Oktober

Samstag, 1.10.

So! Genau so! Das war Nacariño in Bestform!

Mir war nicht nach Galoppieren, schon gar nicht, nachdem wir nach kurzer Zeit so viel Spaß an den Übergängen Schritt – verkürztes Antraben in Richtung halbe Tritte – Schritt hatten. Tatsächlich fragte Nacariño nicht ein einziges Mal nach oben, ich war aber auch höllisch darauf bedacht, so viel Spannung herzustellen wir möglich, und sie so schnell rauszulassen wie nötig. Es haute etliche Male genau hin, und das auch noch so, dass ich immer mehr spannen durfte und Nacariño die Spannung immer besser und länger aushielt. Daraus ergab sich nachher sogar eine allererste Passage-Idee – noch nicht kraftvoll, noch nicht abfedernd, aber doch ein spürbar versammelterer Trab, noch nicht so sehr erhaben, aber schon spürbar im Rhythmus verzögert.

Tatsächlich machten wir auch nichts anderes, als sich das so gut anließ – wir blieben auf der rechten Hand, nachdem ich anfangs noch ein wenig auf beiden Händen leichtgetrabt war und Nacariño sich sehr nachgiebig und durchlässig zeigte.

In den Übergängen später zog er mich ein paar Mal im Antritt so in seinen Rücken rein – das war in dieser Qualität das erste Mal überhaupt. Es waren auch immer nur wenige Sekunden, aber die waren da! Noch nie war sein Rücken so durchlässig, das war die gespannte Feder von Maul bis Schweif, die nirgends unterbrochen wurde – wie gesagt immer nur ganz kurz, aber in dieser Form zum ersten Mal, seit er bei mir ist.
Toll, toll, toll!!

Ich saß begeistert ab und Nacariño war sichtlich zufrieden mit sich und sehr kuschelig.

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Sonntag, 2.10.

Heute ist Nacariño ein Jahr in meinem Besitz… Oder ich in seinem? Man weiß es nicht…

Tatsächlich hat er auch vor einem Jahr diesen seinen Namen bekommen, das war mir gar nicht mehr klar, dass das am selben Tag war.

Ein Jahr… Schon? Erst? Auf jeden Fall ist ungeheuer viel passiert.
Und eigentlich war er doch billig – immerhin habe ich ungefähr drei Pferde gekauft.
Ich weiß nur nie, welches mich an welchem Tag erwartet 🙂

Da er in den letzten Tagen viel unter dem Satte war und morgen noch einmal mit nach Heist kommen soll, hatte er frei, wir haben nur auf der Weide ein wenig gekuschelt.

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Montag, 3.10.

Noch einmal Heist! Für Nacariño war es das zweite Mal. Dazwischen bin ich ja nun auch nicht wirklich gesprungen, und so war ich gespannt, wie er das machen würde.

Zuerst war er allerdings beim Putzen schon dermaßen aufgekratzt, rüpelig und am Rumtänzeln, er äppelte drei Mal und war immer mehr unter Strom.
Na, das konnte ja interessant werden.

Wurde es auch, in jeder Hinsicht. Beim Verladen haute er tatsächlich ab wie in Zeiten, von denen ich hoffte, sie längen hinter uns. Betonhals, kehrt, weg. Ich sammelte ihn wieder ein, schaffte es, die Longe um die Bruststange zu legen, und damit schmiss er sich noch drei Mal zurück, allerdings schon nicht mehr mit dieser Intensität, und ich konnte jedes Mal ein wenig nachziehen, naja und schließlich war er oben.

Neben einigen anderen Stressfaktoren stresste mich dieses Verhalten von ihm ziemlich.
Und es wurde in Heist nicht besser. Wir hatten vier Pferde dabei, ein fünftes sollte in Heist noch zu uns stoßen. Ich nahm Fàscino mit, der frei mit uns mitlaufen durfte. Darauf freute ich mich sehr.
Wir hofften natürlich, dass nicht noch diverse andere da sein würden, und tatsächlich hatten wir das Gelände komplett für uns.

Nacariño warf mich beim Satteln einmal um, als er mit Wucht rumsprang, weil jemand aus dem Gebüsch kam. Er war so bescheuert drauf, dass mir nichts Gutes schwante für die erste Viertelstunde. Und ich hatte auch echt Dynamit unter mir.

