September / Oktober

In den letzten Wochen war so viel los, irgendwie bin ich überhaupt nicht zum Schreiben gekommen. Und so berichte ich nun über die beiden letzten Monate. Im September und Anfang Oktober gab es noch ein paar Veranstaltungen, der Oktober ging dann in weiten Teilen im Regen unter. Und so kam die Reiterei im Oktober mehr oder weniger zum Erliegen – irgendwie aber auch nicht schlimm, die Saison war zu Ende (und was war das für eine Saison… Meine Güte…!!) und das war auch gut so.

Am 3. September fand auf Doris‘ Anlage unser kleiner Showtag statt. Schön, dass ich mal nicht fahren musste!
Der Bericht und schöne Bilder von diesem abwechslungsreichen Tag sind hier zu sehen. Für Nacariño war es unter anderem die Señorita-Premiere!

Am darauffolgenden Wochenende machten wir Führzügel-Training – um genau zu sein das einzige dieser Art vor dem Freizeitreiter-Turnier in Tangstedt, das eine Woche später stattfand. Wir bezogen schon mal ein paar Ausrüstungsgegenstände mit ein, vor allem wollte ich, dass Nacariño die Gelegenheit bekam, sich mit dem Geklimper der beiden Säckchen mit Goldmünzen an der Schabracke vertraut zu machen. Charleen würde als Pippi Langstrumpf starten, Nacariño als Kleiner Onkel, und Pippis Goldmünzen wären in eben diesen beiden Säckchen an der Schabracke vertreten. Ich übte ein bisschen Mimik und Gang von Fräulein Prysselius (die „Prusseliese“) und wir hatten echt was zu Lachen.

Ich erklärte den Kids, worauf sie achten müssen (Hände ruhig halten! Absatz tief! LÄCHELN! IMMER LÄCHELN!!). Charleen machte ihre Sache prima, Nacariño machte super mit. Sönke fand Dón ziemlich groß und ein bisschen unheimlich.


Bei Charleen war Leichttraben das vorherrschende Thema, bzw. zu erkennen, wann sie auf dem „richtigen“ Fuß leichttrabt. Sie erkannte es manchmal, war aber nicht sicher.
Wir machten grinsend Hustensignale ab – Caro würde husten, wenn sie auf dem falschen Fuß war. Ich nahm allerdings an, dass wir mit der Idee nicht alleine wären (und wer weiß, ob Charleen das überhaupt hören würde?) und stellte mir vor, wie da beim Leichttraben die Hälfte der Zuschauer auf einmal krächzte und hustete.

Charleen durfte mit Nacariño noch ein bisschen galoppieren, was uns auf die Idee brachte, dass Nachgurten echt sinnvoll sein kann. Vor allem, wenn ein sowas von lockerer Sattel ins Rutschen kommt. UPS…
Beide – Nacariño und Charleen – hielten das gut aus, ich gurtete mal drei Löcher nach und dann galoppierten wir nochmal. Und steigen durfte sie natürlich auch mit ihm.




Danach führten wir die tollen Jungs noch einmal durch den frisch gebastelten Bälle-Vorhang – am dritten Tag fanden sie den geradezu langweilig, aber wenn sie den vorher nicht gesehen hätten, wäre ich beim Turnier niemals im ersten Anlauf da durchgekommen. Fraglich, ob ich überhaupt durchgekommen wäre!

Eine Woche später fuhren wir dann nach Tangstedt und verlebten dort einen sehr ereignisreichen Tag.
Der Bericht mit vielen Bildern ist hier zu lesen.

In der Woche darauf musste ich – zumindest für mein Gefühl – einmal die verlangten Lektionen der in Lockstedt ausgeschriebenen Kür reiten. Zumal da welche dabei waren, die ich bewusst mit den Jungs noch nie geritten war. Zum Beispiel Hinterhandwendung. Dón machte die zu einer Seite spontan sehr gut, ich lobte wie verrückt, zur anderen Seite tat er sich schwer, also musste ich mir nur merken, in welche Richtung ich die anlegen sollte. Ich hoffte, dass Nacariño dieselbe Richtung bevorzugen würde, damit ich die Küren nicht so extrem unterschiedlich planen musste. Will heißen, ich hatte noch überhaupt keine geplant und noch – mal kurz in den Kalender gucken… – vier Tage Zeit.
Üben wird echt überbewertet.

