24. + 25.2. – Seminar „Einfach richtig reiten“

War das ein großartiges Wochenende!!
Nicole Künzel hatte vor zehn Monaten die Idee zu dieser Veranstaltung, die nun in der (geheizten!) Niedersachsenhalle in Verden stattfand und vom Evipo-Verlag, von der Uelzener Versicherung und der Reiter Revue präsentiert wurde.
Ich war schon am Samstag Vormittag froh, beide Tage gebucht zu haben. Denn schon da war erkennbar, dass es sehr spannend sein würde, die Referenten und deren Pferde einen weiteren Tag erleben zu dürfen.
Ich war vorrangig auf der Jagd nach Zitaten, wollte Schlüsselsätze aufschnappen, die den jeweiligen Ausbilder ausmachen.
Ich könnte jetzt die gesammelten Zitate ja einmal hinschreiben und Sie raten, wer was gesagt hat 🙂 – denn eines wurde sehr deutlich an diesem Wochenende: das gemeinsame Harmoniebedürfnis und der Respekt und die Achtung gegenüber den Pferden und deren Leistung. Die Referenten kamen aus so unterschiedlichen Lagern und waren sich in vielen Dingen doch so erfreulich ähnlich.

Pete Kreinberg eröffnete. An der Hand hatte er die vierjährige Quarter-Horse-Fuchsstute „Missy“, die zum ersten Mal von zu Hause weg war und der schlicht die Augen aus dem Kopf fielen – „Die hat eine ganz kurze Lunte!“. Sie kam rein wie ein Spanier und sah so überhaupt nicht quartermäßig aus.

Missy -“Die hat das Wesen eines Border-Collies” – war ein wenig angeritten, aber aus Zeitgründen noch nicht weiter ausgebildet. Sie lebt in einem Offenstall mit drei anderen Pferden, eines davon wartete nun hier in den Verdener Gastboxen. Und so konnte Pete einiges erzählen zu Herdenverhalten und dazu, was (für ihn) wichtig ist, um dem Pferd das Zusammensein mit dem Menschen so angenehm wie möglich zu machen, damit es seinen Herden- und Fluchttrieb mit der Zeit weitmöglichst unterdrücken kann – “Wie kann ich das Schaltkästchen zwischen den Ohren so programmieren, dass das Pferd immer mehr auf meiner Seite ist?”. Er wies auf neben dem Herdentrieb auf typisches Pferdeverhalten hin, erklärte Horsemanship in seiner ursprünglichen Form und kritisierte die aktuelle Ausartung. „Ohne Stress geht Ausbildung nicht! Konflikte sind da, aber Konfrontationen müssen aufgelöst werden. Wer bewegt wen?“
Pferde reagieren immer, wenn ihnen etwas unangenehm ist, mit Ohren anlegen, Kruppe oder Schulter zeigen, dann Hinterbein. Die Anzeichen sind immer da und immer höflich. Diese Anzeichen werden nur oft nicht erkannt.
„Das Pferd hat auf Distanz zu gehen! Nicht wir!“

Er erläuterte auch den Sinn, alles von beiden Seiten zu machen, weil man selbst sich ja auch auf einer Seite sicherer fühlt. “An geraden Tagen rechts führen, an ungeraden Tagen links!” war hierzu (s)ein ausgezeichneter Tip.

Pete erklärte seine Ausrüstung und warum die Wassertrense einwirkungslos zur Gewöhnung im Maul liegt. “Es muss kein Knotenhalfter sein!” – wie symphathisch.
„Der Nasenkontakt der Zäumung – egal welcher – sagt, was die Beine tun sollen.“
Auf die Beine achten, immer in die Schwebephase das Signal setzen (außen zum Weichen, innen zum Kommen). „Emotion geht beim Pferd sofort in die Beine!“

Die Gentle-Touch-Methode wird taktisch / sensorisch angewandt, Pete erklärte einige Signale und man sah die anfangs fragende, später souverän vertraute Reaktion von Missy, die sich immer mehr entspannte. Wer es nicht sehen konnte, dachte vermutlich „Wie langweilig. Der macht ja gar nichts. Der läuft ja bloß mit der rum.“ Während dieses Rumlaufens und nichts tun – “Rituale erarbeiten gibt Sicherheit” – bekam Missy aber jederzeit feinste Signale – welche Distanz erwünscht ist, dass ihr in Petes Nähe nichts passieren kann, dass sie richtig reagiert hat – “Es ist gut, wenn wir unser Handeln ordnen”.
Pete beschrieb (oh, wie richtig…), dass die meisten Menschen (wobei er hier durchaus immer wieder in Richtung der Frauen piekste, die ja in großer Überzahl anwesend waren) bei diesem Pferd ständig am Sabbeln und Ziehen und Zerren und Korrigieren wären. “Nicht Korrektur – Grenzensetzung!” nannte er das, was er tat, und damit hatte er Recht. Genau genommen war nicht ein einziges Mal eine echte Korrektur oder Zurechtweisung erkennbar, aber ständig ein auf-das-Pferd-achten (dafür musste er sie hinter sich nicht sehen), eine wunderbare Wahrnehmung und eine schnelle, feine Reaktion, die der jungen Stute ganz klar vermittelte, was erwünscht war und was nicht und die ihr in kürzester Zeit eine ungeheure Sicherheit gaben. „Ich bin sehr dankbar dafür, hier die Zeit zu haben, die für ein solches Experiment ideal ist. Ich hätte nicht sagen können, was sie hier heute macht.“

Pete nutzte Pylonen und später auch die beiden Planen und erläuterte hieran eine ganz einfache Grundlage: “Weichen – Warten – Willigkeit”. Wenn das Pferd zu weichen und zu warten gelernt hat, wird es automatisch willig und möchte dem Gewünschten entsprechen.
Das zeigte sich hervorragend an der ersten Plane, vor der Pete Missy immer ausbremste, wenn ihre Augen groß wurden, ohne jedoch rechts oder links eine Alternative zu bieten, so dass Missy nach kurzer Zeit von selbst über diese Plane wollte. So vermied er jede Konfrontation.
Diese Plane kannte sie möglicherweise – die in der Mitte liegende der Uelzener Versicherung kannte sie jedenfalls nicht. Nach dieser Vorbereitung jedoch ging sie im ersten Anlauf rüber, zwar mit großen Augen und viel Knieaktion, aber ohne über eine Alternative nachzudenken.
Hier griff Pete den Spruch der Versicherung auf: Mensch – Tier – wir.