Das legte sich einigermaßen, nachdem ich ihn ein wenig hatte traben lassen, allerdings war er reichlich fest im Hals, drückte gegen die Hand, wollte los, war unhandlich und reichlich auf Krawall aus. Ich musste zusehen, dass es an die Sprünge ging, mit so ein bisschen vor uns hintraben war ihm nicht beizukommen und galoppieren wagte ich nicht bei seinem Temperament und dem an manchen Stellen glatten Grasboden.

Also suchte ich Sprünge, die im Sand standen und fing an, zu springen. Nacariño war wie ein Aal, er wand sich von kreuz nach quer über den ersten Sprüngen, war aber nie versucht, stehen zu bleiben oder vorbei zu laufen. Genau wie letztes Mal. Super!

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Er entspannte sich langsam und wurde immer besser. Er sprang gut und sicher und wurde immer rittiger und durchlässiger. Das Ganze fing an, Spaß zu machen. Ich hatte meinen wunderbaren Fàscino immer an meiner Seite, er sprang sogar einige Sprünge mit, auch wenn ich ihm mehrfach sagte, dass er das nicht muss, er soll gar nicht so viel Kilometer machen. Er war aber sichtlich angetan davon, hier zu sein – vor zwanzig (!) Jahren waren wir zum ersten Mal hier gewesen, und es war einfach toll, ihn jetzt frei mit zu haben.

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Ich ließ Nacariño die Vierer-Reihe gehen, die er nach und nach sehr rhythmisch und sicher sprang. Sonst sehe ich noch immer zu, auf alles zuzutraben, aber diese Reihe steht so passend, dass sie sich wunderbar rhythmisch galoppieren lässt. Perfekt!

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Ich wusste nicht, ob ich mit ihm den Graben schon einmal gesprungen war, ich hatte nur noch im Kopf, dass Dón den einfach so und wunderbar lässig genommen hatte.
Ich ritt mit Nacariño also ziemlich entspannt darauf zu – und ahnte im nächsten Moment, dass er den wohl doch noch nicht kannte. Er stellte sich ziemlich an und machte dann einige irre Sätze. So ganz entspannt ging er den bis zum Schluss nicht – aber er ging ihn!

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Ja, da waren schon ein paar schräge Sprünge dabei. Da dachte ich noch, heute wird das nichts mit „mehr Holz“. Ich war aber sehr zufrieden, vor allem, weil Nacariño immer rittiger und sehr ehrgeizig wurde.

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Und dann wurde es tatsächlich wie von selbst doch etwas „mehr Holz“. Also schon Sprünge, über die man nicht mehr rübertreten konnte, da müsste man schon ernsthaft krabbeln, wenn man sich den vorher zu lange anguckt. Ich ritt also relativ energisch auf den einen oder anderen Sprung zu und Nacariño ging alles mutig an und machte sich das irgendwie passend, auch wenn es eigentlich nicht passte. Zügel weg und oben bleiben, er kommt schon hinten an!

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Aber nun wollten wir ins Wasser! Der Teich hatte nich so viel Wasser wie beim letzten Mal, aber Nacariño kannte diesen großen Teich ja noch gar nicht. Und beim ersten Mal hier hatte er am kleinen Teich ja genug Theater gemacht, bis er sich endlich rein wagte. Ich war also gespannt, wie lange er dieses Mal brauchen würde und wie lange ich würde überreden müssen.

Äh – gar nicht…! Er ging sofort ins Wasser und fand das total toll. Er galoppierte mit Begeisterung durch das Wasser – und Fàscino immer ganz dicht hinter, neben oder vor uns. Das war zu und zu schön!!

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Fàsci genoss ein Sandbad – der Heistmer Sand lädt ohnehin enorm zum Wälzen ein. Natürlich durften sich alle Pferde hinterher noch ausgiebig wälzen, das lieben sie hier. 

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Nacariño war auch nach dem Wasser noch kein bisschen müde, er war „an“ und wollte und wollte. Also guckte ich mir noch ein paar Sprünge aus. Und ließ es noch etwas schwerer werden. Nacariño machte enorme Sätze und fing an, zu suchen, welchen Sprung ich anguckte. Er war richtig heiß auf’s Springen. Ein tolles Gefühl! 
Auch toll war das Gefühl, dass mein Körper durch die Sprünge in diesem Jahr wieder so viel geschickter und so viel reaktionsschneller am Sprung geworden ist, das macht einfach nur Spaß. Nacariño kann sich total verdrehen in der Luft, ich hatte nicht einmal das Gefühl, nicht im Gleichgewicht zu sein oder ihn zu stören. Das machte echt Spaß, es hatte so eine Selbstverständlichkeit trotz der noch nicht vorhandenen Routine. Nacariño war geradezu wild zwischendurch, aber dabei so ehrgeizig und kraftvoll und voller Lust.

