Februar

Mittwoch, 3.2.

Es stürmte, war saukalt (knapp über 0 Grad, durch die extrem frische Brise aber gefühlt deutlich drunter…), schließlich hagelte es noch – konnte mich heute aber alles nicht vom Reiten abhalten. Ich war süchtig nach Dón, ritt vernünftigerweise aber zuerst Nacariño. Vernünftig, weil der’s nötiger hat 🙂

Bei den meisten halten gute Vorsätze, zu Jahresanfang gefasst, ja nicht lange. Bei ihm offenbar auch nicht. Er kam mit ziemlich viel Power auf den Platz und als eine unserer Kalaschnikow-Enten… pardon, eine unserer Schmuse-Enten wollte ich natürlich sagen, vom Teich aus mit viel Getöse und Geplätscher hochflog, machte er einen irrsinnigen Satz zur Seite. Und gab noch in der Luft Hackengas.
Neehee, mein Freund!
Ich war drauf gefasst (also auf ein Wegspringen oder Abhauen, aber ehrlich gesagt nicht auf einen derartigen Satz), fasste sofort zu und drehte ihn direkt zurück Richtung Teich. Und ich muss zugeben, ich war selbst überrascht, wie genial das klappte. Er ließ sich sofort wenden und anhalten, und dann stand der da und prustete den Teich an. So durchlässig hat er noch nie nach so einer Nummer reagiert. Großartig!
Dafür musste ich ja nun eigentlich schon wieder loben, aber um ihn nicht durcheinander zu bringen (nachher glaubt er noch, ich lobe diesen gewaltigen Satz), wartete ich damit bis zur nächsten Runde.

Er war relativ lange ganz schön geladen und jederzeit zum Spurt bereit, aber es war nicht mehr dieses „Wehe, Du fasst mich an. Dann steige ich. Wehe, Du treibst, dann hau ich ab. Wehe, Du lenkst. Dann ist mein Hals ein Brett“. Nichts von alledem. Er war griffig, er war kernig, er sah Gespenster – aber ich durfte lenken, treiben, anfassen.
Und schließlich entspannte er sich so ehrlich, dass ich einige wunderbare losgelassene lange Seiten im Trab mit Dehnung bekam und ich schließlich im Galopp die Zügel aus der Hand kauen lassen durfte. Uns pfiff der Sturm um die Ohren und er stand nachher da und chillte, während ihm die Hagelkörner gegen den Hals flogen. Also im Ernst, gemütlich ist mal was anderes, aber in uns drinnen war alles gut und warm und freundlich und wir waren miteinander glücklich. Wir blendeten das Wetter total aus und hatten wunderbare Momente miteinander.

Na, wer kennt das Buch – „Sturmwind, Flickas Sohn“?
Nicht Flickas Sohn, aber Sturmwind! 🙂

sturm

Ich sollte in nächster Zeit vielleicht nicht zu oft mit Nic und Navarre auf den Platz gehen, denn an dem zieht er sich ganz schön hoch. Wenn der zuckt, macht er kollektiv mit. Und Navarre zuckt phasenweise ganz ordentlich. Unsere Stimmung jetzt, als wir miteinander alleine waren, ist kein Vergleich zu der, wenn er noch meint, aufpassen zu müssen, was ein anderer macht. Er ist auch noch nicht überzeugt davon, da nicht mitmachen zu müssen. Ist ja auch völlig ok, aber ich muss das ja nicht zu oft provozieren.

Nach dem Reiten kamen wir nochmal an dem Aufsitzhocker vorbei und Nacariño stellte einen Fuß drauf. Ich sag noch „Ich weiß nicht, ob der Dich aushält“ – da wussten wir auch schon beide, dass er’s nicht tut. Mir war gar nicht klar, dass der Hocker so viele Einzelteile hat! Die sammelte ich nun alle wieder zusammen, während Nacariño ein wenig traurig wirkte, dass er sich da nun nicht draufstellen kann. Geschockt, weil das Ding unter seinem Fuß komplett mit Karamba zusammengebrochen ist, war er jedenfalls nicht.

Was inzwischen ein wenig nervt – er wird sehr süß. Und sehr witzig. Und das heißt bei ihm, dass er ständig versucht, zu zwicken. Er beißt mal hier, mal da ein bisschen zu – sehr zärtlich für seine Verhältnisse, mit Jacke im Winter ja auch alles nicht so schlimm, aber wenn er damit mal Haut erwischt, beruht das Gefühl von Zärtlichkeit bestimmt nicht auf Gegenseitigkeit. Es ist toll zu sehen, wie aufgeschlossen und verspielt er wird, das will ich ja unbedingt haben. Das fördert bei ihm nur eben auch Albernheiten, die sehr unangenehm werden können. Dafür hauen will ich ihn nicht, wobei ihn das – lach… – eh schon nicht mehr kratzt. Dem kann man inzwischen mal herzhaft eine knallen, wenn er sich echt daneben benimmt, dann strahlt er einen an und fragt, ob man ihn nicht aber doch trotzdem total süß findet?? Ja, findet man, das ist ja das Problem 🙂

Er bekommt ein sehr witziges Selbstbewusstsein. Mal sehen, in welche Bahnen sich das so lenken lassen wird. Erstmal toll, dass es da ist bzw. kommt! Die Beißerei wird schon wieder, ich muss halt ungeheuer schnell sein und es nicht noch provozieren – da reicht ein unnötiges Leckerlie oder ein Anfassen des Gesichts aus dem falschen Winkel, dann sieht man sofort Zähne. Er hat einmal (vor ein paar Wochen aber schon, ich vergesse sowas ja immer, auch wenn’s weh tut…) meinen Ringfinger erwischt und festgehalten, weil er den ein paar Sekunden für ein Leckerlie hielt. Da habe ich schon Glück gehabt – ich lief ein paar Tage mit Verband rum, weil er da tatsächlich fast bis zum Knochen durchgebissen hatte, das tat auch eine ganze Weile echt weh. Das ist aber richtig gut verheilt.
Als ich Louis noch hatte, kam ich jeden Tag mit irgendwelchen Löchern nach Hause, mal blutend, mal nicht (ich bin sowas von Tetanus-natur-grundimmunisiert…!), Sönke fragte dann immer mal mehr mal weniger entsetzt, wobei denn das nun schon wieder passiert sei und meist sah ich die Wunden dann bewusst zum ersten Mal. Die waren mir bis zu seiner Frage nicht aufgefallen 🙂

Was das angeht bin ich also extrem schmerzfrei, dennoch sollte ich ein paar Erziehungsmaßnahmen in diese Richtung ergreifen, damit das nicht überhand nimmt. Also, liebe Leser, wer immer Nacariño begegnet (gilt im Übrigen für alle meine Pferde!): bitte nicht einfach ins Gesicht fassen. Und schon gar nicht das Maul antatschen.
Ich weiß, es ist zu verlockend, Pferdemäuler und –nasen zu streicheln (insbesondere das zauberhafte Maul von Dón..), aber viele Pferde hassen es und viele reagieren dann eben mit Schnappen. Am Hals anfassen gerne, aber bitte nicht am Maul. Und wenn doch – nicht wundern 🙂

Donnerstag, 4.2.

Das Wetter war wieder wenig verlockend und die Reit-Sucht hielt sich in Grenzen (die hatte ich ja gestern abgearbeitet), also dachte ich, Verladen wäre doch mal wieder ein gutes Thema.
Das stieß nicht auf die gleiche Begeisterung bei Nacariño. Aber er ließ sich überreden.
Gut, ich war auch fies – ich nahm Dón, Merlin und ihn mit zum Platz, am Hänger vorbei, ließ die anderen beiden laufen und er musste zurück zum Hänger. Da hat er dann schon schräg geguckt. Aber die Anforderungen steigen eben 🙂

Er war nach einigem Zögern oben und die Anforderungen stiegen weiter – ich wollte die Stange zumachen. Und zwar ohne fremde Hilfe. Und ohne ihn vorne festnageln zu müssen. Er fraß hartes Brot, ich lobte und klopfte mich nach hinten durch, der Strick spannte, wenn er rückwärts wollte und ließ nach, wenn er vorne blieb, und irgendwann war ich dann hinten und konnte die Stange schließen. Aber den Splint habe ich nicht rein getan, das hielt ich nicht für erforderlich. Tja…

Nacariño tat panisch, ließ seine Kruppe sinken (was für einen Hankenbeugung… Loben loben loben!! Fördern fördern fördern!!) – das war bloß der falsche Moment. Er hob tatsächlich mit der Kruppe die Stange hoch und schoss rückwärts vom Hänger. Ts ts ts…

Also wieder hoch. Er wollte nicht. Ich schon. Er ließ sich überreden, war wieder oben, ich tastete mich wieder nach hinten durch, wobei ich schon deutlich geschickter sein musste dieses Mal, weil er mich sehr gut im Auge behielt und genau so weit rückwärts ging, dass ich die Stange nicht schließen konnte. Ich also wieder nach vorne, bravi bravi und tutschi tutschi gemacht, er kam wieder nach vorne, ich wieder nach hinten, in Ruhe die Stange geschlossen und den Splint eingehängt. Manchmal bin ich ja lernfähig. Er allerdings auch. Er versuchte sehr geschickt, direkt mit der Kruppe die Stange auszuhebeln. Klappte aber nicht. Und dann bin ich raus und rein von vorne und hinten, während er da oben stand, ich entfernte mich und kam wieder, er hielt das alles aus, wenn auch Begeisterung anders aussehen würde. Schließlich lobte ich ihn sehr und ließ ihn runter gehen.