Pete fragte „Wie lange habe ich noch?“ – das fragte er öfter, und aus drei Minuten wurden dann auch mal schnell zehn – „Gleich. Nur noch eben kurz…“ Nahm niemand übel. Es war so toll, ihm und Missy zuzuschauen. Man sah Moderator Christian Kröber aber zwischendurch immer so schön an, wenn er eine Frage hatte, er näherte sich dann mehr oder weniger unauffällig dem Referenten. Er wurde nun auch langsam etwas ungeduldig, wollte er doch den Zeitplan einhalten. Aus eigentlich „noch drei Minuten“ wurde dann plötzlich und wirklich unerwartet ein Aufsitzen und Losreiten – damit hatten wir nicht gerechnet. Missy war nicht mehr das Pferd, das sie noch vor 40 Minuten (50? 60? Keine Ahnung. Ich guckte an dem Wochenende nicht ein einziges Mal nach der Zeit) war und trabte und galoppierte einfach so kreuz und quer durch die Bahn, schnell und mental entsptannt auf die geschickten, klaren Hilfen ihres gefühlvollen und außergewöhnlich souveränen Reiters reagierend.

Pferde (und Menschen!) lernen am besten in Dreier-Ketten – “Um Pferdetrainer zu werden, muss man nur bis 3 zählen können!” Ganz so einfach wird es wohl doch nicht sein, auch wenn es hier so einfach aussah. „Einfach ist nicht einfach zu lernen!“

Er ließ sich die Plane geben, und das wirkte nun, als hätte er das mit Missy noch nie gemacht (was bei ihm durchaus vorstellbar ist) – er trabte und galoppierte einfach los, die Plane flatterte hinterher, er drehte Missy auf der Plane, die einfach vertrauensvoll und gehorsam mitmachte. Unglaublich.

Und nochmal ein kleiner Seitenhieb zu den vielen Frauen im Publikum: “Süß, ne?”

Ja. Süß. Und absolut fantastisch! Missy wurde noch applausfest gemacht – „Die Pferde nicht vom wahren Leben fernhalten! Irgendwann kommen wir im wahren Leben an. Macht Stresstests!“ Missy reagierte jedenfalls deutlich besser und schneller als das Publikum, das auf Petes Kommando applaudieren sollte. Da wussten manche aber nicht, in welcher Reihe sie saßen („Mal nur die erste Reihe!“) oder was laut und leise und jetzt ja und jetzt nicht heißt… Missy nahm den Stresstest mit bis dahin größtmöglicher Gelassenheit. 

Absolut hochverdienter Applaus für diese gigantische Eröffnung!

Aus einem Seminar brachte Pete den Spruch einer Teilnehmerin mit, deren Pferd “reinkam wie ’ne Bahnschwelle und rausging wie ein Luftballon.” Da ging es zwar um ein mehr oder weniger stumpfes Pferd, das in der Einheit sehr fein wurde, aber so ähnlich war es mit Missy, die zwar keineswegs wie eine Bahnschwelle reinkam, aber wie ein Luftballon rausging.

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Planen und Pylonen wurden gegen einen Working-Equitation-Parcours ausgetauscht.

Stefan Schneider war der Nächste, und er hatte bedauerlicherweise den Spruch mit der „Kurzen Lunte“ mitbekommen. Als er den zum zehnten Mal anwandte, rollten wir mit den Augen. Das war nervtötend. Zudem kam wiederholt „Wie Sie eben bei Peter Kreinberg gesehen haben…“ – allerdings hatte man es da dann doch ganz anders gesehen.

Aber von vorne: Zuerst präsentiert sich an Stefans Mischung aus Doppellonge und Langem Zügel der 18jährige Le Noir, Uta Gräfs Erfolgs-Dressurpferd, ein Holsteiner von Leandro / Caletto I („Springpedigree! Gucken Sie nicht auf’s Papier!“), der herrlich frisch und durchlässig durch die Working-Equitation-Hindernisse passagierte und piaffierte.

Le Noir war super an der Stimme und ging toll über den Rücken. Er zeigte auf Distanz super Übergänge zwischen Versammlung und vorwärts/abwärts sowie eine tolle Mischung aus Spannung und Entspannung. Er hatte sichtlich Spaß daran, das Publikum zu begeistern.

Stefan erzählte, dass er diese Arbeit mit so ziemlich allen Pferden des Hofes und auch mit den Korrekturpferden macht – „Die meisten Pferde sind stumpf am Bein. Uta sagt immer: Die Bee schee henge losse!” (Das muss einfach im O-Ton stehen bleiben)
Uta Gräf wurde kurz interviewt, während Stefan sein nächstes Pferd holte, und sie, die totale Symphathieträgerin, sagte: “Le Noir hat mich zu besserem Reiten erzogen.”

Stefan kam wieder herein, an den Leinen den 6jährigen Quintus v. Quadroneur / Sandro Hit, der 3jährig beim Team Gräf/Schneider angeritten wurde und seiner Besitzerin in der ersten Turniersaison, die sehr erfolgreich begann, plötzlich extremste Probleme bereitete. Quintus zeigte sich auch hier deutlich unter Strom – wahrlich keiner für jedermann. Man hätte ihn sich an der Hand von Pete Kreinberg gewünscht. Das wäre spannend gewesen!

Stefan erzählte leider nicht, was das Problem des jungen Pferdes war – „Ich freue mich ja, wenn Sie es nicht mehr erkennen können“ und „Ich erzähle Ihnen das in der Pause“.
Das half natürlich niemandem weiter, zumal es in der Pause auch nicht erzählt wurde. Zumindest nicht so, dass alle es mitbekommen hätten. 
Erkennbar war nur, dass Quintus‘ Lunte im Zweifel noch viel kürzer war als Missys, aber während es Pete gelungen war, an Missys Lunte etliche Zentimeter dranzubasteln, wirkte die Spannung und der Strom, unter dem Quintus stand, irgendwie ein wenig hausgemacht. Sein Problem wäre also durchaus interessant gewesen, um das Pferd und das, was Stefan mit ihm machte, zu verstehen.