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Das war trotz des spannungsgeladenen, schwierigen Beginns einfach großartig gewesen.
Kaum hatten wir abgesattelt, fielen die ersten Tropfen – hach, war uns das egal!! 
Wir strahlten um die Wette, die Pferde hatten wieder so viel gesehen und so toll mitgemacht. Kein Pferd hatte sich von dem frei laufenden Fàscino beeindrucken lassen, so dass ich das unbedingt nochmal wieder machen möchte. Es war schön!!

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Montag, 10.10.

Am Wochenende war ich in Bückeburg – Samstag besuchten wir mit acht Leuten das Seminar „Piaffe & Co.“ und Sonntag genossen wir die exclusive Morgenarbeit.

Und so nahm ich Nacariño vor dem Reiten ungesattelt an die Hand und fragte, angefüllt mit frischen inneren Bildern, mehrfach ganz ganz vorsichtig einige wenige verkürzte Tritte bzw. Piaffe-Ansätze an. Und das gelang so gut wie noch nie!
Ich wollte auf keinen Fall, dass er steigt, und konnte ein paar Anfragen danach im Keim ersticken, ohne irgendwie deutlich werden zu müssen, es reichte, im selben Moment den Gedanken an Bewegung fallen zu lassen. Nacariño blieb unten und ich hörte nach einer einzigen Runde um den Platz und drei erkennbaren und guten Ansätzen auf.

Mit einem großen Lob nahm ich ihn wieder mit in den Stall, sattelte und ritt ihn noch.

Und auch das Reiten fühlte sich klasse an, auch hier kein einziges Steigen (wohl mal kurz die Idee, aber die ließ Nacariño nicht bis in die Beine durch – brav, der Gute…), obwohl ich relativ viele Wechsel Arbeitstempo – Versammlung im Trab anfragte. Wenn er mir dabei an der Gerte noch durchlässiger wird, also die versammelnde Hilfe der Gerte noch mehr durchlässt, dann habe ich die Passage. Da wird sie irgendwann herkommen. Ich kann ihn jetzt schon über die Gerte aus dem freieren Trab in den versammelteren zurückführen, muss da aber ungeheuer auf das Maß aufpassen. Da überlegt er schon jedes Mal, wie viel er davon durchlassen soll. Der verkürzte Trab hat auch immer eine kleine Taktverschiebung, da ist immer mal so eine winzige Idee eines Anspringens drin, und so hörte ich hier nach drei taktklaren Tritten in seinem derzeit größtmöglichen Versammlungsgrad auf. 

Nach einem lässigen Galopp auf beiden Händen fragte er auf der linken Hand fast von selbst sofort aus der Schritt-Pirouette nach einem Anspringen, was auf der linken Hand so gut wie noch nie gelang, rechts natürlich noch nicht so. Aber die Idee ist ganz klar da.
Als ich einmal aus der Schritt-Pirouette die Energie erhöhte, aber noch nicht anspringen ließ, bekam ich tatsächlich zwei Piaff-Tritte in Pirouettenform. Ich ließ sofort völlig begeistert die Zügel fallen und lobte wie verrückt. Danach bekam ich einige Ansätze auch auf geraden Linien innerhalb der Bahn, obwohl ich damit höllisch vorsichtig sein muss.
Aber ich hatte jetzt so viele (gute, wirklich gute…) Piaffen gesehen, das Bild kam offenbar zu ihm durch und war mit einer Ruhe und Lässigkeit umgeben, dass es ihm keine Angst machte. An dem Thema muss ich jetzt unbedingt dran bleiben, das fühlt sich einfach zu gut an gerade…

Ich muss mich dabei mal filmen lassen, um zu sehen, wie weit das Gefühl dem von außen Sichtbaren entspricht… Ich glaube, das fühlt sich mehr an, als es aussieht 🙂

Wir hatten wunderbare Momente gehabt, das gab noch eine Belohnungs-Hofrunde, auf der er sehr flott und aufmerksam, aber am losen Zügel absolut gehorsam unterwegs war.