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Und gleich wieder rauf. Hmm. Fand er doof. Aber er machte es. Ich hängte die Stange in der tieferen Einhängung ein, da ist dann auch nicht so viel Kruppe im Weg 🙂

Eine neue „Anbinde“-Taktik hatte ich nun auch – liegt der Strick um die Bruststange, hat er (zu) viel Spielraum nach hinten, also legte ich den in das Fenstergitter. So konnte ich mit dem Strickende in der Hand nach hinten gehen und gleichzeitig vorne Zug ausüben, wenn erforderlich. Einen richtigen Zug würde das wohl kaum aushalten, aber dazu ließ Nacariño es zum Glück auch nicht kommen. Das mal so für all‘ jene, die immer denken „ja aber da könnte doch…“. Ja. Könnte. Muss aber nicht 🙂

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Ich entfernte mich wieder vom Hänger, kam wieder und ging wieder weg und Nacariño hielt das alles aus, war aber schon sichtlich erleichtert, als er wieder runter durfte.
Und dann durfte er zu den anderen auf den Platz.

Ich spielte eine Weile mit Dón und Merlin, dann holte ich Nacariño nochmal vom Platz und stellte ihn wieder auf den Hänger. Diese Tour war relativ lässig, ob Stange drinnen oder draußen war egal, er zog nicht weg, drückte nicht gegen, wartete brav, und damit war das Thema für heute aber auch wirklich beendet. Brav, der Gute!!
Merken: an Tagen, an denen ich wegfahren möchte, immer einmal raufstellen, wieder runter und Pause machen. Zum wirklichen Losfahren später neu raufstellen. Speichern.

Ich stellte das Podest auf und er ging sofort mit Begeisterung drauf. Dón wollte auch. Zu süß. Ich ließ ihn dazu und er stellte sich mit drauf. Die beiden standen so sicher da oben, dass ich noch nebenbei fotografieren konnte. Dón biss Nacariño dann aber dauernd in die Ohren – das sieht unmöglich aus, er reißt das Maul auf und greift sich dann bewusst ein Ohr, zwar vorsichtig, aber Nacariño traut dem Frieden nicht (vermutlich zu Recht) und wollte dann irgendwann nicht mehr mit dem zusammen auf dem Podest stehen, wenn der so doof zu ihm ist. Und so ergab es sich, dass sie sich gegenüber standen, Dón auf dem Podest, Nacariño davor. Ich hielt Dóns Kopf fest und bat Nacariño wieder mit auf das Podest und dann standen sie zum ersten Mal gegenüber drauf. Nacariño war das etwas unheimlich, aber er hat sich zwei Mal Dón gegenüber auf das Podest gestellt. Tolle Jungs!!
Das konnte ich nicht fotografieren, dafür hatte ich nicht genügend Hände und auch nicht genügend Abstand 🙂

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Die sind allerdings noch viel toller. Jetzt mal was zum Thema „inneres Bild“. Ich hatte vor zwei Tagen oder so Dón auf dem Platz nach einem Steigen gefragt. Frei! Machte er sofort! Nacariño stand nicht weit weg und guckte zu, kam an und wollte auch. Und da sah ich die beiden vor meinem geistigen Auge gemeinsam steigen. Habe ich da aber nicht abgerufen, ich hatte keine Stricke zur Hand in dem Moment, aber für das erste gemeinsame Steigen hätte ich gerne zumindest ein bisschen Einfluss. Ich freute mich also nur an Dóns Vertrauen und Spielfreude und beließ es für den Tag dabei, wusste aber, dass das innerhalb kurzer Zeit abrufbar sein würde.

Wie die da also so auf dem Platz rumstanden, drängte sich dieses Bild geradezu auf. Den ersten Versuch wollte ich dann aber auch gleich gerne noch fotografieren. Ich erhöhe also nicht nur die Anforderungen an meine Pferde. Durchaus auch an mich. Ich merkte jetzt nämlich, dass ich nur mit rechts fotografieren kann – und mit rechts halte ich auch die Peitsche. Gut, letzteres kann man wechseln. Tat ich aus. Links also 2 Stricke und eine Peitsche, rechts die Kamera. Zum Glück mit relativem Weitwinkel, denn die Jungs krabbelten mir vor Begeisterung fast auf die Schulter. Dón war jetzt so eifrig, dass er auch schon mal mit dem Vorderbein die Kamera erwischte… So richtig viel Abstand hatten wir nicht, aber was soll ich sagen – sie steigen gemeinsam…!! Ist das großartig!!
Dón will eine klare Ansage haben, Nacariño steigt derweil ununterbrochen vor sich hin. Ich muss also nur Dón hochschicken, Nacariño ist dann mit Chance sowieso gerade oben.
🙂

Ich fand die beiden so toll und die sich offenbar auch. Danach waren sie unglaublich albern und verspielt, Dón total anhänglich, Nacariño pupste nochmal quer über den Platz.

In der Zwischenzeit hatte sich Merlin mit dem Podest vergnügt. Er kratzte da allerdings immer nur drauf rum. Soll er gar nicht. Ich also da hin, beide Jungs im Schlepptau, und Merlin einmal ordentlich da rauf gestellt. Nacariño stand mit leuchtenden Augen daneben – „Will auch!“ – „Ja, komm doch!“. Er kam. Ich hielt Merlin fest, dem das nicht geheuer war, aber Nacariño war vorsichtig und so standen die beiden schließlich zusammen oben. Merlin hat noch nicht oft auf dem Podest gestanden und noch nie mit einem zweiten Pferd! Was mit Nacariño geht müsste doch auch… Ich schickte Nacariño runter und holte Dón. Merlin wieder raufstellen, festhalten, Dón dazu bitten – zack, standen die beiden zusammen oben. Nun war Merlin schon deutlich entspannter. Dón hatte wieder etwas experimentierfreudige Zähne, der brauchte was zum Spielen. Ich gab ihm die Gerte.
Das war so urwitzig: Dón in der Mitte mit dieser Gerte, Merlin neben ihm auf dem Podest, Nacariño auf dem Boden auf der anderen Seite, Dón haut denen die Gerte um die Ohren. Die Fotos sind mal sicher nicht meine besten, aber immerhin konnte ich dabei auch noch abdrücken!! Es war zu süß mit den Dreien. Und die fanden sich zu Recht total toll.

4 ….. 5
Nacariño & Merlin ……………… Merlin, Dón (mit Gerte), Nacariño

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Samstag, 6.2.

Ich holte beide Jungs zum Platz, ich wollte doch so gerne ein Bild haben, wenn beide steigen… Sie stiegen großartig – bloß immer abwechselnd 🙂

Nacariño ergriff die Chance zur Flucht, als Dón ihm unbeabsichtigt zu nahe kam, ansonsten waren beide super brav, keiner verwendete das Steigen gegen den anderen.
Er haute also ab, beim ersten Mal war der Platz offen, Nacariño schnurstracks raus Richtung Einfahrt. Der kommt schon wieder, dachte ich mir, und machte mit Dón erstmal in Ruhe weiter. Nacariño kam aber nicht wieder, sondern guckte uns von da draußen zu. Ich sammelte ihn also wieder ein und machte den Platz dann mal zu.