Nacariño bevorzugte nicht nur nicht dieselbe Seite, er lehnte genau genommen beide ab. Er war an dem Tag ziemlich geladen und ich ließ relativ schnell von meinen Versuchen ab. Zu einer Kurzkehrtwendung bekam ich ihn noch ansatzweise überredet, aber die Idee einer Hinterhandwendung machte ihn sehr steigewillig. Hmmm, das ist ja jetzt blöd…

Am Donnerstagabend schrieb ich zwei Küren. Am Freitag ritt ich die mit beiden durch, vergaß die Hälfte, brachte die Küren durcheinander, und verzweifelte ziemlich an dem extrem steigewilligen Nacariño, bei dem ich eine Hinterhandwendung nachher nicht mal mehr andeutete. Ich würde es im Viereck darauf ankommen lassen. Wenn ich die auch nur einigermaßen korrekt reiten wollte, hatte ich vermutlich keine Chance. ich musste aus dem Halten so unauffällig wie möglich drei, vier Schritte nach vorne reiten, damit Nacariño das Gefühl haben würde, aus der Bewegung zu wenden. Dann könnte es klappen. Spannend, wie immer.

Eine weitere Lektion, die beiden in der Form noch unbekannt war, war das Viereck verkleinern und vergrößern, das gelang aber mit beiden ziemlich lässig. Der Rest sollte machbar sein.

Doris hatte auch genannt und ein paar Trail-Hindernisse hingestellt, aus dem einen davon baute ich mir spontan noch ein Seil-Tor, da das laut Ausschreibung vorkommen könnte.
Nacariño, ohnehin schon grell, drehte jetzt aber richtig auf. Er wurde extrem frech, stellte schließlich fast jeden meiner Atemzüge in Frage und grinste dabei noch. Unglaublich.
Ich ertappte mich bei der Überlegung, ihn zu Hause zu lassen und – viel entspannter… – nur mit Dón loszufahren.
Die Überlegung hielt nicht lange, schließlich kann Nacariño, wie ich inzwischen weiß, ja am nächsten Tag immer ganz anders sein…
Und Generalproben sollen schief gehen. Das kriegten wir ja inzwischen eigentlich immer ganz gut hin. Die Generalproben zu versauen, meine ich.

Natürlich fuhr ich mit beiden 🙂
Allerdings tat ich mir selbst den Gefallen, und merkte mir nur eine Kür. Die von Dón.
Die war von der Linienführung flexibel genug, so dass ich bei Nacariño mehr Seitengänge einbauen konnte. Und ich hoffte, dass kein Seil-Tor im Trail-Parcours stehen würde.

Der Bericht zu dem in weiten Teilen überraschenden Turnier in Lockstedt ist hier zu lesen!

Schlag auf Schlag! Das Wochenende danach war frei, aber der 3. Oktober war ein Dienstag, und da fand unser zweites Outdoor-Team-Turnier in Heist statt.
Zehn Tage nach Lockstedt waren wir also unterwegs zu einem unfassbar tollen Saison-Abschluss. Den hätte ich mir in der Form nicht träumen lassen. Das war echt ein unglaublicher Tag.

Kurz vorher dachte ich, wenn ich schon nicht mehr dazu komme, zu springen, sollten meine Jungs es zumindest nochmal tun, denn dieses Mal war das Gelände schwerer.
Ich baute ein Cavaletti und einen Sprung aus meinen blauen Blöcken auf, nahm beide Jungs mit auf den Platz und dann immer abwechselnd den einen und den anderen am Kappzaum an die Longe. So ließ ich sie einzeln springen, während der andere frei lief.
Dón störte uns ganz gerne und war sehr witzig, Nacariño ging, wenn er gerade nicht dran war, Hecke fressen.

Beide sprangen echt großartig. Besonnen, mit Übersicht, vorsichtig. Dón warf sich immer mal mit Wucht über die Stangen und trat auch einmal eine runter, danach passte er allerdings auf. Nacariño sprang unglaublich gut. Zum ersten Mal legte ich bei beiden diesen Sprung auf Höchstmaß – Dón zog die Show ab, Nacariño wirkte geradezu gelangweilt.
Es begeisterte mich total, wie klasse die beiden sprangen. Mit welch‘ einer Freude und welch‘ einem Vermögen. Wahnsinn! Und dann ging es mit meinen beiden Spring-Spaniern nach Heist – mehr zu diesem großartigen Tag hier

