernen. Wirklich problematisch war das aber nicht. Wir trabten wieder und hielten, wie es sich gehört, an der roten Ampel an und warteten.

Wie auch immer es passierte, fiel mir einmal der Strick runter. Nacariño zog sofort nach rechts weg. Hmm, ziemlich blöd. Ich ritt entspannt und auf ihn einsäuselnd zu ihm hin und bekam ihn tatsächlich gut zu fassen. Wir kamen sehr entspannt nach Hause zurück, und das war auch ganz gut so, denn inzwischen regnete es schon ganz ordentlich.

Erste Handpferde-Runde im Gelände (um genau zu sein, im Straßenverkehr) und ich lasse mein Handpferd drei Mal los. Na, das ist ja eine Quote! Das muss besser werden! 🙂

Aber: mein nächstes Handpferde-Dream-Team steht in den Startlöchern. Auch mit diesen beiden werde ich – wann auch immer – auf dem Podest stehen, springen, beide steigen lassen, nebeneinander Spanischen Schritt und so weiter und so weiter…
Verrückt, wie glücklich mich Reiten mit Handpferd macht. Aber es ist tatsächlich eines der mir wichtigsten Dinge und war einer der größten Verluste, als Joya starb. Dachte ich…

Ich war so stolz auf meine beiden tollen Jungs!

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Montag, 23.11.

Der neue (gebrauchte) Sattel war da und da wollte ich nun unbedingt rauf. Das ist der vierte (!), seit Nacariño hier ist – was noch keine drei Monate sind… Das kann interessant werden.
Ich lasse keine Sättel anpassen (schon gleich gar nicht bei Pferden, die sich absehbar noch diverse Male hin und her verändern), sondern kaufe immer wieder mal gute gebrauchte, von denen ich meine, sie könnten passen. Das Gute ist ja, dass ich hier Pferde genug rumstehen habe, da wird schon einer bei sein, dem’s passt, und wenn nicht, verkaufe ich wieder. Ich lasse selten einen Sattel ändern, dafür muss er mir schon sehr gut gefallen, ansonsten bin ich da durchaus austauschfreudig.
Wer einmal einen Sattel anpassen lässt bzw. einen passenden kauft und da dann meint, zehn Jahre drauf rumreiten zu können, möge sich bitte nur einmal kurz vorstellen, ein Paar Schuhe zu kaufen, die in dem Moment schön passen, und ausschließlich in diesen dann die nächsten zehn Jahre rumlaufen zu müssen. Es wird nicht funktionieren!
Und so kann ich nur dafür plädieren, die Pferde mit verschiedenen Sätteln auszustatten (ebenso verschiedenen Kopfstücken und Gebissen), damit das Gefühl immer wieder mal ein anderes ist und immer wieder einmal andere Stellen im Rücken (im Maul) belastet und entlastet werden. Klar kostet das alles Geld – aber ein Physiotherapeut, der später versuchen soll, die verkorkste Muskulatur wieder in Gang zu bringen, auch! Und der Schmerz des Pferdes bis dahin ist mal in Geld gar nicht zu berechnen. Und das blöde Reitgefühl. Und der Frust, weil das Pferd nicht so läuft (laufen kann…) wie gewünscht.

Sorry, ich komme vom Thema ab. Nö, eigentlich nicht. Liegt mir am Herzen, dass die Pferde auch hier Vielfalt erleben dürfen und sich Reiter Gedanken machen.

Nun also ein Kiefer Champion, auch wenn ich auf diese Sitzprothesen nicht stehe, aber der geht noch. Vor allem hat er eine variable Gurtung, die ist schon mal extrem praktisch. Den habe ich über ebay ersteigert und ich ahnte schon, dass er Fàsci passen könnte wie die Faust auf’s Auge – was er auch tut, super! Auf Nacariño liegt er ebenfalls gut, wobei hier wohl in Kürze die nächste Kammerweite dran sein dürfte. Aber das sollte kein Problem sein.