Tatsächlich haute er noch einmal ab, schade eigentlich, das soll er sich ja gar nicht merken, aber es war ihm schlicht nicht geheuer, dass Dón so eine relativ deutliche Aufforderung braucht. Nacariño dreht sich zudem noch gerne beim Steigen, und dann landen sie manchmal viel dichter nebeneinander, als sie abgehoben haben. Das eine Mal drehte Nacariño sich so, dass er noch im Steigen Dón lässig ein Vorderbein auf die Kruppe legte. Sah urkomisch aus und muss ich eigentlich unbedingt fördern 🙂

Nacariño ist das jedenfalls alles noch zu eng zusammen. Also haute er lieber auch noch ein drittes Mal ab – das heißt, wollte er, aber dieses Mal stand ich günstiger und fasst beherzt zu. Eigentlich ist der nicht zu halten, wenn er wirklich in seinem Abhau-Modus steckt, aber irgendwie war mein Winkel günstiger als seiner und er besteht auch nicht mehr mit der Intensität drauf wie anfangs. Etwas überrascht, dass er nicht wegkam, hielt er inne und guckte mich an. Ich lobte ihn wie verrückt und danach startete er keinen weiteren Versuch mehr. Ich provozierte allerdings auch nicht weiter. An die Nähe gewöhnt er sich schon mit der Zeit. Sehe ich ja bekanntlich alles nicht so eng, ich freute mich wie immer an den guten Momenten und problematisiere nicht die anderen!

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Sonntag, 7.2.

Nic filmte Nacariño und mich, so dass ich uns beide zum ersten Mal nicht nur auf Fotos, sondern live und in Farbe in Bewegung sah.
Wie schon bei Dón war ich etwas ernüchtert, weil das Gefühl so anders ist als das, was ich sehe. Ohne Frage ist da ein wirklich schönes, ausstrahlungsstarkes Pferd. Er fühlt sich oft mächtig groß an und so sieht er auch aus. Aber gefühlt ist der Gang schon so viel freier, der sieht noch viel gebundener aus! Die Schulter ist noch viel weniger frei als sie sich anfühlt. Der Trab fühlt sich schon phasenweise so frei und raumgreifend und schwingend an, das kam auf dem Video noch gar nicht so rüber. Außerdem sieht er aus, als wäre er zu sitzen wie Butter – ha, kein Stück!

Dennoch großartige Momente, ich bekam zwei Mal ein unglaublich versammeltes Angaloppieren und viele gute Trabmomente, ich konnte gute Spannungswechsel verlangen, und es war ein eigentlich durchwachsener Tag, denn Nacariño war höchst energiegeladen und so habe ich auch ein paar echt knackige Sprünge da mit drauf.
Die freuen mich besonders, weil die irgendwann nicht mehr da sein werden, wohingegen das, was ich mir jetzt schon besser vorgestellt hatte, auf jeden Fall noch besser wird!
Also, auch hier klaffen Gefühl und äußeres Bild ziemlich auseinander, so dass Nic und ich uns jetzt vorgenommen haben, uns mindestens einmal im Monat zu filmen!

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Freitag, 12.2.

War das schön heute! Nacariño war so richtig ehrlich entspannt – das Schimmel-Trio stand draußen, als ich kam, also ging ich erst einmal eine Stunde mit Fàscino und Lilly als Handpferd ins Gelände. Davor wusch ich den beiden noch Schweif und Beine – nicht, dass davon nach unserem Ritt noch etwas zu sehen gewesen wäre, wir sind schön über matschige Wege gedonnert.
Derweil wurde das Wetter immer besser und als ich Nacariño dann so weit fertig hatte, kam richtig die Sonne raus und die 6 Grad fühlten sich wie 12 an. Sonst ist es immer andersrum!

Merlin und Dón durften wieder dabei bleiben, dieses Mal stellte ich denen das Podest allerdings gleich hin, bevor Dón sich das wieder von der Wand zieht. Da sind ganz schöne Bissspuren dran! Merlin stellte sich zum ersten Mal alleine drauf und tatsächlich standen sie später beide zusammen drauf – von alleine! Großartig!

Die bespaßten sich also gegenseitig, während ich mich mit meinem tollen Weißen beschäftigte.
Der guckte und zuckte nicht, so dass mein Plan war, nur locker flockig, langer Hals (aber beweglich!), schwingen, loslassen. Er fühlte sich phasenweise echt toll an, schnaubte, brummelte, erzählte. Zu süß. Wenn er aufhörte, zu erzählen, brummelte ich vor mich hin und dann fing er wieder an. Wir unterhielten uns also in entspanntem Gebrummel. Das war so niedlich!

Tatsächlich fühlte sich dieses Reiten zum ersten Mal, seit ich ihn kenne, nach einem normalen Fünfjährigen an. So echt, so unverfälscht. So normal…

Dachte ich so, nutze ich diese Entspannung doch und frage einen Hauch Spannung an – ich verkürzte an der langen Seite behutsam die Schritte.
Oha! Schluss mit Entspannung! Er drehte auf, schlug mit den Vorderbeinen, alberte quer durch die Gegend. Er fing an zu glotzen und suchte auf der Weide krampfhaft nach etwas, wovor er sich erschrecken könnte. Da musste ich nun echt lachen – er fand nichts. Er hätte ja auch einfach so losschießen können, hat er schließlich lange genug geübt, das machte (und wollte) er aber gar nicht, er wollte mit Grund abhauen, fand aber keinen. Großartig!
Allerdings wurde er phasenweise fest im Hals, ich schüttelte also Widerstände locker und trabte erst einmal wieder vorwärts, um ihn abzulenken, wobei er „vorwärts“ aber anfangs mit „hoch“ verwechselte und jetzt extrem steigewillig wurde. Mit in der Luft umdrehen und so, und dann machte er auch ein paar Sprünge, da wusste ich echt nicht, wie mir geschah.
Auskeilen, hochspringen, im Hochspringen noch irgendwas, was ich nicht einsortieren konnte, in der Landung mit den Vorderbeinen ausschlagen – boah, und keiner hat’s gefilmt! So schade! Das hätte ich gerne gesehen! Ich lobte sein aus-sich-herausgehen (das will und brauche ich ja), versuchte aber gleichzeitig, das in geordnete(re) Bahnen zu lenken.

Ich ließ ihn galoppieren mit etlichen Übergängen und Handwechseln, bis ich wieder zum Treiben kam. Er war frech, wollte alles vorweg nehmen, aber ich liebe dieses völlig hysterisch übereifrige, weil ich weiß, was daraus später mal wird…

Wir hörten total zufrieden auf, die Stimmung war wieder wie am Anfang, er ging zwei Runden am hingegebenen (!) Zügel um den Platz. Der normale Fünfjährige mit kurzen Ausrutschern in ein früheres Leben 🙂
Danach spielten wir noch mit dem Podest rum, sie hätten sich fast zu dritt draufgestellt. Dafür war allerdings leider wirklich nicht genug Platz.
Was für ein schöner Mittag!

Zu Hause las ich per Zufall etwas über Astrologie für Pferd und Reiter. Der ersten Beschreibung über die Elemente nach war mir klar, dass Nacariño ein Feuerpferd sein muss – und siehe da, mein Mitte August geborener Nacariño ist eines.
Die Beschreibung haute mich echt um, hier in Auszügen:
„Das feuerbetonte Pferd sprüht vor Leben. Es spürt und erlebt sich am besten über die Aktivität. Das Feuer-Pferd hat einen enormen Vorwärtsdrang und will Leistung erbringen. Bei allem, was es tut, will es mit ganzem Herzen dabei sein können. Enthusiastisch, ja geradezu ungestüm und mit Feuereifer kann es sich in seine Aufgaben stürzen. Das Feuer verleiht diesem Pferdetyp seinen eigenen Stolz. Und es ist dieser Stolz, der gebührende Anerkennung fordert. Eben dieser Stolz – wenn der Reiter ihm diesen zugesteht – verleiht dem Pferd seine wunderbare Ausstrahlung; eine beeindruckende Qualität. Ein Geschenk des Feuers an das Pferd ist aber auch sein Eigenwille. Vielleicht empfindet es der Reiter nicht immer als Geschenk. Den Eigenwillen leben, heißt auch eine gewisse Dominanz zu beanspruchen und nicht alles widerspruchslos hinzunehmen. Auf der einen Seite stellt die Eigenwilligkeit eine Stärke dar und auf der anderen Seite kann sich dieselbe Qualität als Schwäche zeigen. Dies muss aber nicht sein. Wenn der Reiter um die Eigenwilligkeit seines Pferdes weiß, dies nicht als persönliche Herausforderung annimmt und deshalb auch nicht mit Dominanz darauf reagiert, braucht sich das Pferd nicht eingeschränkt zu fühlen. Dann kann sich genau diese Qualität zur Fähigkeit entwickeln, indem das Pferd äußerst aufmerksam ist, mitdenken kann und trotzdem der Reiterhand vertraut. 
Dort, wo Feuer lodert, ist auch der Kämpfer ganz nah. Der Kampfgeist ist ein weiteres Feuer-Attribut. Das kämpferische Pferd hat schnell einen Anlass zum Kämpfen gefunden. So betrachtet ist die „Frechheit“ des Pferdes die Rückseite der Münze des Kämpfers und man muss nur verstehen, wie diese Energie eingesetzt wird – alles hat eben zwei Seiten. Ein feuerbetontes Pferd fühlt sich schneller eingeengt als ein anderes. Der Feuer-Typ ist ein äußerst faszinierendes Pferd, jedoch nicht jedermanns Sache.“

Also, Entschuldigung, wie hätte man Nacariño denn besser beschreiben können als hier Ursula Liechti in „Astrologie für Pferd und Reiter“ (Müller-Rüschlikon-Verlag)?