Danach wurde es deutlich ruhiger. Und das Wetter deutlich schlechter. Von daher besteht da ein Zusammenhang. Reiten war aber auch nun erstmal einfach nicht mehr so wichtig, wir kuschelten mehr und ich kümmerte mich mal um ein paar andere Baustellen. Muss ja auch mal sein.
Allerdings hatte mich Heist wieder so dermaßen süchtig auf’s Springen gemacht, dass ich mir am 15. Oktober zwei Sprünge hinstellte. Ich hatte gesehen, dass die beiden ohne große Einflussnahme die blauen Blöcke auf Höchstmaß lässig springen, und so wollte ich diese Höhe springen, aber so, dass ich auch von oben möglichst keinen Einfluss nehmen musste / würde.
Ich stellte also ein Cavaletti und auf einer Distanz von einem Galoppsprung die Blöcke auf die Diagonale. Durch das Cavaletti würden sie passend kommen, ich musste nur noch gerade halten, still sitzen und sie machen lassen. So der Plan.

Der ging voll auf. Das war der Hammer. Die Jungs sprangen so klasse!! Ganz ähnlich wie an der Longe – Dón mächtig und angriffslustig und übertrieben, da fiel einmal eine Stange, aber tatsächlich nur ein einziges Mal.
Nacariño besonnen, vermögend, mit Übersicht, lässig – ich weiß nicht, wo er seine Grenze hat. Die scheint noch reichlich weit entfernt. Viel gesprungen bin ich in den zwei Jahren ja nun wirklich mit beiden nicht, „ernsthaft“ ja eigentlich immer nur in Heist, und wie oft waren wir da – jedes Pferd jetzt fünf Mal? In zwei Jahren wohlgemerkt. Und die springen wie die Götter… Tun so, als hätten sie Routine… Wie springen die erst, wenn sie wirklich welche haben…?

Seine Souveränität, Nacariño:

Und weil’s so schön war, fuhr ich spontan an einem schönen Herbsttag noch einmal nach Heist. Und ich gedachte, „so richtig“ zu springen. Das dickste Holz, das ich finden konnte 🙂

Ich nahm beide mit. Es wurde ein unglaublicher Tag…
Zuerst ritt ich Nacariño, Dón kam als Handpferd mit. Findet er ja immer nicht so toll, aber hier war ihm das nicht mehr anzumerken. Erst als ich springen wollte, ließ er sich ganz schön ziehen und so sprangen sie etliche Male ziemlich versetzt, ich musste auch mal loslassen, aber es wurde immer besser und schließlich konnte ich sogar die Vierer-Reihe mit beiden durchspringen – gigantisch!! 


Dón durfte schließlich frei laufen und ich machte mit Nacariño alleine weiter.

Nacariño war ehrgeizig und springgeil und suchte Holz und zog alles an, es war eine wahre Freude.

Und so ritt ich zum ersten Mal eine Bürste an. Er wusste noch nicht, dass man „wischen“ kann, und ich war gespannt, ob er die – wie Fàsci in jungen Jahren – komplett überspringen würde. Und was macht dieses geborene Buschpferd?? Wischt, als hätte er nie etwas anderes getan! Woher weiß der das? Unfassbar. Er, der nicht aushält, wenn ich in Bewegung etwas an den Beinen berührt, wischt einfach so durch seine erste Bürste…

Ich wollte ja „richtig“ springen. Da stand ein wirklich happiger Sprung. Nicht der Höhe wegen, aber breit war der. Und für das Pferd nicht so leicht einzuschätzen. Also früher hätte ich den vielleicht nicht happig gefunden, aber inzwischen und jetzt mit den Jungspunden war der happig. Und er zog mich magisch an. Irgendwann war das Gefühl dann so, dass ich sagte, das passt jetzt.
Und es passte. Nacariño übersprang mit einer Lässigkeit, die schon an Arroganz grenzt.


Hammer. Inzwischen war Nacariño so entspannt und so rittig, dass ich es wagte – ich holte den Halsring. Lenkung hatte ich anfangs keine, Nacariño überlegte einen Moment, seine Freiheit auszukosten, aber er tat es dann doch nicht. Sobald ich seinen Blick auf einen Sprung richtete und den anritt, war er voll da. Es gab kein Vorbeilaufen, kein Stehenbleiben, er packte alles an und ließ sich immer mit Pfiff anhalten. Sagenhaft!

Soll ich? Soll ich nicht?? Ach komm, der kann doch springen ohne Ende, rüber da. Ich ritt den happigen an. Nacariño ließ den geradezu winzig wirken. Stand da was??