Ich hatte mir noch einen Reitrock zugelegt, der an den kalten Tagen mein linkes Bein, das prompt bei Kälte wieder Probleme bereitet (nicht vergleichbar mit letztem Jahr, aber doch deutlich spürbar) warm halten soll. Also einiges zu testen heute.

Nacariño zu Testzwecken heranzuziehen ist nicht die allerschlaueste Idee. Er war ungeheuer angespannt und buckelbereit, allerdings auch heute wieder kein echtes Losschießen, sondern immer mit Überlegung und dann „och nö“ und teilweise auch nur ein Anschub aus einem einzigen Hinterbein, das zweite drückte schon gar nicht mehr mit ab. Er ist also im Moment hin und her gerissen zwischen eigentlich gerne entspannt sein wollen und in alten Mustern festhängen. Mal sehen, wie lange es dauert, bis die Entspannung ehrlich wird…

Von daher kann ich jetzt nicht sagen, was diese extreme Buckelfreude ausgelöst hat…
…der Reitrock, der durchaus auch mal Richtung Kruppe wehte?
…der Sattel – in dem ich mich aber wirklich wohl fühle, wäre toll, wenn’s der nicht war
…die Mischung aus Frost und Sonne, die geeignet ist, Pferde echt knackig zu machen?
…oder einfach Nacariño? 🙂

Ich weiß es nicht, nehme es auch nicht wichtig. Locker schütteln reizte ihn heute zum ersten Mal dazu, sich noch mehr hochzufahren und anzuspannen, woraufhin ich das also einstellte und zu Plan B griff – nach vorne an beide Hände heranzureiten. Das wiederum erinnerte ihn daran, dass man gegen beide Hände ja so schön gegenziehen kann, das löste Plan C aus, eine Mischung aus locker schütteln und Anlehnung suchen, die ihm so noch nicht bekannt war. Da ihn Galopp meist am besten enspannt, wollte ich ihn gerne galoppieren lassen, was sich anfangs nach einer Serie runder Bocksprünge anfühlte.
Er schlenkerte und schleuderte da auf dem Platz rum – so wenig Lenkung hatte ich in der Anfangszeit gehabt (haha, in der wir ja irgendwie offenbar doch immer noch und immer wieder sind). Da gab der Sattel mir ein wirklich gutes Gefühl und ich dachte nur, es wäre jetzt echt blöd, runterzufliegen und mit diesem Reitrock dabei für ihn vermutlich auszusehen wie Dracula, also wollte ich gerne vermeiden, mit so viel Stoff irgendwo über oder neben ihm durch die Luft zu segeln.
Es gelang mir auch, das zu vermeiden und nach relativ langer Zeit konnte er dann auch endlich in der Sonne in der Pfütze stehen und atmen. 
Ich galoppierte wieder, das wurde lässiger, aber nicht so, wie wir es schon hatten, ich durfte schließlich treiben, aber er blieb spannig und unter Strom (nicht schlimm, aber eben auch nicht entspannt), und schließlich standen wir wieder in der Pfütze und entspannten. Er fing an, die Pfütze leer zu saufen und das war nun wirklich witzig – er schlabberte in diesem Dreck-Gesöff rum und schlürfte, schließlich wühlte er mit der Oberlippe nach Wattwürmern und machte urwitzige Geräusche. Wir standen eine gefühlte Viertelstunde einfach nur so da rum.
Danach durfte ich dann auch auf beiden Händen je eine Runde (flotten) Schritt am (fast) hingegebenen Zügel reiten und dann gingen wir raus. Auf der Hofrunde sollte er bitte einmal über die grüne Plane – das „grüne Kissen“ – gehen. Da lag der erste Schnee drauf und das ließ ihn zögern. Als er dann drauf trat, bewegte sich dieser Schnee und da schreckte Nacariño zurück. Nun erst Recht! Ich musste – und durfte – einen Tick energischer werden und schließlich taperte er brav über die Plane.

