29.10. – Seminar „Wege zur Piaffe“

Theorie – halbe Tritte auf dem Weg zur Piaffe
Sinn und Zweck halber bzw. piaffartiger Tritte
Takt, Rhythmus, Fußfolge
Welche Voraussetzungen muß das Pferd mitbringen?
Welche Voraussetzungen muß der Ausbilder mitbringen?
Anforderungen an den Ausbilder bzw. Führer an der Hand
Anforderungen an den Ausbilder bzw. Reiter im Sattel
Vorbereitende Übungen
Anzeichen positiver, negativer und mangelnder Grundspannung
Anzeichen korrekter Versammlung

Trockenübung der Teilnehmer
eigenes Erfühlen von Körperspannung, Takt, Rhythmus, Gleichgewicht
und deren Veränderungen und Veränderbarkeit
Übergänge Schritt, Halt, Rückwärts, Piaffe
Verschiebbarkeit der Schrittlänge mit und ohne Musik

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Praxis Teil I – die Entwicklung halber Tritte an der Hand
welche Exterieurmerkmale begünstigen oder erschweren eine Piaffe?

Durch das Zulassen aller angebotenen Bewegungen, ohne etwas zu unterbinden oder zu verbieten oder die Vorwärts-Idee zu beeinträchtigen, entstehen bei dem 14jährigen P.R.E. Joya schöne Piaff-Tritte mit guter Energie.

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Der junge Highland-Wallach Paddy (5) zeigte trotz überbauter Kruppe eine wunderbar aktive Hinterhand, die schon jetzt zur Lastaufnahme bereit ist. Er zeigte als Vorübung das Anheben und Versetzen der Hinterbeine auf Gertenzeichen.

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Immer wieder um Vertrauen werben! Bei jedem neuen Pferd wurde erst einmal Kontakt aufgenommen und die Stimmungslage erfühlt, um die Anforderungen darauf abstimmen zu können. Die junge Paso-Fino-Sute Quinta (7) zeigte nach anfänglichem Misstrauen eine hohe Bereitschaft und Beweglichkeit im Verschieben des Gangmaßes.

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Der hochelegante Araber-Wallach Krokus (15) kam energiegeladen und höchst umweltorientiert in die Bahn und zeigte sich äußerst beweglich.

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Seine Energie nicht zu bremsen, sondern zu nutzen lenkte seine Konzentration schließlich auf federnde, elastische Tritte.

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Das älteste Pferd des Tages, der 21jährige Islandwallach Loftsteinn von Krukow, begeisterte mit einer Lebensfreude und Dynamik, die fantastische Tritte und kurze, gesetzte Sprünge zuließen. Er bietet piaffartige Tritte erst seit zwei Monaten an und zeigte seine Idee davon begeistert den Teilnehmern

Auch bei ihm werden keine Bewegungen unterbunden, alles ist erlaubt. Und so wird auch eine Erhebung auf die Hinterhand dankbar angenommen. Dieser Mut zur Erhebung wurde bei allen Pferden sichtbar, deren Energie nicht ausgebremst, sondern zugelassen und in die gewünschten Bahnen gelenkt wurde. Jegliches schablonenartige Denken nur in piaffartigen Tritten kann den Pferden die Idee verleiden. Das Gegenteil war hier heute der Fall – Pferde, deren Bewegungsdrang genutzt und gefördert wurde, um daraus die gewünschten Tritte (geschenkt) zu bekommen

Nach der Mittagspause:
Praxis Teil II –
die Entwicklung halber Tritte unter dem Reiter

Joya (14, P.R.E.) zeigte die möglichst fließende Verschiebbarkeit der Schrittlänge …

… und das Verkürzen der Schritte. Durch das Eintakten über die Stimme wurde nun aus dem Viertakt ein federnder Zweitakt.

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Und auch in der Piaffe selbst sind schon deutliche Veränderungen
der Dynamik
 möglich und daraus immer häufiger ein Erheben der Vorhand.

Das anfängliche Entziehen Joyas durch kurze Sprünge wurde inzwischen
zu einem abrufbaren Terre à Terre kultiviert, ein „Abschicken“ daraus
in die Carriere steht seit kurzem auf Joyas Übungsplan.

