5.8. – Team-Légèreté-Turnier

Zum 3. Mal lud das Team Légèreté zum „etwas anderen Turnier“ ein – starten durften Team-Mitglieder und deren Reitbeteiligungen sowie Einsteller bzw. Reitbeteiligungen des Reitstalles Wüstenkate.
25 genannte Pferden und 67 Nennungen in 6 Prüfungen waren ein neues Rekordergebnis – und so dauerte der Turniertag auch ohne Pausen fast 12 Stunden! Aber was für ein Tag – das Wetter spielte mit, neben Anspannung und Aufregung aber auch aller Orten fröhliche Gesichter, sehr gute Vorstellungen, wunderbare Pferde in ihrer ganzen, das Team so ausmachenden Vielfältigkeit und Individualtität.

Mein erster Start des Tages: Fàscino in der schweren Arbeit an der Hand (H2).
Gut sah er aus, mein Großer, glänzend, gut bemuskelt, insbesondere am Hals, und er war freudig gespannt, was ich mit ihm vorhabe, als er wusste, dass auch er dieses Mal dabei sein sollte. Er fühlte sich gut an vor der Prüfung, willig und leicht, in der Prüfung drehte er dann sehr auf und galoppierte extrem versammelt an der Hand (was überhaupt nicht verlangt war) und gestaltete auch den Rest der Aufgabe durchaus individuell mit 🙂

Joya absolvierte diese Prüfung ebenfalls sehr energiegeladen und baute diverse kleine eigene Ideen ein, so dass die Richter beiden Pferden die gleiche Note gaben: 6,7. Damit waren meine beiden gemeinsam auf dem 3. Platz.

Es folgte die K2, die gerittene schwerere Aufgabe, in der ich nun in Ruhe Zeit für Joya hatte, da ich hier nur ihn vorstellte. Er fühlte sich beim Abreiten relativ gut an, zeigte aber wieder die Spannungen im Rücken, die er so gern zeigt, wenn er gespannt ist, was gleich kommen wird. Vor Auftritten konnte ich das nun schon häufiger bemerken – dann reicht eine Kleinigkeit, um ihn zum Buckeln oder Klemmen zu bewegen, dann nimmt er alles überernst und verlangt ein extremes Einfühlungsvermögen. Zudem geht er nicht gerne auf dem Sandplatz. So kam er nicht ganz so gelöst in die Prüfung, wie ich es gern gehabt hätte und kleine Spannungen zogen sich dann auch durch die Aufgabe, in der mir insgesamt die Dehnungsbreitschaft und die Rückentätigkeit fehlten. Insgesamt jedoch ging er die Aufgabe sehr korrekt, sehr fein, mit guten Seitengängen, einer schönen Dehnungshaltung im Galopp, einem sauberen fliegenden Wechsel und sicherem Halten. Mit einer 7,3 kamen wir hier auf Platz 5.

Und nun endlich „Freestyle“ und Musik! In der Kür startete ich zuerst mit Joya, da ich ihn und mich jetzt ja nur kurz umstylen musste. Beim Abreiten nun viel leichter Sitz, nach vorne, nach vorne, nach vorne, Rücken aufmachen, Nase tief und vor, freies Schwingen. Die Zeit passte gut, Joya löste sich immer mehr, wurde immer entspannter, verlor dabei aber nichts an seiner Feinheit. Ich fragte kurz den Spanischen Schritt an, den ich zum ersten Mal in einer Prüfung zu zeigen gedachte. Joya hatte Spaß und fühlte sich immer besser an.

Die Kür selbst dann – schwer zu beschreiben. Einer von den Ritten, wie sie einem nur selten gelingen. Pure Freude am Reiten, ein Pferd, das sich selbst übertrifft und nur so mit dem Wechsel aus Energie und Ruhe spielt in den Lektionen. Ich hatte die Kür mit so ungefähr allem ausgestattet, was wir können und es war einfach nur ein Genuss, sie zu reiten und dieses herrliche Pferd zu spüren. Winzige Ungenauigkeiten wurden überlagert von vielen Höhepunkten. Die Musik passte, die ganze Kür machte einfach nur Spass. Ich bekam das Grinsen überhaupt nicht mehr aus dem Gesicht.