Überhaupt darf ich ihm inzwischen sehr deutlich sagen, wenn mir etwas nicht passt. Kurze, energische Lautäußerungen meinerseits hat er anfangs ja gar nicht ausgehalten oder war sofort zur Gegenwehr bereit. Das hat sich massiv gebessert. Er wird deutlich frecher und testet ziemlich aus inzwischen, was ihm natürlich den einen oder anderen Rüffel einbringt. Damit geht er jetzt aber auch richtig gut um. Er strahlt mich dann an mit einem Gesicht, das sagt „ich wollte es ja nur mal probieren! Den Versuch war’s wert.“
Na, wenn er meint…  Mit der Einstellung lässt sich natürlich gut arbeiten!

Das nächste Mal wird nun spannend, am leichtesten wird der Test im Ausschlussverfahren mit „Frost und Sonne“, denn die Sonne hat sich nach diesem Tag erstmal wieder verabschiedet. Mal sehen, wie er sich zeigt mit Sattel, Reitrock, Frost, aber ohne Sonne :-)

Dienstag, 24.11.

Ich wollte wieder mit Handpferd reiten, Dón dafür aber erst einmal mit dem Hosenrock vertraut machen. Kaum dass ich auf Dóns Rücken saß, drehte der Wind auf Stärke 10 hoch. Dón hielt das alles aus, als ihm dann aber diese Seitenteile im Galopp nach hinten / oben gegen die Kruppe schlugen, dass es nur so klatschte, da ergriff dann auch er mal rasant die Flucht. Ich dachte, er springt mir vor Schreck durch die Litze, aber Dón bleibt inzwischen ja auch bei Panik noch so klar im Kopf, dass er mich fragt, was er tun soll. Da ging Frage – Antwort zwar unfassbar schnell hin und her, aber er reagierte, ließ sich wieder einfangen und durchparieren.
Ich steckte die Seitenteile so gut unter den Sattelblättern weg wie möglich und trabte und galoppierte nochmal. Der Wind pfiff uns um die Ohren, aber Dón schnaubte ab, dehnte sich und alles war gut. Dieses Pferd kann irgendwann nichts mehr erschüttern!
Ich lobte ihn ausgiebig und ließ mir Nacariño an die Hand geben. Mit beiden ging ich noch eine Runde raus. Inzwischen hatte der Wind orkanartige Ausmaße angenommen, ich hatte echt ein bisschen Sorge, dass mir die am Straßenrand stehenden Mülltonnen entgegen fliegen würden. Und dabei musste ich natürlich wieder einen unbekannten Weg ausprobieren. Nacariño lief brav mit und war verblüffend entspannt, Dón glotzte, als ich zum ersten Mal über die Bahnschienen reiten wollte. Da wollte er nicht rüber. Wir diskutieren ein paar Sekunden und dann traute er sich. Tapfer!

Nun muss man sich das mal vorstellen (ich sag nur CAVALLO: „wie bereiten Sie das vor??“) – zwei Fünfjährige, kaum Geländeerfahrung, kalt, Nieselregen, orkanartiger Sturm, eigendynamisches Handpferd, eigendynamische Gerte, eigendynamischer Reitrock, der sich immer wieder mal unter den Sattelblättern hervorbuddelt, und dann will das eine Pferd nicht über die Schienen und ist mit der Gesamtsituation unzufrieden, während das andere herum hampelt, weil es nicht weiß, worauf wir hier warten – ausgerechnet hier und man hört bei dem Sturm weder ein Signal noch eine AKN kommen, also könnten wir jetzt vielleicht diese Schienen verlassen??
Um noch einmal auf den Schuh des Manitu zurück zu kommen: Ihr kennt doch die Szene mit Apollo 13 auf den Schienen…??

Die Autofahrer waren der Meinung, Pferde im Straßenverkehr müssen sich benehmen können, sonst dürfen sie da nicht hin (ja, und wo bitte sollen sie’s lernen? Am Simulator??) und fuhren ziemlich zackig an uns vorbei.

