September

Samstag, 3.9.

Nacariño war natürlich beim Themen-Tag „Vertrauensbildung & Motivation“ dabei!
Und er hat mich echt mal wieder vom Hocker gehauen. 

Hier sind der Bericht und viele Bilder!

IMGP3315

.

Montag, 5.9.

Ich ritt auf Trense und sorgte nur für einen nachgiebigen, gerundeten Hals. Das klappte wunderbar. Und dann fragte ich zum ersten Mal behutsam Ansätze zu halben Tritten an, ohne vorher getrabt oder galoppiert zu sein. Nacariño machte gut mit und hielt eine lange Strecke durch mit vielen Wechseln Schritt – verkürzt antreten – Schritt.

Ich blieb beim Thema Versammlung und er ließ mich im Trab relativ gut sitzen. Ich durfte ihn richtig einrahmen mit dem Bein, hatte einen tollen Hals vor und eine Menge Energie unter mir. Nacariño war aufmerksam, rittig und versammlungsbereit.

Das nutzte ich für den Galopp. Ich ließ Nacariño in der Zirkelmitte eine halbe bis ganze Schritt-Pirouette gehen und daraus anspringen. Tatsächlich wurden daraus nach einigen Malen auf der linken Hand zwei, drei tolle versammelte Sprünge, die eine allererste Idee einer Pirouette erkennen ließen. Auf der rechten Hand musste ich noch deutlich schneller rauslassen, aber links versuchte Nacariño schon enorm, gesetzt zu springen. Toll!

Zum ersten Mal ließ ich ihn weder im Trab noch im Galopp vorwärts gehen, wir blieben im Thema Versammlung. Er hat das noch nie so gut durchgelassen. Ganz klar ist aber, dass ich so etwas nicht zwei Mal hintereinander machen darf, wenn ich diese seine Motivation erhalten will. Er braucht immer wieder das freie Gehen zwischendurch, und nur weil er weiß, dass er dass immer wieder darf, konnten wir heute einmal darauf verzichten. Der nächste Ritt wird in jedem Fall etwas freier mit weniger Versammlung. Nacariños Bereitschaft, sich auf so etwas einzulassen, ist ungeheuer gewachsen. Total toll.

Und er ist so süß im Umgang… Da hat er sich echt verändert. Sein Blick, wenn er mich anguckt, die Art, wie er Nähe sucht, zu schön. 

Ich baue jetzt immer wieder mal ein Foto von vor einem Jahr ein – die ersten Bilder von ihm habe ich am 2.9. gemacht. Der Plan war da noch, dass er nur für acht Wochen bleiben sollte… Da war er den dritten Tag da und sah so aus:

2 - 2.9.15

.

Mittwoch, 7.9.

Ich probierte mal das komplette Equipment an, dass ich in Tarmstedt zu nutzen gedachte. Nic und ich sollten auf dem dortigen FN-Turnier am Sonntag ein iberisches Schaubild zeigen. Ich war freudig überrascht, dass ich Dóns Vaquero-Sattel auf Nacariño legen konnte – ein wenig eng war der zwar, aber das kratzt Nacariño ja bekanntlich nicht so sehr (weite Sättel stören ihn viel mehr), und das ist ja auch nichts für jeden Tag, sondern wenn überhaupt nur für alle paar Wochen mal.

Schick sah er aus in voller Montur mit Vorderzeug und Schweifriemen. Ich ritt einhändig blank, Nacariño ging freudig und motiviert, Seitengänge im Trab waren alle da, das Durchparieren aus dem Galopp sollte ich mal mehr thematisieren, denn das ist seit Wochen so sehr la-la und mich kümmert’s irgendwie nicht, da kann ich mal ein bisschen mehr Disziplin an den Tag legen, bevor er noch meint, das sei richtig so, dass man das so auslaufend gestaltet oder dabei gegen die Hand geht – gerne auch mal beides zusammen.

Dafür ist das Angaloppieren aber ein echter Traum geworden – oft reicht ein ganz leiser Doppelschnalzer, nichts weiter, und eine minimale Blickwendung nach rechts oder links für den entsprechenden Galopp. Das ist ein Hammer.