Zudem konnte er eindrucksvoll zeigen, dass (nur?) aus einer guten Passage eine wirklich schöne Trabverstärkung entstehen kann.

Die junge Fünfgängerin Lukka (6, Islandpferd) kam zum vierten Mal mit der Idee halber Tritte in Berührung und zeigte erste Verschiebungen im Gangmaß und das beweglich- und flexibelmachen der Hinterbeine als Grundidee, um später aus den Schritt-Verschiebungen erste halbe Tritte einleiten zu können. Ihr stehen ihre vielen Gang-Möglichkeiten noch ein wenig im Weg, so dass hier immer wieder viel Wert auf den sauberen, ruhigen Schritt und dessen Verschiebbarkeit gelegt wird.

Und auch unter seiner ständigen Reiterin und Ausbilderin Ebba zeigte der 21jährige Islandwallach Yu-ka-teh sofort und begeistert seine bisher nur an der Hand abrufbaren neuen Ideen. Mit ungeheurer Energie und Gehfreude bot er piaff- und passageartige Tritte voller Dynamik und sehr kurze, tief gesetzte Galoppsprünge an.

Wo Yu-ka-teh vorwärts denkt, sichert sich der 10jährige Trakehner Schewior lieber nach hinten ab. „Im Zweifel zurück“ denkt sich der schöne Totilas-Halbbruder, der dieser Idee früher durch massives Steigen Ausdruck verlieh. Diese Zeiten sind wohl vorbei, dennoch gilt es immer noch und immer wieder, in ihm die Vorwärts-Idee zu wecken und wach zu halten. Dies gelang durch den Wechsel von Spanischem Schritt und der klaren Vorwärtsidee in energischen, sehr behutsam verkürzten Tritten.

Auch er durfte selbstverständlich immer wieder Bewegungen einfließen lassen, die halfen, seine Spannung abzubauen. Daraus wurden schließlich elegante, tänzerische Bewegungen und ein Strahlen seiner Reiterin.

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Der Spitzname „Emma“ mochte an diesem Tag nicht passen, „Power“ war ihr zweiter Vorname. Die mit großen Gängen gesegnete Islandstute Sarah vom Thorhof (11) sprühte vor Energie, und auch hier war nicht Herunterfahren angebracht, sondern Spannungsabbau durch Bewegung. Anfangs zeigte sie, dass Seitengänge auch im Tölt möglich sind und dieser auch sehr durchlässig möglich ist und fantastisch aussieht, später brachte sie sogar das Kunststück passageartiger Tritte im Tölt fertig. Da war sie aber auch bereits in der Lage, ausdrucksvoll zu traben, auch wenn sie dem Tölt an diesem Tag klar den Vorzug gab.

Bei der Bitte, ihre Schrittlänge zu verschieben und die Schritte zu verkürzen, entlud sie ihre Spannung durchaus auch mal nach oben-vorne. Diese geballte Kraft ließ sich später umleiten in große, ausdrucksvolle Tritte.

Danach war wieder mehr Vorwärts-Idee gefragt, insbesondere ist bei Vollblutaraber Wazeer (14) noch die Vorderbeintechnik zu verbessern. Eine klare Idee von der Piaffe hat er bereits seit einigen Monaten, er zeigt eine große Bereitschaft, die Kruppe zu senken und sein steiles Hinterbein zu winkeln. Die Bewegung fällt ihm leicht und er bietet sie an. Bei ihm wird deutlich, daß das schönste Exterieur nichts wert ist, wenn das Interieur nicht stimmt – und daß ein gutes Interieur Exterieur“mängel“ ausgleichen kann.
Jedoch piaffiert Wazeer noch mit rückständigem Vorderbein und sehr wenig Winkelung des Unterarms. Dies galt es zu verbessern durch den immer schneller werdenden Wechsel zwischen Spanischem Schritt und Aktion im Hinterbein. Hier wurde deutlich, dass er langsameres Denken bevorzugt 🙂

Er gab sich aber alle Mühe und zeigte so schließlich schöne Tritte mit vermehrter Energie der Hinterbeine und deutlicher Aktion der Vorderbeine. Hierdurch veränderten sich sein Gesamtausdruck und die Qualität der Piaffe deutlich.

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Und so bot er plötzlich ganz in Ruhe eine erste Erhebung an!

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Er war zu Recht stolz auf seine Leistung!