Ehrlich gesagt war ich gar nicht so unfroh, als wir uns wieder dem Stall näherten. Das war eine schöne Runde zum Lernen gewesen, aber jetzt war es auch Zeit für einen großen Belohnungs-Snack für die tapferen Jungs und einen heißen Chai Latte für mich!

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Mittwoch, 25.11.

Den Reitrock steckte ich mal vorsichtshalber gleich unter die Sattelblätter. Der buddelte sich zwar immer wieder aus, aber zumindest gab es damit keine Schrecksekunde. Der Wind war auch nicht gravierend heute, es nieselte nur vor sich hin.
Nacariño fing so entspannt an wie vermutlich noch nie. Er schnaubte vor sich hin und ging einen echt schönen Schritt. Ich mochte ihn da gar nicht rausnehmen und genoss das. Er war ziemlich weich im Hals und wirkte einfach rundum zufrieden.
Vielleicht sollte ich immer so „abreiten“ – ich hatte den Hänger angehängt und ihn vor dem Reiten ein paar Mal hochgehen lassen. Beim ersten Mal stratzte er mir da in einem Tempo hinterher, dass ich fast nicht weg kam vor ihm – nur um dann, oben angekommen, erschrocken vor so viel eigener Courage direkt wieder rückwärts raus zu flitzen und sich erstaunt den Hänger anzugucken, den er im ersten Anlauf offenbar nicht wirklich registriert hatte. Dieses Pferd frühstückt manchmal echt einen Clown 🙂

Er ging etliche Male hoch und fraß auch sofort oben. Er ging aber auch immer wieder runter – ich ließ ihn. Tatsächlich durfte ich ihn einmal sogar fressend stehend lassen und mich so weit nach hinten bewegen, dass ich die Trennwand in Richtung Mitte schieben konnte. Nacariño stand allerdings leicht quer und ging sofort runter, als ihm die Wand näher kam. Mit enger Wand traute er sich nicht mehr hoch, mit wieder etwas breiter gestellter Wand ging es sofort wieder besser, allerdings rutschte er einmal beim rückwärts gehen so blöd weg, dass ich loslassen musste und er trabte davon. Am Paddock sammelte ich ihn wieder ein, er kam auch sofort wieder mit hoch, ging aber genau so schnell wieder runter und nun testete er. So spürbar war sein Test noch nie gewesen. Er zog, und das nicht ungeschickt mit teilweise schlenkerndem Kopf (der weiß schon sehr genau, was er da tut…), aber ich hielt. Ich hatte mir zum Verladen extra einen sehr langen, relativ dicken Strick genommen, das bewährte sich jetzt. Er darf genau bis vor die Rampe, ab dann hält der Strick gegen. Ich musste phasenweise echt viel Kraft aufwenden (und weiß jetzt, warum die Bruststange Bruststange heißt – meine Brust weiß es auch, denn ich stand dahinter, sonst hätte ich ihn nicht halten können), er wendete auch Kraft auch – aber er schaffte es nicht nochmal. Seine Versuche wurden schwächer und hörten schließlich auf. Das war schon mal ein großer Erfolg.

Er ging noch ein paar Mal rauf und runter – lieber runter, leider. Aber egal, das mache ich einfach wieder und wieder. Wiederholung stumpft schließlich ab 🙂

Danach fing er also super entspannt an beim Reiten, war ja vielleicht ein Rezept für ihn?

Die Entspannung ließ nach, er zog sich ein bisschen an diesem und jenem hoch. Der Hals wurde immer mal fest, er wartete spürbar auf den ersten Galopp, die Spannung wuchs. Ich stellte ihn also erstmal in der Pfütze ab und da entspannte er sich sofort und soff erstmal.

Gut, dachte ich, was für eine Chance – üben wir doch mal bewusstes an- und ausschalten. Oder um es anders auszudrücken: bewusstes hoch- und runterfahren der Energie.

Ich ließ ihn antreten und galoppierte relativ schnell an. Damit hatte er nicht gerechnet und er sprang mit einem ordentlichen Bocksprung an. Ich galoppierte und durfte nachtreiben, also parierte ich direkt vor der Pfütze wieder durch und ließ ihn darin stehen. Funktionierte – er entspannte sich sofort.