Ich als Waage soll ein Luft-Typ sein, wobei ich da nur bedingt zustimmen kann (wie das ja so ist bei Horoskopen, da gehören ja ein paar mehr Aspekte dazu als das reine Geburtsdatum), aber die Beschreibung der Verbindung Feuer-Pferd und Luft-Reiter trifft es wiederum ziemlich gut:
„Wenn dieses Paar kommt, machen Sie am besten Platz. An Dynamik fehlt es den beiden gewiss nicht. Reiter und Pferd sind auf Geschwindigkeit, Beweglichtkeit und Aktion ausgerichtet – der vorausdenkende Reiter und das aktionsfreudige Pferd.
Der Umgang mit jungen, feuerbetonten Pferden ist für den Luft-Reiter nicht immer ganz einfach, da er selbst bereits mit einer schnellen Grundenergie auftritt. Er muss darauf achten, einen Gang herunterzuschalten. Ein dauerhafter Erfolg ist nur möglich und gesichert, wenn der Luft-Reiter die Psyche seines Pferdes berücksichtigt.“

Tja, dem ist wohl nicht viel hinzuzufügen. Dann macht mal Platz, wenn wir kommen 🙂

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Sonntag, 14.2.

Darf ich dran glauben? Dass er anfängt, alles hinter sich zu lassen und zum „normalen Fünfjährigen“ mutiert? Er war schon wieder so heute. Einfach ein normales junges Pferd. Ich kann es schwer genau beschreiben, was das ausmacht, aber er scheint etwas hinter sich zu lassen. Er lässt sich anders drauf ein. Er fühlt sich irgendwie in sich „weicher“, entspannter, zufriedener an. Er ist jetzt fast ein halbes Jahr bei mir (meine Güte! Schon?) und mit gestern und heute habe ich das Gefühl, fängt nun wirklich „unsere“ Zeit an. In der die Vergangenheit keine bzw. keine übergeordnete Rolle mehr spielt. Bei Dón waren das acht Wochen, bei ihm dann jetzt eben fast sechs Monate… Und noch ist kein Verlass darauf, aber so wie gestern und heute hat er sich noch nie angefühlt.

Ich wollte auf den Platz, es war ar…kalt und schneite, und draußen gewesen waren sie auch noch nicht, aber ich wollte reiten. Das fing alles ein bisschen suboptimal an – Nacariño lässt sich ungerne in der Box auftrensen oder gar satteln. Da geht er weg, und wer die Boxen meiner Jungspunde kennt, weiß, dass man darin fast longieren kann. Also allemal Platz genug, sich nicht kriegen zu lassen, wenn man nicht will.
Zum Glück hat er ja noch nie den Ansatz gemacht, nach mir zu schlagen, und so bin ich eben – mit Trense in der Hand – hinter ihm her, habe die Kruppe geklopft, die Hinterbeine umfasst, ihm in die Fesselgelenke getreten – „ich kann Dich hinten viel mehr nerven als vorne. Du wirst Dich schon noch von selbst zu mir umdrehen!“ Dann machte ich blitzartig kehrt, war vor ihm, so schnell konnte er gar nicht umdrehen, ich umfasste ganz schnell seinen Hals und kraulte seinen Widerrist und die Schultern. Ohne ihn festhalten zu wollen, nur kuscheln und kraulen. Er fand das gut, blieb aber auf Hab Acht.
Ich ließ ihn wieder weggehen, ging hinter ihm her, kam wieder von vorne und kraulte wieder. Das Spiel spielten wir ein paar Mal, bis er enstpannter wurde.
Ich trenste schließlich auf, als ich das Gefühl hatte, dass es passte. Satteln ließ er sich daraufhin sehr entspannt. Es ist deutlich, dass er nicht vor mir weggeht, sondern vor der Situation an sich.
Was immer das bei ihm ist, ich werde dranbleiben. Ich respektiere ihre Box als ihren Bereich, dennoch ist mir wichtig, dass ich auch dort alles mit ihnen machen darf und sie sich dabei nicht bedrängt und unwohl fühlen. Also hole ich mir gerade Nacariño nicht einfach und mache, was ich will, sondern lasse ihm möglichst viel Freiraum und gebe ihm Zeit, von selbst zu kommen. So lasse ich ihn auch generell immer noch von selbst zum Halfter kommen, wenn er aus der Box soll – stehe ich links neben ihm, kommt er, stehe ich rechts, geht er zurück. Auch wenn er noch so dringend raus will. Da weiß er nicht, wohin mit sich. Also nehme ich mir immer die Zeit, zu warten, bis er den Kopf hinhält und „ins Halfter steigt“.

Aus der Box raus wartet er auch manchmal ab, scheint zu überlegen. Das kann auch mal eine Minute sein. An anderen Tagen schleudert er seinen Kopf hin und her und kann gar nicht erwarten, dass die Tür aufgeht. Tja, er ist schon eigen manchmal und hat kuriose Ideen, die in kein Schema passen. Aber wer will schon ein Schema-Pferd. Ich mal sicher nicht 🙂

Richtig blöd war dann allerdings, dass er auf der Rampe, die vom Stall runterführt, ausrutschte und tatsächlich der Länge nach hinschlug. Also mehr fiel, nicht schlug, nicht heftig, aber eben so, dass er komplett auf der Seite lag. Er stand leicht zitternt und völlig überrpumpelt wieder auf und stand etwas neben sich. Na, das konnte ja heiter werden. Ich kuschelte mit ihm, guckte mir die Seite an, sah nichts bedrohliches, und ließ ihn neben mir in Ruhe zum Platz trotten.

Dort angekommen fragte Jörn mich, ob ich reiten will, er wollte gerne gerade das Quartett (Fàscino, Lilly, Flamenco, Tina) rauslassen, dann ist es mit dem Misten einfacher.
„Lass sie doch, ich reite da zwischendurch“ meinte ich – was mit Merlin und Dón geht, geht doch wohl auch mit den Vieren!

Klar ging’s. Nacariño fand es einen Moment lang aufregend – Tina wälzte sich mehrfach, Lilly kam mit angelegten Ohren auf ihn zu, Fàsci holte sich von mir einen Keks ab und Flamenco drohte ihm mit schlagenden Vorderbeinen, Lilly nur ja nicht zu nahe zu kommen. Und das alles in den ersten zwei Minuten. Nacariño staunte nicht schlecht.