Es war ein wunderbares Wochenende und meinen Jungspunden taten die aufgefrischten inneren Bilder kolossal gut. Was für ein herrliches Gefühl heute mit den beiden!
Suchtfaktor!

Und zum ersten Mal hatte ich so richtig das Gefühl, dass Nacariño die kurze Pause gut getan hatte. Er kann mit den Pausen noch nicht so gut umgehen, aber heute war er einfach nur pur motiviert und willig und kam völlig entspannt auf den Platz und brummelte unter dem Reiter vor sich hin – zu und zu schön. Und wieder waren da ein paar Momente, in denen ich dachte, das ist auf jeden Fall eines der qualitätvollsten Pferde, auf denen ich je gesessen habe.

Ich hör mal auf mit Loben jetzt, sonst fliege ich nächstes Mal noch runter oder so. Mal sehen, welches seiner vielen Gesichter er nächstes Mal bereithält 🙂

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Mittwoch, 12.10.

Mir war nicht nach Reiten, also machte ich den Kappzaum drauf und nahm Nacariño an der Longe mit auf den Platz. An der ersten langen Seite fragte ich sehr behutsam nach verkürzten Schritten (noch keine Tritte, nur Schritte), die machte er sehr gut, aber ich musste vorsichtig sein. An der kurzen Seite stieg er ein bisschen, das dritte Hochkommen sanktionierte ich, indem ich einfach nur die Gerte an seinen Hals legte und ihn scharf anguckte, ich habe nicht einmal ein Geräusch gemacht, nur dieser Blick und ein deutliches Halten am Kappzaum – und weg war er. Und zum ersten Mal kam mir der Verdacht, ob das Abhauen vielleicht mit dem Kappzaum zu tun hat, ob es da vielleicht bestimmte Erinnerungen gibt und es damit einfach zu oft geklappt hat, denn diese Art Abhauen hat er nun so lange nicht mehr gemacht und jetzt, nachdem wir noch nicht einmal um dem Platz rum sind? Schon schräg.
Aber ich stellte verblüfft fest, dass ich ja doch noch lernfähig bin – ich hatte den Platz zugemacht. Wow.
An eben diesem geschlossenen Ausgang stand Nacariño nun, sichtlich hin und her gerissen zwischen Lust zum Weitermachen und Lust zur Widersetzlichkeit.

Ich sammelte ihn betont gelassen wieder ein und ging dieselbe Runde noch einmal.
Er lauerte, war krawallig, wollte aber unbedingt auch zuhören und mitmachen.
Das ist echt irre zu sehen, wenn es so in ihm arbeitet und gegen seine alten Dämonen ankämpft. Ich war echt gespannt, ob er nochmal einen Grund suchen (und dann wohl auch finden…) würde zum Abhauen. Ich hoffte nicht und blieb extrem wachsam, um das Maß zwischen fordern und nicht provozieren zu finden.

Es gelang – er haute nicht noch einmal ab. Ich bat erst ganz vorsichtig, später immer schneller um Wechsel zwischen vor und zurück. Das führte nachher so weit, dass ich ihn so schaukeln konnte, dass ein diagonales Beinpaar immer vor und zurück gesetzt wurde.
Das war neu, er fand es spannend und machte total gut mit. Ohne Steige-Ansätze.

Ich lobte und entließ ihn an die Longe. Ich longiere ja nun so gut wie nie, aber die tollen Übergänge, die er im Juni zeigte, waren sofort wieder da. Galopp – Halt – Galopp, ein ungeheuer lockerer Trab, toll anzuschauen.
Er war fein und aufmerksam und ungeheuer reaktionsschnell.
Allerdings drehte er sofort um, wenn ich auf der linken Hand durchparierte – auf der rechten Hand bleibt er, auf der linken macht er kehrt. Ich war hin und her gerissen zwischen fördern und nicht zulassen – also verfeinerte ich meine Ansage, um beides abrufen zu dürfen. Dafür trieb ich einmal nach einem fast-Durchparieren ziemlich scharf nach, als er drehen wollte und bot ihm aber dafür ganz bewusst auf der anderen Hand das Umdrehen an. Anfangs war er empört, als ich weitertrieb, aber schließlich konnte ich es, wenn ich geschickt und schnell genug war und in einem günstigen Winkel stand, so abrufen, wie ich es haben wollte. Damit war dann auch seine Empörung weg und er fing an, aufzupassen, was ich wollte – durchparieren oder wechseln. Das machte enorm Spaß!