Als drittes Pferd kam Stefan auf dem 15jährigen Lusitano XL do Pinheiro in die Bahn, und nun war endlich Working Equitation angesagt. Wir hörten zum unzähligsten Mal etwas von der „kurzen Lunte“, die dieses Pferd zweifellos hatte, und so zeigte Stefan, wie er daruf reagiert, wenn der speedtrail-erfahrene XL (gesprochen: Ceselle) die Aufgaben vorweg nehmen wollte. Endlich wurde es lehrreich! Das Tor wurde vorwärts und rückwärts durchritten, und das war wirklich sehr geil. Die erste Galopptour war etwas langatmig, aber an den Hindernissen sah man die wahre Passion dieses wunderbaren Pferdes.

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Es folgte die Referentin, auf die ich mich am meisten freute, da ich hoffte, dass sie ähnlich inspirierend sein würde wie auf der Pferd & JAGD in ihrer einstündigen Demonstration.
Sie übertraf sich selbst! Uta Gräf war aus reiterlicher Sicht das absolute Highlight dieser Veranstaltung!

Zuerst stellte sie den 10jährigen Feeling good vor, ein Fürst Grandios / Rivero II-Sohn, der nicht ganz zusammenzupassen schien – eine schöne runde Hinterhand und hinten „viel Pferd“, aber der Hals wirkte im Verhältnis dazu ein Drittel zu kurz. Und das überhaupt nicht, weil er durch Utas Hand eng gemacht worden wäre, keineswegs! Ihr war es offensichtlich zu verdanken, dass Feelings Hals überhaupt diese Länge erreichte.
Das war wirklich Dressurreiten vom Aller-Allerfeinsten, gefühlvoll, freundlich, souverän, klar, geschmeidig, euphorisch, enthusiastisch, liebevoll, strahlend, glücklich (machend).

Toll war, das Christian Kröber jedem Referenten während der Vorstellung zwei, drei Fragen stellte, die der Reiter dann direkt vom Pferd aus beantwortete.

„Ein Richter sagte mal, nachdem ich mit Feeli eine S-Dressur gewonnen hatte, der sei ja gut, aber kein Kracher. Ja, was denn dann? Für mich ist ein Kracher keiner, dem die Beine rausfliegen, sondern einer, der seinen Kram gut und gerne macht! Für mich ist er ein Kracher!”
Und das mit dem „seinen Kram gut und gerne machen“ tat Feeling good. Die Liebe zwischen den beiden drückte sich in den ganzen Bewegungen, in dem ganzen Zusammenspiel dieser beiden aus.
Dieses Pferd hat – in meinen Augen – Wahnsinns-Grundgangarten. Nicht, wenn man Lampenaustreter haben will, aber Feeling good besteht vollständig aus Takt und Rhythmus. Er war einfach nicht zu stören. Und Uta hat es – behutsam – versucht, indem sie die Zügellänge und das Tempo ständig variierte. Dieses Pferd blieb ein einziges Metronom. Unfassbar. Ich saugte mich mit Blicken an den beiden fest und dachte nur „Diese Losgelassenheit… Diese Durchlässigkeit… Ich will das auch!!“

Seinen Schritt bezeichnete Uta als “voll Bombe”, lobte, dass er immer handlich war, seine Ausbildung wenig Aufwand erfordere, weil er fleißig und „einfach süß!“ ist 🙂
Sie wollte ihn immer “spannend ohne Spannung” haben (was ihr gelang) und sagte am Ende “der hat seine Milch für heute gegeben”. Äähh… Ah ja.
Feeling good verließ sichtbar zufrieden mit sich (zu Recht) und voll bestätigt von seiner Reiterin die Bahn – mit einem Hals, der 20 cm länger war als zu Beginn.

Dann saß auch Uta um und kam mit einer ungeheuren Erscheinung in die Bahn: die wahnsinnig schöne Dunkelfuchsstute Fleurance, eine Fürst Romancier / Sir Donnerhall- Tochter. Mein Gott, was für ein schönes Pferd! Es war schon gut, dass sie als zweites Pferd kam, nach ihr hätte Feeling good – ohne sein Verschulden – noch viel unscheinbarer gewirkt.

Fleurance brachte noch nicht ganz die Durchlässigkeit und Leichtigkeit eines Feeling good mit, tat sich immer wieder ein wenig schwer damit, im Genick oben zu bleiben, und so wirkte dies wenigstens nicht wie die Vorstellung von Feeling, bei der man durchaus denken konnte „Toll. Aber da komme ich sowieso nie hin“, weil er einfach so außergewöhnlich taktsicher und leicht und tänzerisch war.

Während Uta diese herrliche Stute vorstellte, wurde Fleurances Besitzerin interviewt, Katrin Huber. Sie reitet die Stute selbst bis M-Dressur (Uta bis S), und ihr Traum ist eine Teilnahme an den Paralympics. Katrin hatte Anfang der 90er Jahre einen Motorradunfall und hat nun Einschränkungen im Rücken und einen gelähmten linken Arm. Uta, die in Rheinland-Pfalz die Behinderten-Reiter trainiert, erklärte, dass sie Fleurance dazu anhält, auf ein Anticken der Gerte das Genick zu heben, da das für Katrin leichter umsetzbar ist.

Es war einfach nur schön, ihr auch mit diesem Pferd zuzuschauen, da ihr ganzes Reiten von Freude, Gefühl und Wohlwollen geprägt ist. “Bei ihr merke ich vorher noch nicht so, wie stark ich die Hilfe geben muss. Meistens weiß ich’s hinterher.”