Und dann ging er, naja, eben wie ein normaler Fünfjähriger. Ich durfte ihn in die Tiefe schicken, er entspannte sich, brummelte vor sich hin, schnaubte, war rittig und gehorsam und überhaupt nicht auf Erschrecken aus, ließ sich zwischen den vier Pferden hin und her manövrieren, es war einfach toll. Er hat mich im Galopp noch nie so sitzen lassen. Normalerweise hebelt er mich im Galopp immer noch ganz schon raus, ich muss mein Becken ziemlich verdrehen, um dem Sattel möglichst nahe bleiben zu können, darf mich oft gar nicht richtig hinsetzen, und wenn doch muss ich ungeheuer beweglich sein, um seiner kantigen Bewegung folgen zu können. Anstrengend! Das war heute zum ersten Mal weg. Ich konnte sitzen „wie auf einem Alten“. Wie auf einem, der ’s kann 🙂

Ich durfte im Galopp die Zügel verlängern und er verlängerte sofort den Hals, total toll. Nach knapp 20 Minuten hörte ich auf – ja, dieses Mal konnte ich mich zusammenreißen und keine Spannung anfragen! Das Gefühl war auf einmal so, dass ich jetzt den Wechsel der Spannungen nicht brauchte, sondern etwas unter mir hatte, auf das sich gefühlt jetzt kontinuierlich aufbauen ließe. Das heißt, dass sich Spannungswechsel, wenn ich sie jetzt mit großem Bedacht anfordere, wie von selbst ergeben könnten, ohne Stress zu verursachen. Wie gesagt – ein ganz normaler Fünfjähriger. Ich muss das, sorry, noch ein paar Mal wiederholen, ich finde es selbst noch zu unwirklich 🙂

Mir war nicht nach weitermachen, das Gefühl war so toll, mir war aber auch nicht nach aufhören, das Gefühl war so toll 🙂
Also ging ich noch ins Gelände. Das letzte Mal reitend im Gelände war mit Navarre, als Nacariño einmal so losgeschossen ist, dass ich dachte, wir landen auf der Hauptstraße. Dann hatte ich ihn ja einmal als Handpferd mit, da war er extrem aufgekratzt und buckelfreudig, kam aber zumindest entspannt nach Hause.
Und jetzt ging er gleich so los. Entspannt. Nic kam uns im Auto entgegen, wir quatschten einen Moment, Nacariño stand völlig ruhig und wartete. Er war aufmerksam, aber entspannt, und so ließ ich ihn ein Stück auf Asphalt traben und schließlich den Weg zum Möschenhof galoppieren. Er fühlte sich einfach toll an. Wie ein normaler Fünfjähriger, habe ich das schon erwähnt? Lach…
Ich verbalisierte rechtzeitig die Bremse, weil ich nicht in die Zügel fassen wollte. Musste ich schließlich doch, Stimme alleine reichte nicht, aber nichts an der Bremse geriet irgendwie grob oder wurde von ihm in Frage gestellt. Danach entspannte er sich wieder, genoss den verdienten Keks, brüllte den Pferden dort auf der Weide ein trommelfellzerfetzendes Guten Morgen zu (Alter, kann der laut sein…), aber auch das ohne große Aufregung. Wir kehrten wieder um, er brüllte nochmal (noch lauter… Aua!), blieb aber händelbar.
Mit einem jungen Pferd eine Galoppstrecke niemals zwei Mal hintereinander galoppieren! Galoppstrecken niemals zur Gewohnheit werden lassen! Schon gar nicht bei so selbstbewussten Pferden, wie wir sie hier haben – bzw. uns ranzüchten 🙂

Also im Schritt gefühlt, wie die Stimmung ist, die war super. Also angetrabt. Er war flott, aber an leichter Hand. Und dann gab es eine Zehntelsekunde, die er nutzen wollte – er wollte anspringen. Ich erwischte dieses Anspringen noch in der Luft und stoppte es aus, Nacariño war überrascht, aber gehorsam (wieso überrascht den meine Schnelligkeit eigentlich noch? Inzwischen bin ich ja meistens schneller als er, und das will bei so einem Pferd schon was heißen… Mein Körper ist jedenfalls ganz oft schneller als meine Gedanken, und das ist großartig. Ich gucke mir sozusagen manchmal staunend dabei zu, wie mein Körper reagiert. Hat was!). Er trabte weiter und ich versuchte, ihn zu echtem Raumgriff zu animieren. Also schwingen, aber nicht springen 🙂
Ein paar schöne, weite Tritte waren dabei. Dafür sollte ich das Gelände nutzen, dafür braucht man einfach mal Strecke.
Der Bremsweg war wieder relativ lang, aber dafür freundlich. Sein Schritt danach war gebunden, er fühlt sich einfach nicht frei an in der der Schulter. Ich bat ihn also, doch mal mit diesem Pony-Gezuckel aufzuhören und zu schreiten. Hmmm, nix.
„Mit Raumgewinn“ sagte ich. Nix.
„Greif doch mal ganz weit aus. Ganz weit ausgreifen!“ Und da kam’s. Auf einmal machte er mehrere große, weite Schritte hintereinander. Ich lobte – boah, was für eine Qualität im Schritt. Die muss ich rausreiten können. Also – die muss er mich rausreiten lassen.
Er könnte wirklich großartige Gangarten haben und zeigen, wenn er sich nicht selbst so im Weg stehen würde und sich innerlich so blockieren würde beim Gehen. Gut, er wurde schließlich lange Zeit blockiert, er hält diesen Schutzmechanismus ja noch für richtig, aber er wird lernen, dass er das nicht mehr braucht.

Wieder einer dieser (wunderbaren) Tage, die mich nachdenklich stimmen. Ich hatte immer das Gefühl, kein echtes Talent zum Reiten zu haben. Wer mich später kennenlernte, schüttelte immer den Kopf darüber. Ich war sicherlich fleißig, und ich hatte immer den Ehrgeiz (wenn ich denn überhaupt einen hatte), auf dem Pferd und mit dem Pferd schön auszusehen und eine gute Beziehung zu haben. Das war mir immer wichtig. Und klar wollte ich immer ganz viel können 🙂
Talent aber, so dass einem das gute Reiten einfach zufliegt, hatte ich meiner Meinung nach nicht. Also nicht übermäßig jedenfalls. Also habe ich mir eine sehr gute theoretische Grundlage angeeignet (ich bin immer wieder entsetzt, wie unwichtig das vielen ist…), habe viel beobachtet (auch das ist vielen viel zu unwichtig) und wollte schon immer lernen. Und ich durfte zum Glück auch auf viele Pferde, die etwas konnten. Was braucht man dann noch Talent…?

Aber ich glaube, ich hatte immer schon Gefühl. Früher viel, viel Angst, aber dennoch Gefühl. Ich bekam schon früh immer viele Pferde zum Reiten angeboten. Ein Warum habe ich nie hinterfragt, ich habe die Gelegenheiten begeistert genutzt. Vielleicht habe ich anderer Leute Pferde einfach nur nicht kaputt gemacht und durfte deshalb auf so viele Pferde rauf. Was meiner Gefühlsschulung natürlich noch enorm weitergeholfen hat, denn ich bekam sehr früh sehr viele Vergleichsmöglichkeiten. Daher kann ich mich heute so völlig unkompliziert und blitzschnell auf jedes fremde Pferd einstellen und finde so schnell die „richtigen Knöpfe“.
Und was ich immer schon konnte – ich wusste es damals nicht, das wurde (mir zumindest) erst viel später klar – ich habe niemals ein Pferd im Schritt verschlechtert. Ich habe, wie so viele, anfangs nicht verstanden, was der Satz „der Schritt ist die schwierigste Gangart“ wirklich bedeutet. Heute weiß ich es, und es stimmt, zumindest es er die am leichtesten zu (zer)störende Gangart. Warum auch immer konnte ich schon immer den Schritt erhalten oder verbessern, einfach indem ich den Pferden hierbei den Freiraum ließ, den sie zum Schreiten brauchen. Und offenbar habe ich ein angeborenes Taktgefühl und eines (ist das vielleicht Talent?), das mich die Pferde zwar formen ließ, diese Formen aber nie gegen die Bewegung gerichtet hat. Also dieses Mitgehen können, halten ohne festzuhalten und loslassen ohne fallen zu lassen, das muss bei mir schon ein ganz frühes Gefühl gewesen sein. Das hat mir später ermöglicht, Pferde, die unter dem Reiter lahmten (zügellahm) wieder in ihren Takt zurück zu reiten und mächtige Bewegungen aus Pferden herauszukitzeln, ohne sie bei der Ausführung zu stören.
Joya war es, der mir all‘ das so richtig bewusst gemacht hat – dieses Pferd mit dem ungeheuren Gangpotential, das er jahrelang nicht rauslassen durfte, dieses völlig verklemmte Pferd, das im Schritt nur lahm ging und schwer mit seinem Gleichgewicht zu kämpfen hatte – was hat der später gewagt, für Bewegungen aus sich heraus zu lassen!
Die im Endeffekt in dieser spektakulären Laufcourbette mündeten, etwas, was ich zuvor selbst ja noch nie erlebt hatte. Diesen Mut, Bewegungen zuzulassen, der ist es, der jetzt meinen jungen Pferden so sehr zugute kommt.

Und da war gerade das Wort, das vielleicht der Schlüssel zu all‘ dem ist: Gleichgewicht.
Ich sorge immer, immer und immer für Gleichgewicht. Und das schnell. Und dennoch flexibel. Und ich möchte immer nur das Nötigste in der Hand haben, scheue mich aber nicht, zehn Kilogramm in die Hand zu nehmen (in Form eines Zügels), wenn das Pferd eben diesen Halt jetzt braucht, weil es sonst schlicht nicht im Gleichgewicht gehen könnte. Ich kann aber auch immer sofort wieder loslassen, wenn das Gleichgewicht da ist.