Wir hatten Spaß aneinander und gingen hinterher noch eine schöne Runde um’s Feld. Nacariño war aufmerksam und fleißig, fragte aber nicht einen Moment nach mehr Tempo, auch er genoss den Schritt.

Dennoch – auf Tarmstedt liegt irgendwie ein Fluch. Vor fast einem Jahr habe ich dieses Schaubild zugesagt. Da rechneten wir noch mit fünf bis sechs Pferden. Die zwei, die schließlich übrig blieben, waren damals in der Idee nicht enthalten. Einer nach dem anderen fiel aus, dann laborierte ich seit Dienstag mit einem, na ich sage mal „Hexenschüsschen“ herum, mein Auto verliert in Sprit in rauhen Mengen, da muss ich den Tank machen lassen, Helfer hatten wir gar keinen auftreiben können und für nur zu zweit war das für unsere beiden jungen Pferde ein ganz schön hoher Anspruch.

Aber ich hatte natürlich wieder Ideen, wie ich das Schaubild abwechslungsreich gestalten könnte und das auch noch so, dass die Pferde sich mit der Anforderung absolut wohl fühlen konnten, es aber für die Zuschauer nicht langweilig oder zu wenig peppig wirkte.

Nun passte also auch das geplante Outfit, Nacariño fühlte sich gut an, Freitag wollten Nic und ich noch einmal die gemeinsame Tour mit der Garrocha proben.

.

Freitag, 9.9.

Dazu kam es nicht. Zum einen hatte Nic mir erzählt, dass von Freitag bis Sonntag die A7 auf einem Abschnitt voll gesperrt war, so dass wir durch Hamburg hätten fahren müssen, daraufhin sagte ich das Schaubild schweren Herzens ab. Das mit der A7 gab mir echt den Rest. Das war den Pferden nicht zuzumuten, es war nicht absehbar, wie lange wir unterwegs sein würden.

Zum anderen – und das war schlimmer – reichte Nacariño nun einen gelben Schein ein.

Ich stand gelinde unter Schock, als ich ihn mittags von der Weide holte. Zuerst fiel es kaum auf, er ging etwas merkwürdig. Ich band ihn an, fing an zu putzen, und er kippelte ein wenig nach rechts. Dabei dachte ich mir auch noch nicht so viel, fand es nur komisch, vor allem, als er es dann wieder machte und es wirkte, als würde er sich anlehnen wollen.
Er zeigte keinerlei Schmerzsymptome und genau genommen wirkte sein Gesicht überhaupt nicht, als würde er überhaupt wahrnehmen, dass er sich bewegte wie betrunken. Er war fröhlich und witzig und schwankte vor sich hin.
Hatten die was geraucht??

Wohl eher nicht, wahrscheinlicher war, dass sie beim Toben aneinander gerasselt waren und Nacariño sich in irgendeiner Form eine Prellung / Stauchung der (Hals-)Wirbelsäule zugezogen hatte. Er hatte alle Anzeichen von Ataxie, auch wenn ich noch kurz an Sonnenstich dachte, aber dazu passte nicht, dass es erst Vormittag und er ansonsten total gut drauf war.

Mir war schlecht. Nerven? Rückenmark? Borreliose? Wirbelverletzung?
Ich bat ihn auf Asphalt um einige Schritte und Trabtritte und um eine enge Wendung zu jeder Seite. Das Aufsetzen der Hinterbeine war deutlich anders als sonst, in den Wendungen ging er unkoordiniert und kippelte. Aber er fand das Spiel toll.

Ich ließ ihn auf den Platz und bat ihn um eine etwas zügigere Bewegung – im Trab und im Galopp war nichts zu sehen, er bockte und quietschte und keilte und flitzte, ein paar Momente konnte man sich als „verhalten“ einreden. Sobald er ruhiger wurde, im Gehen und im Stehen, war wieder eine deutliche Unsicherheit der Hinterhand zu erkennen.