Und dann fielen mir die kleinen Bälle ein. Ich ließ Nacariño also einen Moment alleine (zu süß, er wartete am Tor, bis ich wiederkam) und holte den blauen und den roten Ball – der rote ist ja bekennend sein „Angstball“. Ich schmiss die einfach auf den Platz, Nacariño schnorchelte los und starrte die an. Ich legte die Bälle nah an die Bande und longierte einfach weiter. Immer über die Bälle. Zwischendurch legte ich die etwas anders hin, und Nacariño wurde relativ schnell entspannter und ließ sich schließlich in allen Gangarten über die Bälle longieren und auch direkt davor anhalten und wieder antreiben. Er sah zu, dass er die Bälle nicht berührte, nahm sie aber nun hin.

Also nahm ich ihn an die Hand und fing an, die Bälle über den Platz zu kicken.
Prust!! Schnorchel!! Flucht!!!
Nix da, hierbleiben. Mitkommen!

Nacariño versteckte sich hinter mir und zuckte aber auch jedes Mal zusammen, wenn sich ein Ball bewegte. Irgendwann hielt er aber auch das aus, da der Ball ja immer von ihm weg gekickt wurde.
Als er entspannter wurde, kickte ich den Ball ganz behutsam auf ihn zu. Und das, was nun folgte, war echt süß – wir befassten uns eine gute Dreiviertelstunde nur mit diesen Bällen. Ich durfte die schließlich auf ihn zu und unter ihm durch kicken, aber er sprang jedes Mal in die Luft oder riss zumindest ein oder mehrere Beine hoch, dann ließ er sich mehrfach fast fallen, so wie sich junge Hengste bei Spiel in das Kompliment fallen lassen, er haute nach dem Ball, wenn der ein Hinterbein berührte, was aber nur passierte, wenn der unter ihm durch rollte, und das passierte wiederum einige Male, als Nacariño den Ball durch seine wilden Vorderbeine von selbst unter sich kickte.
Er haute aber schließlich überhaupt nicht mehr ab und fing zum ersten Mal an, sich mit den Bällen zu befassen.
Ich lobte ihn wie verrückt, wenn er den Ball mit dem Maul berührte, und einige Male schubste er den sogar mit dem Maul weg, was noch mehr belohnt wurde.
Jede Berührung, jedes auf den Ball zugehen wurde deutlich belohnt, und nach einiger Zeit fand Nacariño Gefallen daran. Er ging jetzt überhaupt nicht mehr weg von den Bällen, war zwar immer noch mächtig in Bewegung, ließ die aber nicht aus den Augen und ging immer wieder mit dem Maul ran.

Schließlich nahm ich einen Ball hoch – da wich er doch wieder ein bisschen aus – und streichelte Nacariño damit. Das war ihm erst nicht geheuer, dann ließ er es sich gefallen.
Das wiederum ging so weit, dass ich schließlich die Bälle gegen ihn und über ihn werfen durfte, von der Seite und von hinten, und schließlich sogar beide Bälle gleichzeitig. 
Nacariño stand frei auf dem Platz, hatte die Augen halb geschlossen, und ließ sich bewerfen.

Nacariño ging total entspannt und zufrieden vom Platz und war ungeheuer kuschelig.
Insgesamt waren wir mehr als eine Stunde auf dem Platz gewesen, aber das sind Dinge, dafür braucht man einfach einmal unbegrenzt Zeit. Das war super!!

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Sonntag, 16.10.

Nach ein paar freien Tagen ritt ich mal wieder. Nacariño war für seine Verhältnisse echt durchlässig und nachgiebig, die Gerte kam gut durch, der Trab war relativ gut verschiebbar, hier muss ich nur aufpassen jetzt, dass sich der Takt festigt.
Also nicht der, den er geht, sondern der, den er gehen soll 🙂

Ein paar tolle Pirouetten-Ansätze hatten wir, die allerdings nachher zu kraftvoll gerieten, als Nacariño wusste, dass das Anspringen richtig und gewünscht ist. Prompt legte er da viel zu viel Energie rein und fand sich toll.