Merlin hatte nun auch relativ viel Zeit, weil wir viele Starter in der Kür hatten. Es war ein durchaus hochkarätiges Feld, viele schöne Küren wurden gezeigt, für die sich im Vorfeld viel Mühe gegeben wurde. Ich denke schon, dass die Zuschauer spätestens an dieser Prüfung richtig ihren Spaß hatten. Merlin war links recht fest, aber da ich Zeit hatte, konnte ich ihn hier in langen, ruhigen, Reprisen nach und nach so weit lösen, dass er sich immer dehnungsbereiter und losgelassener zeigte. Schließlich bot er im Trab einen schönen Spannungsgrad an, der ihm ja aufgrund seiner Schlaksigkeit noch sehr schwer fällt. Es war phasenweise ein tolles Gefühl mit ihm beim Abreiten. Die Kür selbst lief er gehorsam durch, leider sprang er im ersten Galopp außen an, woraufhin ich ihn sofort nach außen stellte, vor mich hin grinste und so tat, als gehöre das so – er hielt den Außengalopp nicht lange durch und ich wechselte über Trab in den Handgalopp, sonst unterliefen keine groben Patzer, aber viele kleine Defizite insbesondere in der Losgelassenheit des Halses waren natürlich noch zu sehen. Und so sagte das Protokoll schließlich aus: „Hier war ganz klar sichtlich, dass die Reiterin geschickt versucht hat, dem Pferd Erfahrung zu vermitteln.
Na bitte, genau darum ging es mir  🙂

Kurz darauf war die Siegerehrung und ich wünschte mir so sehr, so so sehr…
Ich wusste nicht, wie die anderen geritten waren, konnte keinen Ritt verfolgen, wusste nicht, ob Joyas Lektionenreichtum hier gefragt war und ob er nach außen so gut aussah, wie er sich von oben angefühlt hatte, aber… Puh, da war ich doch einen Moment aufgeregt, ich wünschte mir und ihm hier so sehr den Sieg.
Und wir gewannen diese Prüfung!!
Mit 9,0 und 9,0 siegten Joya und ich in dieser Kür, Merlin kam mit 6,0 und 6,5 auf Platz 8. Ich freute mich wie verrückt über das Gefühl, dass die Kür mit Joya hinterlassen hatte und dass dieses Gefühl nun mit dem Sieg bestätigt wurde. Großartig!

Die letzte Prüfung des Tages stand an, die Offene Kür der Reitweisen. Jedes Pferd durfte 2x starten, wenn es in verschiedenen Reitweisen vorgestellt wurde. Mein geringstes Problem… 🙂

Joya war inzwischen zum Vaqueropferd gworden, die Garrocha lag auf meiner Schulter und wurde immer schwerer, die Richter gönnten sich eine wohlverdiente Pause, die sich aber leider auf den ohnehin schon immensen Zeitverzug noch zusätzlich auswirkte – es waren nicht mehr viele Zuschauer da und die Teilnehmer, die an dieser Prüfung nicht mehr beteiligt waren, fuhren größtenteils nach Hause. Das war sehr schade, und auch wenn die Kommentare im Anschluss an die Prüfung bei unseren Turnieren ja gerade Sinn und Zweck sind, fielen sie hier doch einfach zeitlich viel zu lang aus. Und da wird mir z.B. in Bad Segeberg oft nachgesagt, ich lasse mir zu viel Zeit mit den Kommentaren – tja, so schnell relativiert sich das! 🙂

Endlich ging es los, Joya hatte inzwischen kleine Augen, ich fragte vorsichtig, ob er noch Lust habe und – zack! – war er da.
Seine Musik („Un Amor“)begann und er war so voll und ganz da wie vielleicht noch nie mit der Garrocha. Kein Bremsen, als ich die Hand hob und die Garrocha frei auf meiner Schulter lag – warum auch immer muss ich da sonst gehörig Gas geben, damit mein herrlicher Schimmel nicht ausgeht. Hier zog er durch, von Anfang bis zum super passenden Ende, es passte hinten und vorne, Schritt und Galopp genau auf die Musik abgestimmt, unglaublich aufmerksam und gehorsam, lässig im Schritt, griffig im Galopp – ein anderes Gefühl als das von der Kür, aber wieder unglaublich gut.