Ich war echt geflasht. Meine Güte, was für ein Pferd. Was für ein Gefühl!! Ich lobte wie verrückt.

Nun durfte Nacariño frei laufen, und der fand es ziemlich blöd, dass sich keiner mehr um ihn kümmerte und sprang doch ernsthaft von selbst…

Nacariño folgte uns zwischendurch, zu süß. Meistens versenkte er aber die Nase im Gras.

Ich schnappte mir Nacariño und ging mit beiden ins Wasser. In der Senke stand nun endlich mal Wasser, da fetzten wir durch, dass es nur so spritzte.

Der große Teich hatte so viel Wasser, wie ich es glaube ich noch nie gesehen hatte. Nacariño ging bis zum Bauch rein, plantschte und fand alles toll, Dón tauchte ab.

Ich sattelte Dón ab. Die beiden hätten sich wälzen dürfen, wollten sie aber gar nicht. Sie grasten. Und sahen noch so unternehmungslustig aus. Also nahm ich Dón mit und sprang so mit ihm und schickte ihn durch’s Wasser. Als die Sprünge dicker wurden, zog ich vor dem Sprung die Bremse – er sprang mit Begeisterung alleine.

 

Ich bekam gar nicht genug von meinen tollen Jungs. Ich fragte Nacariño, ob er nicht auch Lust hat…? Hatte er…

Unglaublich. Sowas Tolles. Nun musste es aber mal gut sein. Wir kamen zur Ruhe, die Jungs grasten, ich kuschelte mit ihnen. Unglaublich. Schier unglaublich…

Im Oktober bestand Nacariño auch seinen „Fremdreitertest“ mit Bravour. Ines machte auch bei ihm Akupunktur und lobte auch ihn in den höchsten Tönen (irgendwas mache ich richtig…) und durfte ihn dann auch reiten. Das machten wir zwei Mal, und beide Male waren echt prima. Beim zweiten Mal klapperte und klöterte es, es war gut windig, und wir waren beide ganz froh, dass sie ihn schon einmal geritten hatte und ein wenig kannte. So traute sie sich ziemlich gut, loszulassen, als er tatsächlich einmal wegsprang – aber sein Wegspringen war überhaupt kein Vergleich mehr zu früher, er sprang wirklich nur einmal kurz an, das war ein ehrliches Erschrecken, im nächsten Moment war er wieder ruhig und alles war gut.
Sie konnte beim ersten Ritt gleich alle Ansagen umsetzen und ich genoss es hochgradig, Nacariño einmal zu sehen. Meine Güte, was hat dieses Pferd sich verändert!
Ines nahm die Zügel an und rief „Boah, ist der weich!“ und genau so sah er auch aus. Ein Bild von Losgelassenheit und Durchlässigkeit, ich kriegte mich gar nicht ein vor Freude.
Ihr machte das Reiten sichtlich Spaß, ihm machte es genau so sichtlich Spaß, sich von ihr reiten zu lassen. Er warf mir immer mal einen Blick zu, vergewisserte sich, dass alles so seine Ordnung hatte, und trabte gehorsam weiter. Sie durfte fast alles reiten, was in seinem Repertoire schon so drin ist und wagte es nachher auch ganz gut, ihn aufzurichten und die Hinterhand arbeiten zu lassen. Ich konnte mich gar nicht satt sehen, er sah so schön aus… So leichtfüßig, alles federte, das war einfach nur toll.
Sie verstand allerdings auch, was ich damit meine, dass er fürchterlich zu sitzen ist 🙂






Bei ihrem zweiten Ritt war dann das erwähnte durchwachsene Wetter, wir machten nicht sehr lange, aber auch der Ritt gelang wieder gut, vor allem war klasse, dass er nicht auch nur ansatzweise in frühere Muster zurückfiel von wegen Lossprinten, Abhauen, Quatsch machen. Er machte toll mit, Ines ritt ihn gefühlvoll und jetzt schon mit mehr Zutrauen, und das war bei dem Wind natürlich nur gut. Ich genoss wieder den Anblick und verliebte mich, wie so oft, auch hier wieder neu (oder mehr…) in meinen großen Weißen.

Ich saß nach Heist gar nicht mehr auf den Pferden, entweder regnete es oder es hatte gerade so viel geregnet, dass alles unter Wasser stand oder mir war einfach nicht danach.
Eine großartige Saison war zu Ende und mir war danach, mit den Jungs zu kuscheln.

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