Utas Pferde waren im positiven Sinne „gleich“ – losgelassen, durchlässig, immer Zug zur Hand, immer über den Rücken, alles federt, alles schwingt, immer im Gleichgewicht.
Und sie sprach mir sooo aus der Seele…

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Herein kam Mampford – und sorgte für brüllendes Gelächter. Ein irrwitziger Hund, der mit seiner Besitzerin ein Musterbeispiel an Motivation und toller Verständigung bot.
„Das ist eine seriöse Veranstaltung!“ – „Streng Dich an, da gucken Leute zu!“

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Mittagspause! 
Es gab schon so viel auszutauschen und zu erzählen und Revue passieren zu lassen…
Wir warteten eine ganze Weile auf einen kleinen Teller ungesalzener Pommes Frites zu Messepreisen, was der Gesamtfreude aber keinerlei Abbruch tat. Ich quatschte Katrin, die Besitzerin von Fleurance, an und meinte, wir hätten auch sie so gerne reiten sehen. Sie meinte, damit hätte sie generell kein Problem, aber sie hätte kein Reitzeug dabei.
Och, also das dürfte hier doch wohl kein ernsthaftes Problem darstellen 🙂

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Während der Pause wurden tolle Military-Hindernisse in der Bahn verteilt und ich fing prompt an zu sabbern. Sandra Auffahrth war dran!
Auf sie war ich am gespanntesten, da ich sie am wenigsten kannte.
Sie saß auf einem 9jährigen Fuchs, und nach einiger Recherche nehme ich an, dass es sich bei ihm um
 Viamant du Matz gehandelt haben dürfte, ein Selle Francais v. Diamant de Semilly / Voltigeur le Mallin AA. Die beiden wirkten extrem vertraut miteinander.

Sandra hatte zwei Mit(st)reiter mitgebracht und war nun die erste, die sich um andere als um ihr Pferd kümmern musste, und so wirkte es, als wäre sie in diesem Seminar noch gar nicht so recht „angekommen“, denn die anderen Referenten hatten sofort eine ganz andere Publikumsnähe gezeigt und das Publikum deutlich mit einbezogen. 
Das tat Sandra nicht, dafür allerdings gab sie Unterricht vom Allerfeinsten, der vor allem ihren Auszubildenden Florian Schröder – „ihn kenne ich noch nicht so richtig, ich muss mal gucken, was ich ihm so zumuten kann“ – geradezu verwandelte. Er, groß, schlaksig, jung, extrem eingeschüchtert wirkend angesichts dieser Atmosphäre, saß auf einer Schimmelstute, die sich zwar von der Atmosphäre nicht eingeschüchtert zeigte, aber ebenso groß und einfach nur lang wirkte. Meine Recherche ergab, dass es sich bei ihr um die 9jährige Dicara v. Duke of Hearts / Picard gehandelt haben könnte, damit bin ich allerdings am unsichersten, was meine Recherche-Ergebnisse angeht. Eine Alternative hätte ich da aber auch nicht.

Heike Jahncke saß allerdings sicher auf der 7jährigen Coco Spring, einer Oldenburger Stute v. Canstakko / Mynos. Klein, kernig, drahtig, ein Flummi am Sprung, was Heike extrem geschickt und gefühlvoll begleitete.

Alle drei bewiesen eine gefühlvolle Hand – Florian anfangs nicht so, aber die Stute ließ ihn auch einfach nicht gut aussehen, er wirkte auf ihr deplatziert, was sich jedoch durch Sandras freundliche, ungeheuer klare und genaue Ansagen und Hilfestellungen mehr und mehr änderte. Über Einzelsprünge, bei denen Sandra jeweils erzählte, worauf es ankam, ging es schließlich über verschiedene Linien, die zum Teil schon einiges an Geschick und Übersicht erforderten. Und hier verbesserte sie durch ihren tollen Unterricht Florian und seine Stute dermaßen, dass die beiden nachher auch Distanzen in Wendungen so sauber reiten konnten, dass Florian letztlich mit einem breiten Lachen die Halle verließ. 
Hatte ich mich anfangs noch gefragt, warum Sandra ausgerechnet diese beiden hierher mitgenommen hatte (die Gefahr war groß, dass Florian hier „vorgeführt“ werden würde), so konnte man jetzt einfach nur gratulieren angesichts der Klasse ihres Unterrichts, der aus diesem Paar innerhalb kürzester Zeit eine so harmonische Pferd-/Mensch-Verbindung gemacht hatte. Hut ab, ganz ganz großes Lob und Dankeschön dafür!

Ich hatte meine Kamera nicht mitgenommen, da ich annahm, dass Fotografieren nicht erlaubt sein würde. War es allerdings, nur mit der Einschränkung, dass die Bilder nicht in den sozialen Netzwerken veröffentlicht werden dürfen. Ich hätte so gerne Bilder gemacht, aber nun freute ich mich auf den nächsten Tag und hoffte, dass die Referenten nicht zu vieles anders machen würden.
Das traf auf die meisten auch zu, nur leider nicht auf Sandra, daher habe ich leider keine Bilder, die von ihr zum Samstag passen. Aber Sonntag habe ich dann welche gemacht!

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Noch einmal kamen Hunde in die Bahn – dieses Mal demonstrierte Anja Kerger mit Max und Pieps Dog-Frisbee. Die Hunde waren so richtig heiß auf ihre Frisbee-Scheiben!

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Richard Hinrichs hatte den letzten Part, er begann mit dem P.R.E. Opus an der Hand.
„Vertrauen – Gehorsam – Gleichgewicht“ war sein Credo und er beschrieb, wie er mit inneren Bildern arbeitet und seine Gedanken konkretisiert. „Schon beim nur Führen muss man klar sein!“ – „Wenn ich ruhige, weite Schritte möchte, muss ich sie selber machen!“ (auch im Übertreten) und „Die Kunst besteht im Weglassen der Fehler“

Mit „Richtung – Takt – Leichtheit“ fasste er die Ausbildungsskala der FN zusammen.

Mit „der Reiter ist der Dirigent, das Pferd das Orchester!“ beschrieb er, dass das Pferd das ausführende Organ für die Vorstellung die Gedanken des Reiters sein soll.