Gegen Ende bekam ich noch ein paar schöne Trabverstärkungen, aber in der Versammlung muss ich an den Takt ran. Da fehlt mir gerade die zündende Idee – bis auf die, nicht ganz so stark zu versammeln natürlich, aber je versammelter, je elastischer ist sein Rücken und um so besser ist er zu sitzen. Deswegen fördere ich das ja gerade, aber seinen Hampeltakt dabei will ich nicht fördern…

Hmm, Herausforderung. Da muss ich noch ein bisschen drauf rumdenken!

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Montag, 17.10.

Tatsächlich war Nacariño bei voller Energie so gehorsam, dass ich aus dem Schritt ein paar sehr gute halbe Tritte bekam und ein paar sehr schöne Schritt-Trab-Übergänge.
Wenn das zu sitzen sein soll, braucht es aber einfach einen gewissen Versammlungsgrad, also suchte ich wieder die richtige Mischung aus Takt und Versammlung im Trab und wollte den Galopp dafür heute mal ein wenig hintenan stellen. 

Ich sehe schon, ich muss da noch ein bisschen weiter drauf rumdenken, so ganz ist es das noch nicht. Ich muss mit der Gerte noch besser durchkommen dürfen, die Hilfe aus der Gerte muss Nacariño „einfach“ (haha) mehr durch den Rücken durchlassen.
Das alleine ist im Zweifel schon das Rezept für den Takt in den Trabbewegungen – und das natürlich an leichter Hand, sonst ist es wertlos. Wenn er da die Unterstützung der Hand sucht, geht das Ganze bergab, ist wieder nicht zu sitzen und hat na klar auch nichts mit einem losgelassenen Rücken zu tun.
Nicht langweilig…

Den Galopp hielt ich kurz, Nacariño war voll in der Pirouetten-Idee und die möchte ich nicht kaputt machen, aber auch keinesfalls jedes Mal annehmen.
Es ist gerade echt schwierig, das richtige Maß zu finden – ihm fehlt eine Idee zwischen Versammlung und freiem Gang, er hat einfach noch kein individuelles Arbeitstempo, das er losgelassen halten kann. Also beendete ich den Ritt, bevor ich zu viel Versammlung und er zu viel Verstärkung anfragen konnte.

Und dann waren Nacariño und ich im Wildpark 🙂

Also, um genau zu sein, waren wir nur auf dem Feld mit den schönen lila/weißen Blüten. Aber auf dem Weg dahin machte es vor uns Flap Flap und ein Fasanen-Pärchen kam aus dem Gebüsch. Nacariño überlegte kurz, abzuhauen, entschied sich dagegen und guckte den zu Fuß davon eilenden Fasanen hinterher.

Es machte etwas energischer hinter uns Flap Flap, als eine Ente aus dem Graben geschossen kam und an uns vorbei flog. Nacariño zuckte ernsthaft zusammen, blieb aber gehorsam. Ich fand unseren Ausflug jetzt schon total toll, aber es kam noch toller.

Im Feld staunte Nacariño nicht schlecht. Diese Blütenstengel sind wie Schlingpflanzen, die ziehen einem echt die Füße nach hinten! Und die Blüten sind teilweise widerristhoch!
Im Schritt alles kein Thema, im Galopp ist das spannend. Ich ritt wohlweislich weit in das Feld hinein, weil ich ahnte, dass Nacariño, wenn er erst galoppieren durfte, reichlich Kante geben würde und nicht nach zwanzig Meter würde durchparieren wollen.

Bei dem Ritt durch dieses  Feld sprangen – ich weiß es nicht genau, ich kam mit Zählen gar nicht hinterher – bestimmt zehn Rehe auf und in großen Sätzen durch das Feld davon. Hier mal zwei, da mal zwei, Nacariño erschrak hier und da und guckte denen hinterher, eines sprang erst hoch, als er fast drauf trat, da erschreckte sich ziemlich heftig. Aber er musste da nun durch und hatte das gefälligst toll zu finden – wann kommt man Rehen schon mal so nah? Es sah so toll aus, wie die über diese Blüten sprangen – und sie mussten richtig springen, sie verschwanden völlig im Feld und tauchten dann im Sprung wieder auf, zu schön!

Irgendwann kamen wir im letzten Drittel des Feldes an, ich wendete und Nacariño durfte anspringen. Das tat er – und dann wollte er Gas geben. Das klappte in diesem Feld aber nicht und so fühlte sich das, was er dann machte, wie eine endlose Reihe In-Outs an. Er sprang und sprang und sprang, ich ließ ihn einfach machen in der Gewissheit, ihn gegen Ende schon wieder durchparieren zu können. Und tatsächlich war der lange Weg gut gewählt – die Sprünge kosteten Kraft, ich musste überhaupt nichts tun am Feldende.