Ich sprach mit Tierarzt und Physiotherapeut, sollte beobachten und bestimmte Bewegungen ausprobieren.

In der Zwischenzeit erhielt ich noch die Nachricht einer Freundin, deren Stute seit zwei Tagen in der Klinik war und soeben aus der zweiten Kolik-OP nicht mehr aufgewacht war.
Die Tränen brannten in den Augen, es tat mir unendlich Leid für meine Freundin und ich dachte so, ich würde es kaum aushalten, Nacariño jetzt zu verlieren. Das stand ja auch gar nicht im Raum, aber mir wurde bewusst, wie viel er mir bedeutet. Nicht, dass es dazu einer Ataxie bedurft hätte!!

Abends war ich noch einmal im Stall, da bewegte er sich deutlich besser und ich atmete auf und entspannte mich langsam wieder.

.

Samstag, 10.9.

Auf der Weide bewegte Nacariño relativ normal, ich ließ ihn zwei Mal eng wenden, das sah deutlich besser aus, ich fragte an, wie weit sein Hals sich nach rechts und links biegen lässt – fast bis zur Hüfte, also auch hier alles gut. Wenn die Jungs aneinander geraten sind, habe ich Nacariño vermutlich fast direkt danach von der Weide geholt. Wäre ich gestern nicht da gewesen, hätte es vermutlich niemand bemerkt. So bin ich aber ganz froh, es bemerkt zu haben (und noch viel!!! froher, dass der Schreck offenbar das Schlimmste daran war!), so gönne ich ihm nun ein paar Tage mit „Krankengymnastik“ und Weide und Kuscheln.

Na, dann werfen wir doch nochmal einen Blick zurück – auf den 10.9. vor einem Jahr und unseren dritten Ritt, den ersten „richtigen“ frei, ohne dass jemand ihn an der Longe hatte:

n

Etwas besonderes war da schon zwischen uns. Naja, war es wohl vom ersten Moment an. Ich wollte ihn nur noch nicht „ganz“ in mich reinlassen… Noch stand nicht im Raum, dass er mal meiner werden würde.

2

Und danach schenkte er mir diesen wunderbaren Moment:

3

.

Montag, 12.9.

Ich wagte einen kleinen Ritt – da Nacariño mir von unten nichts erzählt hatte, hoffte ich, von oben etwas zu erfahren. Aber auch hier – nichts. Er hatte seine Unpässlichkeit offensichtlich nicht groß wahrgenommen bzw. ihr, wenn doch, keine Bedeutung beigemessen. Er ging eine super entspannte große Schrittrunde um den Hof (also ganz außen rum, so mit an der Straße zurück), und da kamen uns ein paar mächtige Fahrzeuge entgegen – bei einem gefühlten 40-Tonner guckte er schon mal kurz zur Seite nach Fluchtmöglickeiten, ich ließ ihn leicht in eine Einfahrt abschwenken und das reichte ihm auch schon – er beäugte das Riesending, ging aber weiter.

Auf dem Platz dann einfach locker flockig, ein paar Übergänge anfragen (Galopp – Schritt ist deutlich verbesserungswürdig…), ein paar mal rückwärts gerichtet, was er so ziemlich jedes Mal zum Anlass nahm, sich entweder im Hals stark zu machen oder in der Gegend herumzugucken. Aber auch das wurde durchlässiger, angaloppieren gelang mal wieder wonnemäßig auf einen Hauch, und viel mehr machten wir auch nicht. Ich wollte nur wissen, wie sich das Reiten anfühlt, und das war gut. Nacariño war trotz Hitze eifrig und bewegungsfreudig, ihm war keinerlei Schwäche oder Gleichgewichtsproblem anzumerken.

Auch beim Führen und Putzen war nichts zu sehen, von daher denke ich, der gelbe Zettel ist abgearbeitet 🙂
Ein Glück!!