Und er riet allen, von sich immer wieder und wieder Videos machen zu lassen. „Und die dann auch angucken!!“ Und daraus lernen – überlegen, wie man was beim nächsten Mal anders machen möchte. Darüber prüfen, ob das, was man sieht, dem Gefühl entspricht.

Der Tscheche Jan Nevez kam mit Hinrichs‘ Oldenburger Donnerhall-Sohn in die Bahn, ein Schimmel, der inzwischen in seiner Zeit bei Hinrichs schon deutlich iberische Züge angenommen hat 🙂
Jan wirkte im Sitz ein wenig steif, was aber wohl eher daher rührte, dass er ganz still sitzen und das Pferd keinesfalls stören wollte. „Wir müssen die 
Pferde stolz machen auf ihre Leistung!“

Schließlich sahen wir Richard Hinrichs aber auch noch im Sattel, er kam mit seinem Lusitano Victor in die Bahn. Hochelegant und sportlich in den Beinen, barock und mächtig im Hals – das ist ein Pferd, das Hinrichs steht, agil, beweglich, eifrig, über weite Strecken auf Trense in tadelloser Haltung mit der Nase (deutlich) vor der Senkrechten.

„Die herrschende Lehre wird nicht nur schlechter“ meinte Hinrichs und „Die Eindeutigkeit der Hilfen ist wichtiger als ihre Unsichtbarkeit!“

Er nutzt Imponiergehabe (wie den Spanischen Schritt) gegen Angst, denn „wer imponiert, hat keine Angst! Und wer Angst hat, imponiert nicht.“

Dann gab es eine Überraschung – Pete Kreinberg kam mit dem Hannoveraner (!) Likotos Gentle Boy in die Bahn. Hinrichs und Kreinberg hatten sich zuvor darüber ausgetauscht, dass Pferde im Galopp am besten in Dreier-Ketten lernen (im Trab in Zweier-Ketten), und nun demonstrierten sie hier spontan, was damit gemeint war. Große Klasse war, dass beide Pferde nebeneinander über weite Strecken im Gleichtakt waren. Ein bestechend schönes Bild, das so gut zu diesem Seminar passte!

Alle Referenten kamen noch einmal in die Bahn und präsentierten ihre Pferde bunt durcheinander. Stehende Ovationen für diesen tollen Tag und große Vorfreude auf den nächsten!

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SONNTAG

Den Auftakt machte wieder Pete Kreinberg und ich war extrem gespannt, wie sich die hübsche Missy heute hier zeigen würde. Pete wusste zu überraschen – er kam gleich im Sattel der Stute in die Bahn und hatte Likoto als Handpferd bei sich. Ok…!!

Pete erzählte von einem Seminar mit Gerd Heuschmann (so hatte Missy wieder einen Moment Zeit, mit der Atmosphäre vertraut zu werden, die sie aber gar nicht brauchte – sie ging sofort bis an das gegenüberliegende Hallenende und war viel entspannter als am Vortag. So sah sie einem Quarter-Horse auch gleich viel ähnlicher) und meinte „Gerd ist für die Hardware zuständig, ich für die Software“. Er zog einen Vergleich aus der modernen Welt zum Umgang mit Pferden, der aber dann wohl auch für die letzten verständlich war – er zog sein Smartphone aus der Tasche. Auf dem Pferd. „Normalerweise fasse ich so ein Ding im Sattel nicht an. Aber ich will Ihnen was erklären. Sie haben doch alle so ein Gerät. Und da wissen Sie doch, mit welchen Berührungen sie einen Erfolg erzielen und dass drauf rumdrücken oder -hauen nichts bringt. Ein gut ausgebildetes Pferd ist wie eine richtig programmierte, funktionierende App“ – ja, das haben dann vermutlich einige verstanden 🙂

Sehr schön auch sein ganz dezent untergebrachter Hinweis, dass er ja gestern bereits darauf hingewiesen habe, dass dieses Pferd eine ganz kurze Lunte habe. Damit wussten hier nun auch alle, wer Urheber dieses Satzes war, egal, wie oft der heute noch zu hören sein würde.

„Langsam – wenig – richtig“ fasste er heute eine Ausbildungsleitlinie zusammen und bezeichnete stumpfes, monotones Dressurreiten als „abstrakte Sandkastenreiterei“.
„Deswegen habe ich immer Hütchen oder ähnliches in der Bahn“. Er zeigte, wie man durch einige wenige Pylonen die Genauigkeit beim Reiten extrem verbessern kann.
Missy hörte zu, war aufmerksam, fragte, ließ sich willig und vertrauensvoll auf die Bitten und Forderungen von oben ein. „Aus der Sicht der deutschen Perfektionsreiterei war das, was ich hier jetzt gemacht habe (Wendungen um Vor- oder Hinterhand, Übertreten…), alles falsch. Aus der Sicht der funktionalen Reiterei hat dieses junge Pferd alles richtig gemacht!“ – “schulterhereinartige schenkelweichende Schrittvolte” 🙂
„Ich hab Chaps an, ich hab’n Cowboyhut auf – ich muss das nicht HDV-konform präzise machen. Ich kann mich nach dem Pferd richten.“

„Genick – Widerrist – Schweifrübe eine Linie. Egal, was im Weg liegt.“ – das wurde veranschaulicht dadurch, dass er aus Missys Sattel heraus Likoto ganz gerade auf die heute schmal und lang gelegte Plane lotste und darauf anhalten konnte.

Und wieder sagte er, dass er auch heute nicht hätte sagen können, was mit Missy machbar wäre. Er hat es auf sich zukommen lassen. „Hätte ich einen Plan gehabt, hätte ich das Pferd in meine Welt gezwungen“ – den Satz muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. „Ich zwinge das Pferd nicht in meine Vorstellung von Partnerschaft“.