Langer Rede kurzer Sinn: Nacariño lässt mich das alles gerade in einer solchen Deutlichkeit spüren, diese Stärken, die ich reiterlich habe, das Gefühl, das Gleichgewicht, das Rauslassenkönnen von Bewegungen, das dennoch Einrahmenkönnen. Und dabei noch diese Routine aus diversen Reitweisen in fast vierzig Jahren und mehr als  tausend gespürten Pferden (ich habe vor vielen Jahren bei 800 aufgehört zu zählen. Tausend müsste ziemlich genau hinkommen). Daher diese ganzen Gedankengänge. Weil auf einmal alles so logisch erscheint. Warum er vielleicht gar nicht anders kann, als jetzt ein „ganz normaler Fünfjähriger“ zu werden. Ich behindere ihn nicht dabei. Und ich behindere ihn nicht dabei, so zu sein, wie er ist.
Durch das Stärken der Stärken die Schwächen schwächen…

Vor kurzem hatte ich so das Gefühl, er wird mein größter Lehrmeister bislang. Das ist so sicherlich nicht richtig (danke, Amigo! Danke, Franco! Danke, Fàscino! Danke an noch ein paar ganz ganz wichtige und viele, viele semi-wichtige!), aber er wird auf jeden Fall der, bei dem ich am bewusstesten wahrnehme, wann ich ihn ausbilde und wann er mich :-)

Ich werde oft gefragt, ob das nicht ungeheuer viel Arbeit sei, so ein (irres) Pferd.
Hmmm, ich kann darauf immer nicht so Recht antworten. Ja, sicher gibt es mega anstrengende Phasen. Körperlich, wenn ich zusehen muss, oben zu bleiben, weil er mit 120 Sachen über den Platz fegt; mental, weil er ein so schneller Denker ist und das von seinem Reiter verlangt, sonst lässt er den schlicht am ausgestreckten Arm verhungern; zeitlich, weil nicht immer abschätzbar ist, wie lange eine Sache benötigt bei ihm.
Das mag man als „Arbeit“ bezeichnen. Finde ich aber nicht passend. Ich kann völlig erschlagen nach Hause kommen, weil Nacariño mich derartig gefordert hat, und es wird noch viel, viel Zeit in Anspruch nehmen, bis wir ein super tolles, vorzeigbares Team sind, aber ich empfinde das, was ich derweil mit ihm und für ihn tue, nicht als „Arbeit“. Ich wüsste allerdings auch nicht, wie ich es sonst bezeichnen soll. Ich „arbeite“ nicht mit meinen Pferden. Ich „arbeite“ meine Pferde nicht. Ich sage nie, ich muss den und den noch „arbeiten“. Das widerstrebt mir total. Ich arbeite höchstens für meine Pferde, damit die ein Dach über dem Kopf und was zu essen haben 🙂

Zurück in die Gegenwart 🙂
Den letzten Kilometer legten wir am hingegebenen (!) Zügel zurück – entspannt, zufrieden, von Herzen glücklich miteinander. Nic wollte gerade aufsitzen, als ich ankam, ihr fiel sein anderer Blick, sein anderes Gesicht auf. Die Ruhe und Zufriedenheit, die er ausstrahlte. Das Weiße in den Augen war kaum zu sehen. Tanja war vor kurzem aufgefallen, dass er kaum noch mit dem Gebiss klappert – mir war es überhaupt erst aufgefallen, als er es mal wieder ganz kurz tat, da fiel mir auf, dass dieses Geklapper im Prinzip weg ist. Da war ich mir ja gar nicht sicher, ob ich so eine Angewohnheit je ganz würde „bereinigen“ können – aber offenbar erledigt sich das nebenbei von selbst.
So, so glücklich… 

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Dienstag, 16.2.

Das Wetter war sagenhaft schön – winterlich kalt, aber den ganzen Tag strahlender Sonnenschein. Da musste natürlich die Kamera mit in den Stall!

Nacariño weiß zu kriegen ist zur Zeit nicht möglich, zumindest nicht an den Beinen, alles, was unter der Decke liegt, geht ja, aber Hals, Kopf und Beine sind zur Zeit einfach der Jahreszeit angepasst 🙂

Dennoch – ein paar wunderschöne Portraitaufnahmen sind entstanden:

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Schließlich machte ich noch ein Bild von beiden – bei diesem aufmerksamen Blick halfen die beiden neuen Shettys nach. Nacariño hatte die so bewusst bislang wohl noch nicht wahrgenommen – jetzt machte er einen entsetzten Satz rückwärts, als er die auf dem Platz sah. Allerdings auch nur diesen einen Satz, danach wollte er unbedingt da hin! Das wird noch spannend, wenn wir die mal zusammen lassen… 🙂

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Danach stand mal wieder Hänger auf dem Plan, ich wollte mindestens zwei Mal verladen heute und der erweiterte Plan war auch, tatsächlich mal die Klappe zuzumachen und eine kleine Runde zu fahren, wenn ich gut hinten zumachen konnte. Wovon ich ausging.
Nacariño probte vor dem Hänger mal wieder, ob der Strick gegenhält und der war leider eine Nuance zu lang, als dass ich seinen Kopf noch hätte fixieren können – weg war er.
Er lief zum Platz, war da von Litze und Stallwand begrenzt, ich holte ihn mir wieder, ging zurück zum Hänger – und jetzt zog er so vehement weg, dass ich keine Chance hatte. Allerdings war der Weg zum Platz kurz und der Strick lang genug, so dass ich ihm hinterher hechtete und das letzte Fitzelchen Strick noch in der Hand hatte, als er zum Stehen kam. Und nun probierte ich etwas aus, was sich auch später noch rächen könnte (aber ja nicht muss. Abwarten.) – ich donnerte ihn ein paar Sekunden zusammen. Machte mit den Füßen Lärm auf dem Asphalt, brachte ihn mal ganz kurz, aber massiv in Bedrängnis, er überlegte schon kurz, über den Zaun auf den Platz zu springen, aber da war der Spuk schon vorbei. Ich stand da ruhig und entspannt und wartete, dass er sich zu mir dreht. Er war noch ganz auf Gegenwehr, schnaubte, rollte mit den Augen, fauchte. Dann fing er an zu überlegen, ich sagte etwas ruhiges, freundliches und ging ein wenig auf ihn zu. Er kam an, ließ mich seinen Kopf in den Arm nehmen und wollte wissen, ob ich das eben mitgekriegt hätte? Was war das denn?? Hihi, ja, ich hatte es mitgekriegt. Dieses verdammte Abhauen muss aufhören und mit ganz viel Glück habe ich hier einmal kurz den idealen Moment erwischt – mit Pech habe ich mir ein neues Problem geschaffen. Glaube ich aber nicht. 
Ich nahm ihn wieder mit Richtung Hänger, alles jetzt wieder auf Ruhe und Freundlichkeit ausgelegt, hatte ihn zum Glück reichlich kurz, wollte nichts dem Zufall überlassen, und das war auch gut so, denn auf halbem Weg wurde er fest und probte kurz dem Zug am Strick. Ich nahm ihn sofort ganz kurz, sah ihm in die Augen, baute mich vor ihm auf und raunzte ihn heftig an „Du lässt das bleiben! Lass diesen Scheiß nach!“ – und war in der nächsten Sekunde wieder ruhig und entspannte mich. Nicht nur er ist schnell mit Spannungswechseln, pah, das kann ich auch! 
Er maulte vor sich hin, gab aber sofort nach.
Der gefährlichste Moment würde nun der im Hänger sein, wenn ich zwischen ihm und der Stange war, also nicht mehr nah am Kopf, weil ich ja erstmal diesen Strick um die Bruststange legen musste, um im Zweifel gegenhalten zu können. Er musste also schon relativ sicher und ohne Fluchtgedanken auf der Rampe stehen. Das tat er nach kurzer Zeit, ich tastete mich behutsam von ihm weg Richtung Bruststange, legte den Strick darum und nun konnte ich warten. Ich musste gar nicht lange warten, er kam relativ gut nach oben, fraß, blieb entspannt stehen und ich konnte den Strick wieder durch das Fenstergitter tüddeln, mich langsam nach hinten bewegen und problemlos die Stange hinter ihm zumachen. Cool!
Fahren oder nicht?
Keine vier Wochen mehr bis Krämer. Da durfte er auf gar keinen Fall abhauen (ich brauche Leute, die beim Verladen die beiden Einfahrten sichern – wer kommt mit? Hihi…). Also – fahren. 
Klappe zu war kein Thema, Nacariño stand wie ein Baum, ich fuhr ganz behutsam los und einfach zwei Kilometer durch’s Dorf.
Wieder auf dem Hof lobte ich Nacariño überschwenglich, es gab eine Möhre, die freute ihn sichtlich, ansonsten hatte er bereits auf diesem kurzen Stück angefangen zu schwitzen. 
Also wird jetzt mindestens einmal pro Woche eine kleine Runde gefahren!