Heute vor einem Jahr habe ich geschrieben:
„Jessica hat zugeguckt, als ich ihn geritten habe. Sie schnappte nur noch nach Luft. Es klapperte und knallte und klöterte überall, sie zuckte immer zusammen, ich nahm die Geräusche wohl wahr, ließ die Wahrnehmung aber nicht bis zu ihm durch und traute mich immer, ihn loszulassen. Er nahm das sicherlich auch alles wahr, zeigte aber nichts dergleichen an. Ich wartete darauf, dass er in irgendein Verhalten fällt, von dem Jessi erzählt hatte, aber nichts dergleichen geschah. Der Galopp war fast das schönste von allem – schließlich auch aus dem Schritt und aus dem Halten, und da hielt Jessica aber wirklich die Luft an. Sie nannte mich „irre“ hinterher (was sich ja, ehrlich gesagt, schlecht bestreiten lässt).
Wir redeten wieder lange. Und auf einmal stand sehr deutlich auch die Frage im Raum, ob es sinnvoller wäre, sich von ihm zu trennen. Schicksal, nimm Deinen Lauf…“
Nun, das hat es getan.

Das letzte echte „Nacariño-Abhauen“ war ja tatsächlich beim Team-Turnier direkt vor der grittenen Aufgabe. Seitdem ist das vorbei. Vor ein paar Tagen, hatte ich ganz vergessen zu erzählen, ging unser Nachbar mit zwei überdimensional großen Spanplatten über den Rasen. Die zog er ziemlich flott durch’s Gras und Nacariño sah das plötzlich hinter der Hecke auftauchen. Und da reagierte er wie ein ganz normales Pferd – er hat sich erschreckt, und zwar ordentlich, machte vier zackige Galoppsprünge davon weg, und ließ sich in der nächsten Sekunden zum Halten durchparieren. Ich drehte ihn um, er konnte gucken, und das war’s. Er hat auch danach nicht mehr danach gesucht.
Er hat einfach wirklich keine Lust mehr zu mehr. Er will entspannt sein. Das ist echt großartig. Er ist so richtig angekommen und da und bei mir und meiner. 
Haha, und ich bin seine – man darf sich fragen, was mehr zutrifft 🙂

.

Freitag, 16.9.

Die letzten Tage waren einfach zu heiß zum Reiten. Zumindest, da ich Frühschicht hatte und somit erst nachmittags zum Stall kam, und nach ein paar Stunden Weide bei mehr als 30 Grad tat ich meinen Jungs nicht mehr als eine Kuscheleinheit an.

Die Woche mit so gut wie Nichtstun hat Nacariño nicht gut getan. Er benimmt sich unmöglich gerade, haut in der Stallgasse ab, ist rüpelig und unausgelastet.
Reiten war angesagt, was wieder keineswegs in Anstrengung ausartete, ihn aber zufriedener machte. Ich probierte ein neues Trensengebiss aus, was ich bei ebay ersteigert hatte – eine Messingtrense mit verzierten Ringen, sehr schick, sehr barock.
Passt, fühlte sich gut an, behagte ihm ganz offenbar. Freu!

Ich muss mich aber dringend demnächst mal ein bisschen ernsthafter mit der Durchlässigkeit der Übergänge befassen, insbesondere vom Galopp in den Schritt. Mit der richtigen Ansprache und ein bisschen mehr Deutlichkeit bekam ich einen sehr guten Übergang und mit dem ließ ich es auch spontan gut sein. Nacariño ließ sich schön in der Oberlinie runden und ich kam zum Treiben, er war sehr gehorsam und entspannt.
Arbeitstier…

Ich setzte Nic noch einen Moment drauf, die sich erst massiv weigerte, ich ließ nicht locker, also kam sie, meinte aber „Du hältst den fest! Du lässt den nicht los!“ – ich will, dass sie ihre Manschetten vor ihm verliert, er wird einem Reiter nichts mehr tun, der freundlich zu ihm ist, dafür lege ich meine Hand in’s Feuer. 