Was für ein irres Gefühl!! Nacariño durfte nochmal. Und wusste nun, was auf ihn zukommt, also teilte er sich seine Kraft geschickter er. Er schaffte es, springen und schnell miteinander zu verbinden. Trotzdem hörte er am Ende brav von selbst auf und wir ritten an der Straße zurück. Er wurde immer entspannter, die Aufgekratztheit ließ nach, wir kamen ganz entspannt am Stall an. Das war ein tolles Erlebnis!

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Montag, 24.10.

Ich probierte mal den gebisslosen Zaum aus und war mir vorher gar nicht mehr sicher, ob Nacariño den schon einmal „anhatte“ oder noch nicht – Dón ging damit ja sehr schön und ich war auf Nacariños Meinung dazu gespannt.

Eindeutig – ich hatte den noch nicht drauf gehabt. Das Gefühl war nahe an fürchterlich. Nacariño machte sich völlig schief und zog links vehement gegen den Zaum. Er blieb völlig brav, fühlte sich aber sichtlich unwohl damit.
Ich blieb noch einen Moment dran, fragte nach Wendungen und Biegung, er wurde ein wenig leichter, aber ich ließ ihn damit nicht einmal antraben.

Nach gut zehn Minuten verließen wir den Platz und gingen die kleine Hofrunde.

Das war’s für diesen Tag – und vermutlich war es das auch für Nacariño und diesen Zaum. Vielleicht freut Dón sich ja, wenn mal irgendwas ihm alleine gehört  🙂

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Mittwoch, 26.10.

Ich ritt morgens und es war eine ganz wunderbare Stimmung. Die Sonne kam kaum durch den Nebel, weit konnte man nicht sehen, es war ein skurriles, wunderschönes Morgenlicht.
Die Pferde auf der Weide verschwanden im Dunst. Es war so ein bisschen eine eigene kleine Welt, die Geräusche unserer Pferde auf dem Platz, das Rascheln, wenn sie durch das Laub trabten, ihr Schnauben, unser Lob.

Und so schön und versunken, wie diese Stimmung war, ging Nacariño auch. Ich legte Wert auf Nachgiebigkeit, die ich trotz einiger Unruhe im Hals bekam; im Trab war er – trotz relativer Versammlung – mal wieder überhaupt nicht zu sitzen, so dass ich vorsichtig nach mehr Versammlung, dafür in kürzeren Reprisen fragte.
Ich bekam eine schöne Hinterhandaktivität, aber der Rücken war nicht so losgelassen, wie ich es mir gewünscht hätte, also fragte ich relativ früh erste Galoppsprünge an.
Die gerieten reichlich dynamisch, Nacariño ließ sich aber immer mehr auf das „versunken-sein“ ein, wurde immer entspannter und hörte immer besser zu.

Schließlich bekam ich aus dem Trab auf der linken Hand ein Angaloppieren, das war echt von einem anderen Stern. So ist er noch nie angaloppiert. Das war der Hammer! Federleicht, auf allerfeinste Hilfe, ganz versammelt und gesetzt, total toll.
Das hielt er zwei, drei Sprünge durch, dann wurde er etwas länger, flacher und damit auch nicht mehr so durchlässig, dennoch gelang der Übergang zum Schritt. Brav, der Gute!!