Auf die Zuschauerfrage, wie er denn aus dem Sitz heraus zu einer so feinen Einwirkung kommt, sagte Pete: „Aktive Muskelarbeit ist die falscheste aller Einwirkungen! Pferde suchen immer die Komfortzone. Sie sollten im Becken den Wechsel üben – Vierpunktsitz (Mitte) / Dreipunktsitz (vorne) / Zweipunktsitz (hinten)“ – während er diese Sitzwechsel demonstrierte, fing sein stehendes Pferd tatsächlich an, sichtbar zu schaukeln. Genial!
„Make it fun!“

Er wechselte auf Likotos Rücken und ließ ihn antreten und anhalten.
Mit „
Nicht Halt, sondern Ha-ha-ha-haaaalt!“ beschrieb er, dass ihm ein leicht auslaufendes, weiches Halten lieber ist als militärisches Zackiges, bei dem das Pferd die Unterstützung der Hand sucht. „Don’t make it happen, let it happen!“

„Die größte Hilfe, die wir geben können, ist die, nicht zu stören und nicht im Wege zu sein.“

„Manche haben ganz viel Probleme mit dem Galopp. Das Pferd hat immer nur eins. Den Reiter.“ Er zeigte mit Likoto, wie er über die Idee der Dreier-Ketten ganz leicht in ein erhabenes, leichtfüßiges Angaloppieren kommt. 

„Wenn Euch etwas gelingt und Leute fragen, wir Ihr das macht – so lange Ihr es wisst und das Pferd es weiß, reicht das. Die anderen verstehen es sowieso nicht.“

„Keep it smile and have fun!“

Ein schöner Bericht zu dem Wochenende in Verden ist auf Petes Homepage zu lesen.

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Stefan Schneider zeigte sich deutlich beweglicher als am Vortag – da hatte er doch sehr nach einem schmerzenden Rücken ausgesehen, was Richard Hinrichs als „Portugiesischen Schritt“ betitelte. Heute schien es ihm deutlich leichter zu fallen, an der Doppellonge mitzugehen und auch im Sattel von XL zu sitzen. Das wirkte alles elastischer und harmonischer als gestern.

Le Noir wirkte nicht ganz so frisch wie am Vortag, was aber seiner wahrlich beeindruckenden Persönlichkeit keinen Abbruch tat.

Quintus hatte wieder Kulleraugen, ging aber etwas vertrauensvoller an der Doppellonge in die Bahn, heute mit Führung am Kopf. Nun wurde auch seine Geschichte erzählt – er war wohl mal in einer Siegerehrung panisch geworden und daraufhin unter dem Sattel phasenweise regelrecht gefährlich. Ich fragte mich, wie man das gestern hätte sehen können und es fiel mir auch schwer, mir vorzustellen, dass ein Pferd sich von einem einzigen solchen Erlebnis um 359 Grad dreht, aber dass Quintus ein hochsensibles Pferd ist, war schon deutlich zu sehen. Stefan ließ ihm einerseits Zeit, sich mit der Atmosphäre zu arrangieren, während er aber gleichzeitig immer mehr Einfluss nahm.
„Bei Ho ist Ho!“ – und auch wenn das erste Ho noch sehr kurz ausfiel, so konnte Quintus doch nach einigen Runden auch schon mal anhalten.
Sebastian Seuberth sollte das Sensibelchen heute unter dem Sattel vorstellen und saß auf.
Er hat mit seinem tollen Sitz und einer sehr gefühlvollen Hand dieses Pferd ideal begleitet. Man sah ihm an, dass alle Muskeln seines Körpers in Bereitschaft waren, sich um dieses Pferd herumzuschließen, sollte eine Serie von Bocksprüngen losgehen. Diese Bereitschaft behinderte Quintus jedoch nicht, der nun unter dem Reiter anfing, sich deutlich mehr loszulassen, so dass Sebastian nach kurzer Zeit behutsam zum Loslassen kam.
Auf Applaus wurde aus Sicherheitsgründen verzichtet, auch wenn Sebastian es sehr verdient hatte!

Stefan nahm im Sattel von XL Platz, allerdings hatte Quintus viel Zeit in Anspruch genommen und so kam die Working Equitation deutlich zu kurz. Zumal der Plan wohl war, mit Quintus zu zeigen, wie man erste Trail-Hindernisse angeht, aber dazu kam es nicht. Für Quintus war das, was gemacht wurde, gut so, aber die, die sich etwas zur Working Equitation erhofft hatten, waren zu Recht enttäuscht.
Über „Trailreiten ist Dressurreiten mit Sinn“ konnte man noch lächeln, über „Leichter Sitz = halbschwuler Sommersitz“ konnte zumindest ich das nicht mehr so.

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Aber nun kam wieder Uta Gräf!
Wie gestern zuerst im Sattel von Herzensbrecher Feeling good, der sich mit deutlich längerem Hals präsentierte – nun passte vorne und hinten zusammen und dieses Taktwunder mit dem freundlich jugendlichen Gesicht bereitete wieder pure Freude beim Zusehen. „I
ch versuche, ihn nicht schlechter zu machen als er ist“
„Der könnte bei anderen bestimmt schon besser traben – aber für wen? Ich sehe keinen Vorteil darin“

„Wenn man nach einer Lektion nicht so schnell zum Rauskauen kommt, dann muss ich das als Gradmesser nehmen“

Und dann kam für mich der Schlüsselsatz dieses Seminars, zumindest für mein eigenes Reiten: „Ich gebe ihm ein gutes Gefühl und dann reite ich der Hand hinterher“
Der Satz ging mir nicht mehr aus dem Kopf, brannte sich ein und bestimmte mein Reiten am Montag sowohl bei Querendón wie auch bei Nacariño. Und beide gingen toll. Ich hatte die Durchlässigkeit, die Losgelassenheit und das Schwingen von Utas Pferden vor Augen und sah ständig zu, meinen Pferden ein gutes Gefühl zu geben und meiner Hand hinterher zu reiten. Großartig…!