Die hervorragend und weit ausgebildete schöne Falbstute Salida de Sol
(17, Lusitano) konnte den Teilnehmern die „Bergziege“ demonstrieren

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Die anfangs schöne, aber noch recht matte Piaffe …

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… ließ sich durch ein bestimmtes Hochfahren der Energie deutlich im Ausdruck verbessern

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Der fantastische Spanische Schritt der Stute ließ sich leicht mit der Passage kombinieren, so dass nach kurzer Zeit ein ausdrucksvoller Spanischer Trab zu beobachten war.

Zudem konnte Kyra-Linn auf der nun mit positiver Energie aufgeladenen Stute ihre ersten Terre à Terre Sprünge erfühlen.

Die Teilnehmer können den Spannungswechsel
der Muskulatur direkt am Pferd erfühlen:

Und auch mein alter Kämpen konnte dabei sein – wie schön! Ich saß erst zum 4. Mal wieder auf seinem Rücken seit seinem Unfall und mag noch keinen Sattel auflegen, stelle und biege auch noch nicht. Ich bin aber immer mehr überzeugt davon, dass seine erlernte Versammlungsfähigkeit ihm ein pferdegerechtes Leben zurück gibt – durch verkürzte Schritte, Tritte und Sprünge hat er Körpergefühl und Koordination der Hinterhand zurück gewonnen. Soweit es in seinen jetzigen Möglichkeiten steht, hat er dies gezeigt

Und die Teilnehmer durften „Hand anlegen“ und die Veränderung in der Muskulatur erfühlen beim Verschieben des Schritts in halbe Tritte und dem darauf folgenden Entspannen. Insbesondere das Erfühlen der Hosen- und der Bauchmuskulatur erstaunte und faszinierte die Teilnehmer

Ein Bericht von Ines:
Aufgrund eines langen Programms mit vielen Pferden startete der Tag bereits um 9:30 Uhr. Das Interesse an diesem Seminar war groß. Zu Beginn gab es eine ausführliche Theorie-Einheit zu den Grundlagen – u.a. ging es hier um Theorie von halben Tritten bis zur Piaffe, Sinn und Zweck von halben Tritten/Piaffe, Voraussetzungen von Pferd und Ausbilder zum Erarbeiten einer Piaffe sowie positiver und negativer Grundspannung.
Es folgten Trockenübungen in der Halle zum eigenen Erfühlen von Körperspannung, Takt, Rhythmus und Gleichgewicht und deren Veränderungen. In diesem Teil wurde sehr deutlich, wie unterschiedlich die individuellen Ansprüche an eine Piaffe sind, wie unterschiedlich das persönliche ästhetische Empfinden an eine „perfekte Piaffe“.
Zudem wurde während der Trockenübungen mit Musik „experimentiert“, der Einfluss von passender Musik konnte am eigenen Körper erfühlt werden und brachte so Manchen zum Staunen.
Nach Theorie und Trockenübungen war es Zeit für die eigentlichen Hauptdarsteller: die Pferde. Im ersten Teil wurden die Pferde einzeln an der Hand vorgestellt, nach der Mittagspause wurden Wege der Erarbeitung der Piaffe unter dem Reiter demonstriert.
Eine große Anzahl an Pferden verschiedener Ausbildungsstände machte das Seminar zu einem eindrücklichen Erlebnis, konnten doch unterschiedliche Stadien der Ausbildung von „noch kein Kontakt mit einer Piaff-Idee“ bis hin zur abgesicherten Piaffe gezeigt werden. Neben den unterschiedlichen Ausbildungsständen zeigten die Pferde zudem größtmögliche Unterschiede in In- und Exterieur. Es wurde deutlich, wie wichtig Flexibilität und Einfühlungsvermögen des Ausbilders sind, um jedem Pferd mit unterschiedlichen Ansätzen die bestmögliche Förderung zugestehen zu können.
Ein langer Tag fand einen tollen Abschluss mit Fàscino, an dem die Teilnehmer dann „Hand anlegen durften“ und das Zusammenspiel der Muskeln in der Bewegung erfühlen konnten. Der Einsatz von Fàscino ist vor dem Hintergrund seines schweren Weideunfalls vor drei Monaten um so größer zu bewerten. Der große Hannoveraner  zeigte sich stolz und schien die Aufmerksamkeit zu genießen.Ein großer Dank gilt wie so oft allen Pferden, die ihr Können und ihre Mitarbeit demonstrierten. An dieser Stelle auch noch ein gesonderter Dank an Corinna, die dieses Seminar gestaltete und Teilnehmer und Pferde gleichermaßen begeistert und begeisternd durch den Tag führte.