1

Und so beschäftigte ich sie damit, dass sie ihn an super feinen Hilfen Schulterherein gehen lassen sollte und dann ein wenig Spanischen Schritt und dann war es auch gut.

imgp5760 imgp5781

Ich bin gespannt, ob sie beim nächsten Mal mit mehr Zutrauen an ihn rangeht – ich hoffe sehr, denn er kann ihr natürlich auch wieder viel beibringen, aber offen für ihn sollte man schon sein, damit er keine Angst bekommt. Also – demnächst nochmal!

Am 16.9. vor einem Jahr erinnere ich mich an einen „Gruß von Joya“ – bei einem der ersten Versuche von Spanischem Schritt schmiss er einmal ein Vorderbein in einer Art und Weise, die ich von Joya kannte, die für Nacariño in dem Moment aber noch völlig ungewöhnlich war. Und an diesem Tag bekam ich sein erstes Steige-Angebot, was sich innerhalb von gefühlt ein paar Sekunden zu einem abrufbarem Steigen ausbauen ließ.
Na, da wurde ja schnell klar, dass das eines seiner großen Talente ist… 🙂

11

.

Samstag, 17.9.

Wir hatten unsere Trail- bzw. GHP-Hindernisse aufgebaut. Es hatte nachts mächtig geregnet und so sahen die Sachen nach kürzester Zeit aus wie Sau, vor allem die Plane war nach einigen Malen rüberreiten dem Erdboden gleich. Und so starrte Nacariño die verblüfft an und brauchte einen Moment, ging dann aber gehorsam rüber. 

Auch die Mülltonnen störten ihn nicht, die eine schmiss er erstmal direkt um.
Rückwärtsgasse war problemlos, beim Becher umsetzen mochte er erst wieder nicht so gerne stehen bleiben, nachher ging auch das.

Der wild in alle Richtungen wehende Flattervorhang war überhaupt kein Problem, da galoppierten wir nachher auch durch. Witzig, dass ihn der so überhaupt nicht kratzt.
Im Gegensatz zu den kleinen Bällen… Das ist das Einzige, wo ich bislang sagen würde, da hat Nacariño echte, ehrliche Angst vor. Wenn er diese Bälle sieht, tickt er echt aus. Er krabbelte fast über den Zaun, als ich daran vorbei wollte. Die lagen ganz still auf dem zweiten Hufschlag. Kein Hinkommen! Und schon gar kein Dran-vorbeigehen!

Wenn Alex die auch noch bewegte (sie kippelte die nur mit der Fußspitze hin und her, sie kickte ja nicht mal), drohte er echt böse zu werden. Was immer er mit diesen Bällen, er meint es ernst.

Ich meinerseits meine es allerdings auch ernst, wenn ich sage, dass er da vorbei gehen kann und dass ihm nichts passieren wird. Glaubte er nicht. Und so probierte ich es mal mit Tempo, ich trabte an den Bällen vorbei und wäre fast mit dem Bein im Zaun hängengeblieben, so ein Aal wurde Nacariño, und als ich es dann auch noch wagte, daran vorbei galoppieren zu wollen, bockte er zum ersten Mal so richtig unter mir. Hossa!
Er versuchte, mit einem schlenkernden Sprung an / über / gegen die Bande möglichst viel Abstand zwischen sich und die still am Boden liegenden Bälle zu kriegen, dieser Satz war schon irre, aber dann ließ er die Sau raus. Da er inzwischen aber so elastisch ist, machte das nichts, aber es ließ ahnen, wie sich das früher mal in steif und fest angefühlt haben mag.

Ich ließ ihn ein paar Runden traben und immer, wann er wollte, galoppieren, er entspannte sich langsam, behielt diese drei kleinen Ungeheuer aber sehr im Auge. Reiterlich kam ich an diese Bälle nicht besser ran. Also saß ich ab und wollte mit ihm außen dran vorbei gehen. Keine Chance. Er kam nicht mit. Alle Viere in den Boden gestemmt stand er da und war der personifizierte Trotz.