Gleiches Spiel – raus aus der Pfütze, angaloppieren. Er durchschaute das System, machte wieder einen Bocksprung, fuhr die Energie hoch, zog hier und da mit festem Hals gegenan, schüttelte den Kopf, war albern. Also wieder parieren und in die Pfütze. Pffffffff… und die Spannung war raus. Ist ja cool. Was mache ich, wenn die Pfütze weg ist? Haha, gerade unvorstellbar bei dem Wetter.

Das Bocken beim Angaloppieren allerdings muss aufhören. Ich fühlte nach und stellte gedanklich die Galopphilfe um. Beim nächsten Mal ließ ich die Hilfe über die Knie durchkommen, nicht mehr über die Wade. Und siehe da – kein Bocksprung. Heißt, ich darf jetzt daran, die Galopphilfe zu verfeinern, sehr schön.
Ich bat ihn um einen weichen Hals und bekam den immer wieder.

Alles in allem also durchaus zufrieden stellend. Da liegt noch lange Zeit Arbeit vor uns, aber mich kann kaum noch irgend etwas erschrecken, was er macht. Ich bin inzwischen sehr vertraut mit seinen manchmal wirklich ungeheuer schleudernden Bewegungen und seinen mehr oder weniger ausgeprägten Bucklern. Mein Körper ist durch diese beiden jungen Pferde wieder derartig elastisch und reaktionsschnell geworden, das erstaunt mich manchmal selbst, wenn ich erst nach der Reaktion des Körpers die Bewegung bewusst wahrnehme. Schon schräg. Aber das ist es, was Nacariño den Wind aus den Segeln nimmt.

Ich hoffe nun aber doch, ihn in Kürze so lässig verladen zu können, dass ein paar Trainings-Fahrten in die Halle möglich sind. Üben, üben, üben!

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Freitag, 27.11.

Ich bin noch ganz beseelt von diesem Vormittag! Dabei fing der so gut gar nicht an…
Nachdem sich Nacariño am Mittwoch ja deutlich besser angefühlt hatte als am Montag, war mir heute irgendwie danach, mal etwas auszuprobieren – und zwar einhändig blank. Ich legte also die Vaquero-Kandare an und ritt zum ersten Mal einhändig. Das war durchaus ein Wagnis, und Nacariño benahm sich anfangs auch ziemlich unmöglich. Er zuckte und zuckte und machte etliche Male einen Satz nach vorne, der sich aber tatsächlich jedes Mal durch ein klare Zudrücken der Hand auffangen ließ. Er nutzte jeden, aber auch jeden Anlass – und wenn da keiner war, dachte er sich halt einen aus. Er schien direkt Spaß am Wegspringen zu haben. Tatsächlich aber blieb es jedes Mal bei einem einzigen Sprung. Und er stieß nie heftig an der Kandare an, sondern ließ sich verblüffend leicht einfangen. Ich hatte anfangs keine Lenkung, das gab sich aber nach und nach. Und ich konnte so lange Strecken wie noch nie aussitzen. Also „konnte“ ist vielleicht das falsche Wort, ich tat es einfach. Nacariño ist echt schwer zu sitzen. Naja, wird schon noch mit der Zeit.

Sein Rumgezucke wurde weniger, er achtete auf das Anlegen des Zügels am Hals und fing an, darauf und auf den Schenkel zu reagieren. Ich bekam eine Lenkung. Da dieses Gezucke nun aber mal echt albern und überflüssig war, stieg in mir ein bisschen Groll hoch. Und diesen Groll ließ ich zum ersten Mal zu ihm durch, gespannt auf seine Reaktion.
Er merkte aber wohl, dass ich dabei grinse und ihn beobachte, und so hielt er es nicht für nötig, darauf einzugehen. Er hörte dann aber doch langsam mit dem Gezucke auf.