Ein Kommentar von Ebba:
„Wow, was für ein Tag . So viele Eindrücke und Ideen, dass am Ende des Tages schon fast nichts mehr reinpasste. Völlig verschiedene Pferde, nicht nur in den Rassen, sondern auch in den Charakteren und Ausbildungsständen. Jedes bekam seine ganz eigenen Bilder mit auf den Weg und und durfte dann ausprobieren und zeigen, was ihm dazu einfiel. So entstanden viele Wege in Richtung Verschiebbarkeit und letztendlich kam es zu Piaffeansätzen und Piafftritten.
Faszination Pferd pur, mit einer Corinna, die vor Ideen nur so sprühte und dieses auf die Pferde übertrug und sie so dazu brachte, doch einfach mal neue Bewegungsmuster auszuprobieren. Immer begleitet von dem theoretischen Hintergrund, warum sie gerade diesen Weg auswählte, sollte er doch zum Gebäude, Ausbildungsstand, Gangvermögen und der gerade vorhandenen Grundspannung passen.
Danke an all die tollen Pferde und ihren Menschen und danke Corinna für diesen rundum gelungenen und spannenden Tag.“

So hat Tina den Tag erlebt:
„Es war ein super Seminar mit Sucht-Faktor… echt toll! Du hast wieder gewohntermaßen alles gegeben und warst voller Energie. Deine Erfahrung und Dein Gespür für die Grenzen und eine gehörige Portion „freies Kind“ gepaart mit Fantasie haben ständig begleitend gewirkt. Schön anzusehen, aber schwer nachzuahmen… Trotzdem konnte jeder Bilder und Ideen mitnehmen und in seine weitere Arbeit einbauen.“

Ines hat den Tag so empfunden:
Das Seminar war einmal mehr ein toller, lehrreicher Tag. Die vielen unterschiedlichen Pferde zeigten so viele unterschiedliche Bewegungsmuster, dass man gar nicht umhin kam, zu erkennen, dass eine Piaffe (und letztendlich alle anderen Lektionen auch) nicht in eine Schablone gepresst werden kann. Für mich hat jedes Pferd seine eigenen Spuren und Erinnerungen an diesen Tag hinterlassen. Jedes Pferd hat auf seine eigene Art diesen Tag mitgeformt und zu diesem abwechslungsreichen und spannenden Seminar beigetragen.
Sehr stark im Kopf geblieben sind mir persönlich: Quinta, die schüchterne, skeptische Paso Fino Stute, die innerhalb von nicht einmal einer Runde in kurzen Reprisen nach und nach auftaute, Vertrauen fasste und schlussendlich klare Piaff-Ideen erkennen ließ, und Yu-ka-teh, in dem ich viele Bewegungsmuster meiner eigenen Lusitano-Stute erkennen konnte – der kurze, kraftvoll gesetzte Galopp, die Freude, Kraft in eben diese kurzen Sprünge und schlussendlich Tritte zu setzen. Die Bereitschaft dazu sehe ich in meiner Stute – und einige kurze, hohe Galoppsprünge ebenfalls schon, auch wenn diese noch lange nicht soweit ausgeprägt sind, wie bei Yu-ka-teh. An dem Islandwallach habe ich einen Vorgeschmack darauf bekommen, wie unser Weg vielleicht aussehen könnte.
Das Seminar hat „Lust auf mehr“ gemacht und ich habe bereits die ersten Ideen und Eindrücke – zunächst einmal die unabdingbare Verschiebbarkeit der Bewegung im Schritt – zu Hause ausprobiert und die gesammelten Bilder nutzen können.

E-Mail von Sandra:
„Also zuerst einmal Danke für das tolle Seminar. Es war sehr aufschlussreich und interessant. Auch dass Du aus wirklich jedem Pferd etwas herauszaubern konntest. Es hat mir mal wieder gezeigt, dass Du ein Händchen für Pferde hast!!!“

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