Ich verließ freudestrahlend die Halle und hatte nun ein wenig Zeit, uns umzustylen für den 2. Auftritt. Die Darbietungen in dieser Prüfung waren so extrem abwechslungsreich und phantasievoll gestaltet, dass die Richter, die schon in der Kür sagten, dass sie unglaublich schwer zu werten war, hier nun sicher richtig zu tun hatten. Die ganze Vielfalt unserer Reiter und Pferde zeigt sich immer wieder eindrucksvoll in genau dieser Prüfung.

Schließlich war es Zeit für unseren zweiten Start – zu dem wunderschönen Stück „Schwarze Augen“ zeigten Joya und ich Arbeit an der Hand mit allen Seitengängen, Galopparbeit, Spanischem Schritt, Spanischem Trab, Wechseln aus enormer Energie und totaler Ruhe, und zum Abschluss natürlich das freie Steigen und ein paar Schritte Laufcourbette. Joya sprang mit einer Energie auf mich zu, dass ich spürte, wie sich die Zuschauer nach hinten an die Lehnen ihrer Stühle drückten 🙂

Eine Vorführung voller Lebensfreude, in der Joya nicht anzumerken war, dass er heute überhaupt schon gearbeitet hatte. Energiegeladen und begeistert spielte er fantastisch mit. So war im Protokoll dann auch zu lesen: „Gut zentrierte Schrittpirouette. Trabarbeit bei guter Kadenz der Bewegung. Hoch veranlagter Spanischer Schritt. Und offensichtlich in der Ausbildung auf dem Weg zu einer gestreckten Passage der Sonderklasse. Gute Mischung zwischen Ernsthaftigkeit und Spielverhalten. Unglaublich veranlagte Galopparbeit, sehr stark!
Hier kamen wir mit 7,0 und 7,0 auf Platz 7. Das zeigt, wie ungeheuer gut dieses große Starterfeld war.

Unser „Tanz mit der Garrocha“ wurde mit 9,0 und 9,5 (!) mit Platz zwei belohnt.
Auch dieses Protokoll ist lesenswert: „Das Pferd ist bei guter Rittigkeit mit allen Sinnen beim Reiter. Super, hohes Maß. Saubere Wendungen und Wechsel. Toll, nicht zu wild, keine Risiken. Fast gelassen, einfach toll. Künstlerischer Anstrich. Show vom Feinsten, hohes reiterliches Können„. Freu…

Der letzte Start des Tages war Fàscino vorbehalten. Mit dieser Vorführung, über die ich so lange nachgedacht hatte, weil sie ihm gerecht werden sollte, dass sie erst wenige Tage vor dem Turnier stand und komplett nicht mehr geübt werden konnte, dankte ich diesem großen, großartigen Pferd für 20 gemeinsame Jahre.
Es wurde ein Mix aus mehreren Reitweisen, zwischen denen ich mich jeweils umgezogen habe. Unter tatkräftiger Unterstützung wechselte ich Hüte, Jacken, Zäumungen und Reitweisen – und dazu wechselte natürlich auch jeweils die Musik. Die „Umziehpausen“ waren unterlegt mit Auszügen aus Texten von Unheilig („Unter meiner Flagge“) und Marius Müller-Westernhagen („Engel“). Fàscino zeigte im – so in diesem Moment der Plan – letzten Schaubild seines Lebens klassisch-barocke Reiterei, Reiten mit Halsring, Arbeit am Langen Zügel, Doma Vaquera und Zirzensische Lektionen. Fàscino zeigte sich unglaublich eifrig, energiegeladen, bewegungsfreudig und versammlungsbereit.

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Mit den letzten Tönen sank ich vor ihm auf die Knie und fing an zu weinen. Kurze Zeit schüttelten mich die Emotionen durch, als ich seinen Kopf im Arm hatte. Unsere lange Zeit der Prüfungen und Auftritte, das dritte Turnier des Teams, und auch die Zeit im Reitstall Wüstenkate fand mit dieser letzten Großveranstaltung ihren würdigen Abschluss.
Werner bat um Applaus für dieses großartige Pferd, ich fragte, ob wir ihn anders ehren könnten als mit Applaus und wünschte mir, dass alle aufstehen und sich vor diesem Pferd verneigen mögen. Es standen alle auf – Menschen, die Fàsci nicht kannten und ihn hier zum ersten Mal sahen, hatten sich anrühren lassen von dieser Vorstellung und der Präsenz, die er hier ausstrahlte.
Es ist nicht in Worte zu fassen, was bei all‘ dem in mir vorging.

DANKE, Fàscino.

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