Er durfte auf den Platz zu Dón und Merlin und ich nahm mir alle abwechselnd mal vor und spielte mit ihnen. Sie standen nachher so dicht und drängten sich immer vor („Ich will!“ – „Nein ich!“ – „Nein ich jetzt!“), es war zu süß. Bei Nacariño war da Kompliment ein Thema. Das hätte ich mir bei Dón viel einfacher vorgestellt, der hat da aber keine Idee zu, den ersten Zufallserfolg, als ich noch neu hatte, konnte ich leider nicht wiederholen bislang, allerdings lassen die Wetterverhältnisse ja auch seit Monaten selten zu, so etwas zu machen. Heute hatte der Platz ein paar – trockene Stellen kann man nicht sagen, aber zumindest ein paar Stellen, die nur feucht glänzten, aber in denen kein Wasser stand…
Solche Stellen nutzte ich nun. Ich hatte Möhren dabei (länger als Leckerlies, damit sind die Finger nicht so in Gefahr…). Ich hatte Nacariño vor ein paar Tagen in seiner Box einmal runter gebeten – er wollte unbedingt irgendwas machen, ich wollte aber nichts „großes“ mehr anleiern und so hatte ich da einfach mal nach Kompliment gefragt. Und tatsächlich ließ er sich zu meiner großen Verblüffung beim dritten, vierten Versuch auf das Röhrbein sinken. Ich konnte das schließlich richtig ablegen und dann wurde er auch weniger hektisch – bis dahin war er so am Schleudern mit seinem Kopf und immer zwischen fallen lassen und aufspringen, puh, das geht in’s Kreuz, wenn man dabei das Vorderbein halten will, damit er Sicherheit gewinnt.
In der Box jedenfalls hatte es schließlich zwei Mal so gut geklappt, dass er das Bein ablegte und mehrere Sekunden liegen ließ.
Das fragte ich nun hier also auf dem Platz an, während Merlin und Dón sich um uns herum drängten und unbedingt mitspielen wollten. Insbesondere Dón wurde sehr aufdringlich, was es Nacariño nicht gerade leichter machte. Aber – er machte es sofort! Ich bekam zwei, drei Kompliment… (in dem Fall – Komplimente? Kompliments??) und war ehrlich verblüfft darüber, dass er sich damit auf einmal so leicht tat und Dón so schwer. Tja, so haben sie eben doch alle ihre unterschiedlichen Talente und Neigungen, und die können sich auch ändern (die Neigungen zumindest), denn bei Nacariño war an irgendetwas komplimentähnliches anfangs ja überhaupt nicht zu denken!

Zur Belohnung durfte er noch einmal auf den Hänger 🙂
Über das Thema „Belohnung“ müssen wir nochmal reden, meinte er, stellte sich vor den Hänger und setzte das absolute Trotzkopf-Gesicht auf. Zu niedlich. Und erfolglos, er sollte es inzwischen besser wissen. Trotzig kann ich auch. Jetzt erst Recht. Er hängt sich mit hundert Kilo in den Strick, der lag schon um die Bruststange und ich hatte Zeit.
Die brauchte ich auch, denn dieses Verladen dauerte lange. Ich erhöhte gedanklich von einmal pro Woche fahren auf zwei Mal pro Woche. Das ist zwar immer aufwendig mit Ankuppeln und so, aber ich will, dass Hänger Routine ist und gerade Nacariño eine weitere Fahrt keine Angst macht. Ich möchte ihn dieses Jahr schon gerne ein bisschen mitnehmen, und natürlich ist kein einziger Veranstaltungsort so nah wie Krämer. Zum Glück ist das die Premiere, aber die Steigerungen, die dann so anstehen, sind auch gleich happig, keine Fahrt unter einer Stunde, eher mehr, bei den Orten, die ich so im Kopfe habe. Da muss Hänger für ihn also noch viel, viel selbstverständlicher werden.
Es dauerte wie gesagt lange, bis er oben war, aber er war es irgendwann. Ich lobte, ließ ihn fressen, entfernte mich nicht, machte auch nichts zu, stand einfach eine Weile hier mit ihm oben und kraulte.
Schließlich ging ich mit ihm zusammen runter und er durfte wieder auf den Platz.

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Mittwoch, 17.2.

STRIKE!!! 

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Nacariño war auf höchster Alarmstufe, als ich kam, und wich mir, als ich mit Halfter in die Box kam, sofort aus. Die Fahrt (oder was sonst an dem Tag) hatte ihm offenbar ziemlich zugesetzt. Will heißen: heute Kuschelkurs vom Feinsten. Und so tüddelte ich mit ihm rum ohne irgendein konkretes Vorhaben. Es ergab sich dann aber, dass Meike gerade eine Hand frei hatte und ich bei dem tollen Wetter, dass für morgen schon wieder ganz schlecht angesagt war, doch gerne die Chance für ein Kompliment-Foto nutzen wollte.
Und so nahm ich Nacariño, der erstmal genau prüfte, wo der Hänger stand und wo mein Auto 🙂 mit zum Platz. Er war immer mehr zum Spielen aufgelegt, wurde immer aufgekratzter, durfte noch ein paar Minuten grasen, weil Meike noch nicht kam, und das fand er natürlich großartig. Danach war er vollends zum Spielen aufgelegt und ich bekam drei Kompliments, bei einem kam er sogar, als er schon aufstehen wollte, noch einmal runter. Großartig!!

Danach brachte ich ihn direkt wieder in die Box, kuschelte noch einen Moment mit ihm, aber seine Welt war wieder in Ordnung. Schade, dass das Wetter jetzt so blöd angesagt, ich sollte demnächst mal wieder reiten und gucken, ob er dabei noch immer der „normal Fünfjährige“ ist – schon spannend! 

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Dienstag, 23.2.

Eine schlecht gewählte Reihenfolge aus zu viel zu tun, Sauwetter und einem grippalen Infekt sorgt derzeit leider wieder für eine Zwangspause… Bald starten wir wieder durch!

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Montag, 29.2.

Die (Zwangs-)Pause war Nacariño nicht so gut bekommen. Der hatte kein Benehmen, als ich denn dann am Freitag unbedingt mal wieder reiten wollte. Er war wieder so echt Nacariño, wenn auch natürlich längst nicht mehr so schlimm, wie’s mal war. Aber dennoch immer wieder fest, immer wieder schreckhaft, immer wieder schnell und unhandlich, aber eben auch immer wieder bereit, zuzuhören und schließlich losgelassener und zufriedener. Dann ließ er mich auch treiben, und nachher ließ er den Hals immer wieder mal schön fallen und hier und da ließ er im Trab auch schon mal ein klein wenig Schwung durch.

Der nächste Tag war gleich wieder besser, bei ihm muss ich einfach aufpassen, nicht zu lange Pausen entstehen zu lassen. Aber das gute Wetter kommt ja erst noch 🙂

Am Sonntag hatte endlich mal wieder jemand eine Kamera in der Hand und ich wollte natürlich gerne Bilder davon haben, wie er den Hals lang macht und schön über den Rücken trabt. Ist ja nicht so, dass das nicht phasenweise schon mal möglich wäre.
Aber doch nicht vor der Kamera! dachte er und wurde höchst albern. Er schüttelte den Kopf – das kann er mit einer ungeheuren Gelenkigkeit in jeder Gangart und jedem Tempo, da wird einem schon mal komisch da oben! Er warf seine Beine um sich – das darf er ja gerne, je freier seine Bewegungen werden, um so besser, sie wurden aber nicht nur freier, er schlug durchaus auch einfach mal mit den Vorderbeinen durch die Luft oder keilte aus – macht zwar auch alles frei, aber die losgelassenen freien Bewegungen sind mir dann doch wichtiger 🙂
Die provozierte ich also, indem ich ihn provozierte, um ihn dann, wenn er sich mehr spannt, bewusst loszulassen und selbst ganz weich zu werden, damit er es auch wird. Gar nicht immer einfach, zumal er ja nicht sofort mitmacht, sondern die Spannung sehr lange halten kann, auch wenn ich schon längst im Kuschelmodus bin. Ich bekam aber schließlich doch etliche Meter sehr losgelassenem Trabes, die sich schlicht toll anfühlten! Das kommt jetzt langsam, er sucht immer schon mal behutsam Zug, macht sich nur einfach noch nicht lang genug, ist eher immer sofort bereit, sich kurz zu machen und sich zusammenzuziehen. Aber es kommt!