Also fing ich an, ihn auf einer Volte zu longieren und dabei den Bällen immer näher zu kommen. Irgendwann ging er an denen vorbei, dann fing ich an, immer mal die Hand zu wechseln, da war es dann jedes Mal auf’s Neue wieder fürchterlich, ging aber nach und nach, dann ließ ihn auf Stimme anhalten und wieder antreten, was so großartig klappte, dass er darüber langsam seine Angst ein bisschen vergaß und nur noch abwartete, welchen Übergang ich anfragte. Damit bekam ich ihn schließlich. Trab – Halt – Trab – Halt, mal weg von den Bällen, mal direkt daneben, das ging nachher alles.

imgp5970imgp5979imgp5985

Und dann – ENDLICH! – nahm er mal den Kopf runter und guckte sich einen Ball mal an. Und irgendwann später berührte er den mit der Nase und irgendwann noch später schubste er einen Ball an, der bewegte sich, aber Nacariño blieb mit der Nase da unten.

imgp5983

Ich weiß nicht, das war insgesamt sicher eine Stunde, die wir hier völlig ineinander vertieft verbrachten. Und sie hat uns in dem Thema „Ball“ ein großes Stück weitergebracht. Klar ist aber auch, dass ich da jetzt dranbleiben muss, denn ausgestanden ist das nicht.
Aber immerhin!

Und somit bin ich auf seine GHP eigentlich fast am gespanntesten, denn laut Ausschreibung sind da Bälle drin – sonst hätte ich mich heute diesem Thema auch vermutlich nicht ganz so intensiv gewidmet.
Alles andere sollte klappen, Flattervorhang dürfte gar kein Problem sein. Bei allen anderen Dingen, die er von hier jetzt kennt, wäre es spannend, wie er auf sie reagiert, wenn sie anders aussehen als zu Hause. Was ja in 100% der Hindernisse der Fall sein wird  🙂

Reiterlich ist das vielleicht gerade nicht der Idealzeitpunkt für eine Kür. Ach, wat soll’s, die Jungs werden viel Neues zu sehen bekommen (Nacariños erster Trail-Parcours!) und wir werden wieder um eine Menge Erfahrungen reicher nach Hause kommen!

Alles war geputzt und verstaut und ich guckte meine frisch gewaschenen, wunderschönen Jungs an und freute mich. Pervers viel Arbeit mit zwei Schimmeln, aber sie sind so schön… Ich muss nächstes Jahr aber vielleicht doch mal ein bisschen aufteilen und nicht immer beide mitnehmen. Na, mal sehen, wie ich mich kenne, wird das nichts, ich habe ja einfach zu gerne beide dabei… 

.

Sonntag, 18.9.

Mehr zu einem erlebnisreichen VFD-Turnier in Hohenlockstedt hier!

tn12

.

Samstag, 24.9.

Am Samstag war Klaudia Brommund mit ihren wunderbaren Vögeln bei uns. 
Dieser Tag hat natürlich einen extra Bericht, und der ist hier zu lesen.

2

In der Ausgabe 4-2016 (Dez./Jan./Feb.) der Zeitschrift „Pferde im Visier“ erschien ein wunderbarer Artikel über diesen Tag. Zum Vergrößern einfach auf die einzelnen Bilder klicken:

12-16-vip-1a 12-16-vip-2a … 12-16-vip-3a

.

Sonntag, 25.9.

Einen großartigen Saisonabschluss genossen wir beim 19. Pferdetag im Kiekeberger Freilichtmuseum. Nacariño zeigte sich in fünf Schaubildern von seiner allerbesten Seite!

.

Montag, 26.9.

Wir hatten ja letzte Woche Bilder in diesen herrlichen Kostümen gemacht, und die von Nacariño hatte ich zwar angeguckt, und so wusste ich von zwei, drei traumhaft schönen, vor allem eines im Spanischen Schritt… Ich war aber irgendwie nach viel Fahrerei todmüde nach Hause gekommen und hatte abends versehentlich die Speicherkarte gelöscht – und die Bilder noch nicht übertragen.
Ich war kurzfristig suizidgefährdet, trösten konnte mich nur der Gedanke, dass ich die Kostüme am Montag zurück schicken musste, dadurch vielleicht aber vormittags noch einmal die Chance bestand, die Bilder zu wiederholen.