Und dann bekam ich so richtig die (positive) Quittung für die letzten Wochen Arbeit. Nacariño schien zu wachsen, fing an, sich in ersten Ansätzen zu versammeln, wurde phasenweise ganz leicht in der Hand und ich hatte auf einmal einen Schenkelgehorsam, von dem ich noch nicht wusste, dass er in dieser Form da ist. Es wurde immer schöner und schöner.
Er auch 🙂

Schließlich durfte ich sogar Ansätze von Schulterherein reiten. Und ich ließ ihn Mitte „seiner“ kurzen Seite halten und trabte daraus wieder an – und das fühlte sich einfach nur göttlich an. Was für ein Gefühl! Einhändig blank gehört damit jetzt auf jeden Fall zum Programm!

Wir ließen die drei Pferde schließlich noch nebeneinander gehen. Nacariño durfte innen gehen, damit ich im Zweifel seitlich ausweichen konnte. Anfangs drehte er mächtig auf, mit der Zeit beruhigte er sich, schließlich konnten wir zu dritt nebeneinander traben und halten und wieder traben. Nacariño ließ sich im Tempo variieren und entspannte sich immer mehr. Und schließlich konnte er auch entspannt rumstehen und schaute den anderen zu.

Schließlich standen wir in der „Chill-Pfütze“ und quatschten. Und bestätigten uns gegenseitig darin, mit unseren Pferden so glücklich zu sein und auch damit, in diesem Stall zu sein und uns gegenseitig zu haben. Wir haben es so gut… Ich legte Nacariño die Arme um den Hals und sagte ihm mal richtig deutlich, dass ich ihn lieb habe. Tanja meinte, er bekommt langsam das Gesicht, das sie bei meinen Pferden so toll findet, weil so selten zu sehen – er wird witzig, er bringt sich ein, man sieht ihm an, dass er verspielt wird. Und das am ersten Tag einhändig blank… So schön!!!

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Montag, 30.11.

Und noch einmal, weil’s so schön war! Dieses Mal allerdings stellte Nacariño die Lenkung ein paar mal echt in Frage, mit Kopf schütteln und wegbrechen wollen – er sah den frei laufenden Fàscino und wollte da gerne hin und so zog es ihn magnetisch zum Ausgang.
Ich ließ ihn natürlich nicht, ich Spielverderber, und es genügte, die Hand still stehen zu lassen und abzuwarten und nach zwei, drei Sekunden hatte ich Schenkelgehorsam und er ging in die gewünschte Richtung. Großes Lob!

Der Schenkelgehorsam war tatsächlich in weiten Teilen wieder sehr gut. Insgesamt war Nacariño aufgekratzt, setzte auch zu ein paar Sprüngen an, aber die ließen sich wieder im Ansatz auffangen. Kein Abhauen, kein Losschießen, später ein ziemlich entspannter Galopp.

Der beim Satteln noch blaue und beim Reiten graue Himmel wurde schwarz und ich sah zu, dass ich in die Stallgasse kam. Fàsci kam mit. Wir hielten einen Klönschnack mit Meike und warteten den Hagelschauer ab, der da runterkam. Gerade noch rechtzeitig!

Danach ging ich noch eine entspannte Hofrunde, auch hier kam Fàscino frei mit, das hält Nacariño inzwischen total gut aus. Anfangs war ihm das überhaupt nicht geheuer. Danach musste er noch die üblichen zwei Runden – eine rechts, eine links – auf dem Platz am hingegebenen Zügel gehen, was er auch ziemlich entspannt tat.

Im Stall war er verspielt und albern, er wird langsam echt frech, aber auf eine schöne Art, die ich sehr zu schätzen weiß, weil sie mutig macht und Ausstrahlung gibt. Er kann es inzwischen gut vertragen, einen Rüffel zu bekommen, wenn er zu weit geht, danach guckt er mich bloß stahlend an und grinst. Und genau so brauche ich meine Pferde. Mutig, selbstbewusst, bis zu einem gewissen Grade frech, verspielt und albern.

Drei Monate ist er jetzt hier… Erst oder schon? 🙂

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