Ich fragte auch Schulterherein an, und wenn ich sehe, was für Bewegungsmomente seine Gegenwehr hervorbringt, fällt es mir nicht schwer, darauf überhaupt nicht einzugehen, schon gar nicht würde ich sowas je abstrafen, weil ich dieses Momente irgendwann ja mal haben will (in etwas anderer Form, weicher, aber vom Prinzip her stimmt die Idee), so dass ich seine Abwehrmomente immer nur versuche, wieder in das Gewünschte umzuleiten bzw. in’s Vorwärts, und wenn das Gewünschte da ist, verhalte ich mich möglichst still und lasse ihn machen und fühlen und mit seinem Körper umgehen. So hat er immer weniger Erfolg mit seinen Abwehrmaßnahmen, sie bringen ihm letztlich ja nichts, weil ich das, was ich haben wollte (freies Traben z.B.) ja irgendwann doch bekomme und er sich dann über das Lob freut. Auch wenn es nur zwei Tritte sind, ich bestätige und lobe ihn dann, so dass er immer mehr dahin kommt, sich für ein Lob zu bemühen und mutig zu werden, Bewegungen auszuprobieren. Das fehlt ihm einfach noch. Er ist so blitzartig zur Abwehr bereit, da hat er noch überhaupt nicht mitgekriegt, was ich gerne hätte, er sagt schon mal vorsichtshalber nein. Druck machen darf ich in solchen Momenten noch nicht wirklich, ich möchte aber dahin, dass ich dann treiben oder die Gerte anlegen darf, und wenn ich darüber auch nur nachdenke, droht er steigen, bocken, abhauen an. Ich muss also immer diesen Punkt dazwischen finden, ihn einerseits an seine Grenzen bringen, um ihn irgendwann darüber hinaus zu bringen, ihn dann aber nicht unter Druck setzen, damit er noch mitdenken kann und sich selbst gegen die Abwehr entscheiden kann. Das klappt immer häufiger, weil er mir immer mehr vertraut und immer mutiger wird. Diesen Mut brauche ich, ich brauche Draufgänger-Pferde, und das ist er zwar, aber noch nicht in den Momenten, in denen ich das gerne hätte 🙂

Immer wieder kommt zwischendurch ein kleiner Gruß von Joya. Das ist mal eine einzige Bewegung eines Vorderbeines, mal ein Blick, und in der nächsten Sekunde ist er wieder Nacariño. Aber er wird, denke ich, einmal die gleiche ungeheure Bewegungsqualität haben wie Joya. Ich stehe ihm dabei jedenfalls nicht im Weg! Er soll mal ruhig aus sich rauskommen, ich halte ihm alle Türen auf dafür 🙂

Schulterherein – erstmal vorsichtshalber wehren, dann aber auf beiden Händen schön:18 , 19 , 21

Auch beim Angaloppieren ist immer wieder mal der Rücken weg und die Hinterhand spurtbereit – rechts noch deutlich mehr als links. Rechts hebelt er mich manchmal einfach fürchterlich aus dem Sattel. Da ist an Sitzenbleiben phasenweise nicht zu denken…
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Dann aber – immer öfter – die Momente, in denen er sich loslässt, nachgiebig wird, mich treiben und sich runden lässt. Das ist im Grundtempo noch kaum variabel. Aber immerhin, schon mal ein Rhythmus! Und ich lege es wieder und wieder darauf an, ihn dann loslassen zu dürfen und zur Dehnung zu animieren. Das fühlt sich dann schon toll an und gelingt auch immer häufiger.
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Im Trab dann schon richtig gute Momente: Nase vorne, gute Hinterhandaktivität, die Schulter wird langsam freier. Der Trab wird langsam ein bisschen verschiebbar im Raumgewinn, allerdings muss Nacariño im Kopf dafür bereit sein. Sein Körper kann es, sein Kopf steht ihm bloß ständig im Weg 🙂
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Ach, wir haben schon Spaß aneinander!
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Am Montag war es eisig kalt, aber wieder sonnig – perfekter Verlade-Tag, dachte ich so bei mir. Also Hänger angehängt, das Schimmel-Trio war aber gerade auf dem Platz und die Zeit nehme ich ihnen ja immer äußerst ungerne weg, so dass ich erstmal eine Handpferde-Runde durch’s Gelände drehte mit Fàsci und Lilly.

Danach nahm ich Nacariño vom Platz und stellte ihn auf den Hänger. Er betonierte sich auf der Rampe ein und dachte geschlagene fünf Minuten über den Sinn des Lebens im Allgemeinen und den Unsinn des Verladens im Besonderen nach. Pfff, ich hatte Zeit…
Irgendwann war er dann mit Nachdenken so weit fertig und dann ist es immer witzig – erst hängt er sich minutenlang in den Strick, da bin ich nur heilfroh, wenn der um die Bruststange gewickelt ist, sonst könnte ich das nicht halten. Und dann, gefühlt von jetzt auf gleich, tapert er hoch. Der Moment zwischen Rampe und Hänger ist der, über den er jedes Mal intensiv nachdenken muss. Na, kann er ja machen. 

Er war also schließlich oben, ich habe gar nicht lange gefackelt – Stange zu, kuscheln, Klappe zu, kuscheln, Tür zu und losfahren. Habe ihn fünf Minuten durch den Ort und dann auf dem Hof einmal kurz rückwärts gefahren. Dann gingen Merlin und Dón hinter dem Hänger vorbei zum Stall, und das fand er überhaupt nicht witzig! Er rüpelte auf dem Hänger rum, war sehr ruppig, das ist dann sein Ausdruck von Stress, aber er war weder warm noch anderweitig unruhig. Also habe ich erstmal in Ruhe die Äppel weggenommen und ihn dann erst runter gelassen, als er etwas entspannter war. Er ging ganz ruhig runter. Super!

Ich nahm ihn als Handpferd mit ins Gelände, Dón und er waren unternehmungslustig und gehfreudig und ich dachte auf einem ersten Galopp mit beiden herum. Die Vernunft siegte, da sich der Trab so toll anfühlte, Nacariño lief größtenteils am durchhängenden Strick und Dón entspannte sich immer mehr und dehnte sich schließlich, das wollte ich mit einem Galopp nicht kaputt machen. Zumal kaum, dass ich darüber nachdachte, Nacariño sehr albern wurde und Dón erstmal herzhaft in die Schulter biss, und da ich beiden durchaus zutraue, aus Jux mal auszukeilen, verschiebe ich den Galopp mal auf einen anderen Tag. Das ergibt sich schon noch. Soll ja keine blöden Ideen wecken.

Es war inzwischen ungeheuer kalt, mir fror das Gesicht ein, aber es war trotzdem zu schön in der Sonne und richtig toll war einmal das Geräusch der Hufe auf dem Asphalt, als sie über gut 300 Meter im Gleichschritt gingen. Zu schön!

Wir kamen total entspannt und zufrieden nach Hause. Und wenn man irgendwo hin gefahren ist und was Schönes zusammen erlebt hat, muss man ja auch wieder nach Hause fahren. Ich verlud also noch einmal, wieder brauchte Nacariño einen Moment, aber er zeigte keine größere Gegenwehr als beim ersten Verladen. Nicht so wie letztes Mal nach der kurzen Fahrt, beim nächsten Verladen war er da ja doch deutlich unsicherer.
Er war also wieder oben, ich machte alles dicht und fuhr wieder eine Runde durch’s Dorf.
Danach war Nacariño deutlich entspannter als zuvor, ging ganz ruhig runter – und ich führte ihn gleich wieder rauf. Das überraschte ihn ein wenig, aber er zögerte nicht lange.
Ich lobte und ließ ihn wieder runtergehen und dann alberten wir noch ein bisschen herum.

Das war der Moment, in dem ich dachte, nun kann ich alleine mit ihm losfahren. Zum Beispiel zu Krämer. Ich möchte die ersten Touren kurz halten, aber ich denke, jetzt könnte ich wirklich alleine mit ihm auf Tour gehen. Freu freu freu!!!