Sehr schön war auch (das muss jetzt im O-Klang bleiben:) „Watte bisser wattet!“

Uta legte Lektionen immer wieder da an, wo Feeling good nicht damit rechnete bzw. ritt eine evtl. geplante Lektion nicht, wenn er damit rechnete. Trotz dem das bei ihr und für sie logisch klang, dürften 98 % der Reiter damit überfordert sein, weil kaum jemand so schnell fühlt und so geschickt in der Lage ist, Lektionen umzuleiten, ohne dem Pferd das Gefühl zu geben, es hätte etwas falsch gemacht oder die falsche Frage gestellt. Es ist klar erkennbar, dass ihre Pferde Vertrauen zu ihr und ihrer Art zu reiten haben, aber ich kann mir vorstellen, dass es für die meisten Reiter besser ist, sich klare Dinge vorzunehmen und sie konkret auszuformulieren, so wie Richard Hinrichs es so wunderbar vorlebt.
Denn Uta Gräfs Reiten wirkt trotz aller Flexibilität, die sie beweist, niemals planlos. Das „große Ganze“ dahinter hat sie mit Sicherheit immer vor Augen, und deshalb kann sie es sich erlauben, ihre Pferde derart flexibel und individuell zu reiten. Das zeichnet sie aus und das sieht man ihren Pferden an – Utas Flexibilität und Reaktionsschnelle gibt den Pferden die absolute Sicherheit, dass sie immer weiß, was sie tut. Auch wenn sie mit permanenten kleinen Veränderungen reitet, macht sie ihre Pferde damit niemals unsicher.
Absolut großartiges Reiten mit ungeheurem Pferdeverstand.

 

Auch bei Fleurance kam immer immer immer wieder der Hinweis auf das gute Gefühl.
Die schöne Dunkelfuchsstute präsentierte sich in deutlich besserer Selbsthaltung als gestern und mit schier großartigen Trabbewegungen „spannend ohne Spannung“ – wobei ohne Spannung so nicht stimmt, aber ohne jede Verspannung.

Uta Gräf gehört auch zu den wenigen, die wirklich reell das in der heutigen Zeit so kaputt gespielte vorwärts/abwärts reiten können. Immer bergauf, immer aus dem angehobenen Widerrist heraus, immer mit einem tätigen Rücken. Wieder mal ein Hochgenuss!

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Vor der Mittagspause wurden von den Referenten noch einmal Fragen beantwortet, die die Zuschauer zuvor aufgeschrieben und in die „Fragenbox“ geworfen hatten. Tolle Idee!

Auch heute waren wieder Hunde die so großartigen Pausenfüller. Eine Vorstellung mit vier ganz unterschiedlichen Hunden, die alle „schwere Fälle“ mit schlechten Umgangsformen und in Otto-Normal-Hand nicht mehr zu händeln waren. Mit welch‘ einer Begeisterung und Motivation diese vier sich darum rissen, ihrer Ausbilderin zu gefallen, das war einfach der Hammer  – super!!!
In der Mittagspause genossen wir wieder Pommes Frites, gefühlt mehr als gestern und besser gewürzt, und es gab auch kaum Schlangen heute, das war also deutlich besser organisiert worden – über Nacht! Die ganze Organisation war ohnehin großartig.

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Für Sandra Auffahrth und Heike Jahncke war inzwischen ein Parcours aufgebaut worden. Ich war zugegeben ein wenig enttäuscht, hätte ich sie doch so gerne noch einmal über den Military-Hindernissen gesehen. So sehr mich „richtiges“ Holz noch reizt, so sehr haben bunte Stangen ihren Reiz inzwischen verloren.
Was Sandra dann aber ablieferte, war schlicht wieder großartig!

Sie schien nun im Seminar „angekommen“ zu sein, bezog das Publikum sofort mit ein, allerdings musste sie ihre Konzentration heute auch weniger aufteilen, da nur Heike dabei war. Heike verstand es unglaublich gut, so gut wie unsichtbar zu sein aber immer dann an genau der richtigen Stelle zu reiten, wenn es gefragt war. Keine Ahnung, wie sie das machte, vermutlich wäre sie eine perfekte Quadrillenreiterin bei der Übersicht und der unsichtbaren Einflussnahme auf ihr Pferd, mit der sie einfach immer da war, wo sie gebraucht wurde bzw. nicht störte. 

Sandra hatte heute den selbst gezogenen Landlord mitgebracht, ein 10jähriger Oldenburger v. Lord Pezi / Corlando. Die beiden hatten bereits gemeinsam Springprüfungen bis Kl. S bestritten. „Der wäre vielleicht besser von einem starken Mann zu reiten, der mehr Kraft hat, aber ich glaube, ich muss nur die richtige Technik für den finden, deshalb bin ich so detailgenau.“ Landlord wirkte durchaus zufrieden mit seiner gefühlvollen Reiterin, man wünscht diesem Pferd wahrlich keinen im Kraftsinne starken Reiter…

Sandra ritt ihn phasenweise auch einhändig und riet jedem dazu, der dazu neigt, doch immer wieder mal zuviel mit der Hand zu machen oder sich festzuziehen.

Heike hatte im Sattel der 8jährigen Mighty Spring Platz genommen, einer hannoverschen Stute v. Mighty Magic / Landclassic. Die beiden haben auch schon bereits eine Menge Parcours-Erfahrung miteinander.

Beide fingen mit kleinen Sprüngen an. Kein Sprung stand für sich alleine, alle hatten davor und dahinter eine Stange oder ein Cavaletti, um den Sprung an sich immer passend zu bekommen und auf die Pferde möglichst wenig Einfluss nehmen zu müssen. Ich war ehrlich überrascht, auf was für Linienführungen Sandra kam – „im Training fällt mir die Linie beim Reiten so ein“. Der Parcours sah anfangs überhaupt nicht nach diesen Möglichkeiten aus. Wieder großes Kino!

Eine Distanz war auf einem Linksbogen so aufgebaut, dass zwischen den ersten beiden Sprüngen drei bis fünf Galoppsprünge geritten werden konnten, zwischen dem zweiten und dritten waren vier bis sieben Galoppsprünge möglich. Relativ leicht wäre gewesen, beide Distanzen noch vorne oder beide zurück zu reiten. Sandras Bestreben war es, die erste Distanz mit drei (also auf groß) und die folgende mit sieben (also auf richtig eng) zu reiten.
„Heike, willst Du mal probieren? Keine Sorge, ich mach das dann auch gleich!“
Und das tat sie. Und zeigte, wie sie damit umgeht, wenn es anfangs nicht gelingt. Um möglichst wenig mit der Hand regulieren zu müssen, wurde in der zweiten Distanz angehalten. Man sah wunderbar die Entwicklung der mitdenkenden Pferde, die schließlich beide diese wirklich hohe Anforderung erfüllten. Ich hatte bewusst noch nie gesehen, dass eine Distanz dermaßen unterschiedlich geritten werden konnte und es in beiden Fällen – egal, ob nach vorne oder zurück geritten – gleichartig harmonisch aussah. Das war den beiden Reiterinnen zu verdanken, die es gleichermaßen verstanden, auf dem Pferd wohlwollend unauffällig zu werden und die Pferde sehr selbständig arbeiten zu lassen, während sie aber eine klare Idee der Umsetzung vermitteln. 