Also blieb ich bei diesen Übergängen – aus dem Schritt möglichst versammelt (Takt! Takt! Takt!) antraben, daraus so weich wie möglich in den Galopp einspringen lassen, diesen einige schöne, möglichst gesetzte Sprünge durchhalten und dann während einer Nickbewegung nach oben in den Schritt zu parieren. Nickt er gerade nach unten, erhalte ich den Galopp, weil der Übergang sonst ziemlich sicher auf der Hand landet oder ausläuft.
Erwische ich den Übergang in einem nach-oben-Nicken, habe ich eine reelle Chance, dass Nacariño sich setzt und direkt in den Schritt kommt.
Das mag dann für den Betrachter nicht so schön aussehen, ist mir aber herzlichst egal, schön machen kann ich das später, wenn er sich sicher setzen lässt und den Übergang über die Hinterhand ausbalanciert – und nicht über meine Hände.
Ich bin ja ohnehin kein „Haltungs-Fetischist“, mir ist also auch der unruhige Hals egal, weil ich den Fokus auf hinten, hinten, hinten lege. Was bringt mir ein Übergang in einer Kopf-Hals-Haltung, die nach „am Zügel“ aussieht, mir aber Gewicht in die Hand legt? Natürlich sollen Hals und Rücken nicht weggedrückt sein, aber es gibt ja was dazwischen – und das will ich haben. Den tätigen Rücken und das zur Lastaufnahme bereite, aktive Hinterbein. Und damit die freie Schulter, und all‘ das macht erst die Leichtigkeit vorne möglich.
Ich will meine Pferde um’s Verrecken nicht auf der Hand haben. Und jetzt bitte nicht falsch verstehen – das heißt nicht, aber auch so gar nicht, dass ich sie nicht anfasse vorne! Ich fasse alles an, was Halt braucht, den gebe ich, ich fasse an, um nachgiebig zu machen (dann ist in der Regel die andere Hand aber leicht bis völlig weg, niemals stehen beide Hände an, um Nachgiebigkeit zu erzeugen!), ich habe aber bei jedem Anfassen das unbedingte Bedürfnis, loszulassen – und das tue ich sofort, wenn das Pferd sich über den Hals ausbalanciert hat, sich tragen kann (und das auch tut) und sich im Gleichgewicht befindet.
Und da wir uns ja in Bewegung befinden, ist dieses Gleichgewicht störanfällig – je nach Art der Bewegung mal mehr, mal weniger. So habe ich bei Nacariño im Galopp meist (noch) deutlich mehr in der Hand als im Trab, vor allem auf der rechten Hand. Im Schritt trägt er sich schon über ganz weite Strecken selbst. Je mehr seine Hinterhand auf Tragen und nicht auf Schieben eingestellt ist, um so leichter ist er in der Hand.
Das allerdings gilt nicht nur für ihn 🙂

Und so bekam ich das Angaloppieren auf der linken Hand mehrfach von ihm in einer außergewöhnlichen Qualität, und ein einziges Mal gelang uns das tatsächlich auch rechts. Er hielt das nie mehr als vier Sprünge durch, aber so ein Anspringen habe ich bislang überhaupt noch nie bekommen von ihm.
Ich war hin und weg und machte gar nicht lange (der Trab war danach übrigens auch besser zu sitzen – da bedingt doch immer das Eine das Andere…). Wir ließen unsere beiden tollen Pferde einfach rumstehen, quatschten miteinander, die Pferde schnuffelten aneinander herum.
Er wurde immer entspannter, seine Atmung ging immer ruhiger und flacher, gefühlt döste er da unter mir fast weg. Eine Mitreiterin hatte das eine oder andere Anspringen gesehen und auch ihr war die Qualität aufgefallen, zudem meinte sie, dass sein Gesichtsausdruck insgesamt ein völlig anderer geworden ist.
Viel ruhiger, viel gelassener, die Widersetzlichkeit ist weg.

Das ist beim Reiten auch wirklich spürbar, er ist so richtig angekommen, bringt sich ein, er hat so einen tollen Ehrgeiz entwickelt. Seit kurzem lässt er sich auch viel besser mit der Gerte „anfassen“, das brauche ich ja unbedingt, um mit so wenig Schenkeleinsatz wie möglich reiten zu können. Ich setze so viel lieber eine Gerte ein, die so herrlich differenziert angewendet werden kann, den Schenkel nutze ich lieber „für’s Grobe“, also z. B. das flach anliegende Bein für eine Seitwärtsbewegung, beide sich schließende Beine für vermehrte Versammlung. Zum echten Treiben möchte ich den Schenkel, wenn möglich, so gut wie nicht nutzen. Die Gerte bietet mir so viel mehr Möglichkeiten. Und inzwischen nimmt Nacariño die so gut an, lässt die Anforderungen der Gerte so viel besser durch, dass ich alleine durch kleine Berührungen am Fell Veränderungen in Haltung, Tempo und Grundspannung variieren kann. Da hat sich seine Bereitschaft kolossal verändert.

Ich bin allerdings wirklich gespannt, ob dieser Trab je angenehm wird…??
Es werden noch Wetten angenommen! (Seufz…)

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Samstag, 29.10.

Natürlich war Nacariño beim letzten Themen-Tag des Jahres dabei – und er war klasse!!

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