„Die Pferde haben am Ende (wieder) Ruhe und Übersicht, wenn wir sie haben – Geduld!“

Sandra passte mit diesen so andersartigen Demonstrationen so gut in dieses Seminar, vor allem auch, weil sie neben Uta Gräf zeigte, dass es hocherfolgreiche Sportreiter gibt, die ihre Pferde ehrlich partnerschaftlich ausbilden und „groß“ werden lassen. Große Klasse!

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Mampford betrat noch einmal die Bühne und begeisterte das Publikum mit einer ungeheuren Energie, Motivation und purer Lebensfreude.

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Richard Hinrichs stellte den schönen P.R.E. Opus wieder an der Hand vor und erläuterte dabei auch kurz die Arbeit am halblangen Zügel.
„I
n der stärkeren Versammlung reagiert das Pferd besser, ist aber auch störanfälliger.
Das ist nicht willensgesteuert – das liegt an der Veränderung des Gleichgewichts.“
Das demonstrierte Hinrichs durch Übergänge Versammlung / freieres Gehen und Piaffe mit anfangs wenigen Tritten. „Ü
ber die kleinen Reprisen steigert sich das Pferd (in die Piaffe) hinein“ – Opus wollte schließlich von selbst immer größer piaffieren, war kaum zu bremsen. Er zeigte tolle Ansätze zum Terre á Terre, Hinrichs bat schließlich konkret um Rechts- und Linksgalopp. Toll zu sehen, wie leicht Opus durch die konkreten Wünsche wurde.

„Gefallsüchtig“ nannte Hinrichs ihn – bzw. sagte er, dass alle Pferde gefallen wollen.
Die 
Passage ergab sich schließlich von selbst, da Opus diese einfacher fand als die verlangten Übergänge. Opus wurde über diese Übergänge extrem ausdrucksvoll.

Mit dem Lusitano Victor erläuterte Herr Hinrichs noch einmal kurz die Dreier-Ketten im Galopp – drei Sprünge kurz, drei Sprünge lang. Extrem durchlässigkeitsfördernd!

Ein Russe hatte einmal zu Hinrichs gesagt: Oft Pferde nicht verstehen was Reiter wollen. Wenn Pferde verstehen – Pferde machen!

Er saß noch einmal um auf den Lusitano Alegorico, der sich gewohnt wach und bewegungsfreudig präsentierte. Unter anderem piaffierte er eine „Sarabande“ (ein Kreuz aus mehreren Tritten nach vorne, nach hinten, nach rechts, nach links, nach hinten und wieder nach vorne, so dass daraus von oben, würde man nur die Hufspuren sehen, ein Kreuz entsteht. Aus der Renaissance-Reiterei auch im Galopp / Terre á Terre bekannt und äußerst selten zu sehen. Vielleicht noch bei Krischkes in der Hofreitschule Bückeburg).

Im Anschluss kam wieder Pete in die Bahn und wieder war es einfach nur schön, die beiden Meister ihres jeweiligen Fachs in so großer Harmonie zu erleben.

Den Abschluss bildete wieder das Gruppenbild, und Pete Kreinberg, Sandra Auffahrth und Stefan Schneider nutzten die Brücke – auf unterschiedliche Weise 🙂





Zitate von Pete Kreinberg:
– Die hat ne ganz kurze Lunte
– An geraden Tagen rechts führen, an ungeraden Tagen links!
– … und wenn Sie jetzt ne Kuh sind, sind Sie hoffentlich irgendwann resigniert
– Einfach ist nicht einfach zu lernen!
– Emotion geht beim Pferd sofort in die Beine!
Rituale erarbeiten gibt Sicherheit
– Es ist gut, wenn wir unser Handeln ordnen
– Nicht Korrektur – Grenzensetzung!
– Weichen – Warten – Willigkeit
– Langsam – wenig – richtig
– Abstrakte Sandkastenreiterei
– Genick – Widerrist – Schweifrübe eine Linie. Egal, was im Weg liegt
– Hätte ich einen Plan gehabt, hätte ich das Pferd in meine Welt gezwungen
– Ich zwinge das Pferd nicht in meine Vorstellung von Partnerschaft
– Aktive Muskelarbeit ist die falscheste aller Einwirkungen
– Make it fun!
– Don’t make it happen, let it happen!
– Die größte Hilfe, die wir geben können, ist die, nicht zu stören
– Keep it smile and have fun!

Zitate von Richard Hinrichs:
– Das Pferd lernt vorne und adaptiert hinten
– Koordination vor Kondition!
– Vertrauen – Gehorsam – Gleichgewicht
– Wenn ich ruhige, weite Schritte möchte, muss ich sie selber machen
– Die Kunst besteht im Weglassen der Fehler
– Richtung – Takt – Leichtheit
– Der Reiter ist der Dirigent, das Pferd das Orchester
– Wir müssen die Pferde stolz machen auf ihre Leistung
– Die herrschende Lehre wird nicht nur schlechter
– Die Eindeutigkeit der Hilfen ist wichtiger als ihre Unsichtbarkeit
– Wer imponiert, hat keine Angst! Und wer Angst hat, imponiert nicht

Zitate von Uta Gräf:
– Spannend ohne Spannung
– Der hat seine Milch für heute gegeben
 -Ich versuche, ihn nicht schlechter zu machen als er ist
– Ich gebe ihm ein gutes Gefühl und dann reite ich der Hand hinterher
 -Watte bisser wattet!

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