Man wiederholt sowas nicht.
Nacariño hatte sich ja Freitag bei unserem Shooting auf der Wiese schon schlimm genug benommen, aber das steigerte er heute morgen ganz lässig. Ich durfte nicht mal ansatzweise an Versammlung denken, er war sofort in der Luft. Nun allerdings mit etlichen Beweisfotos – bislang hat er ja meist erfolgreich vermieden, dass Frechheiten von ihm festgehalten werden, aber hier war ihm das wohl egal. Und Sönke hielt drauf.
Ich „bestrafte“ sein heftiges Steigen mit vorwärts – er sollte die Gerte für vorwärts annehmen und drohte mir im Gegenzug alles mögliche an, vor allem hoch.
Und so war es ein interessanter Wechsel aus luftiger Höhe und rasantem Tempo, aus dem sich allerdings im Verlauf so ganz nebenbei der eine oder andere behutsame Versammlungsansatz herauskitzeln ließ.
Insgesamt aber benahm Nacariño sich ganz schön schlecht.

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14

So, und nun kann man sich das natürlich wieder schlecht reden und ihn als Steiger und Verbrecher und bla bla bla abstempeln – oder man kann, wie ich, sich das schön reden, denn: er ist beim Steigen zwar mal wieder fast hintenüber gefallen (aber eben nur fast!), aber er fing an zu laufen!! Ist mir selbst erst auf den Bildern aufgefallen. Habe ihn dafür auch im Nachhinein nicht gelobt, er strotzt ja gerade eh nur so vor Größenwahn, das muss ich nicht noch bestätigen. Von daher hat er schon relativ leichtes Spiel mit mir, wenn er so auftrumpft, denn ich werde ihn keinesfalls „richtig“ strafen, ich werde immer nur zusehen, diese seine Unverschämtheiten in das umzuleiten, was ich haben wollte. Und so lange das irgendeine Bewegung ist, stehen meine Chancen nicht schlecht.

Aber dennoch – diese Steigerei muss aufhören. Sein Gleichgewicht und mein Geschick sind verblüffend gut, aber wir müssen’s ja auch nicht drauf ankommen lassen. Die Saison ist zu Ende, und so wird nun der Fokus auf Durchlässigkeit und Gehorsam liegen und darauf, dass ich sofort nach vorne reiten kann, wenn er sich zusammenzieht.
Er haut überhaupt nicht mehr ab, ich darf ja sogar jederzeit so richtig nach vorne reiten, er muss das nur auch durchlassen. Und den Moment bis dahin nutzt er halt zur Zeit ein bisschen oft zum Hochkommen.

Arbeitsbedarf!

.

Mittwoch, 28.9.

Meine Güte. So habe ich Nacariño ja lange nicht mehr erlebt. Der ist drauf diese Woche – herzlichen Glückwunsch.  Der hat keinen Clown, sondern ein Teufelchen gefrühstückt.
Ein ungeheures Powerpaket, immer wieder auf Steigen aus (hat er aber heute nicht einmal gemacht), kaum einzurahmen, nur wenige losgelassene Momente, ich konnte überhaupt nicht sitzen im Trab, also trabte ich leicht, aber das macht es ihm natürlich viel leichter, sich mir zu entziehen und wegzulaufen. Ich schüttelte und schüttelte und schüttelte locker, so intensiv hatte ich das gefühlt ewig nicht mehr machen müssen.
Das kostete Kraft und Konzentration, und so richtig schön beenden konnten wir leider nicht. Er war ohne Ende umweltorientiert und fühlte sich nur nach purer Kraft an. Aushalten, möglichst heil rauskommen, Gesicht wahren, ihn trotzdem liebhaben und auf das nächste Mal hoffen!

Puh…

.

Freitag, 30.9.

Nicht ganz so verrückt wie vorgestern, aber immer noch frech genug. Der ist aber auch drauf manchmal, meine Güte…!!!
Sehr lustig fand ich in dem Zusammenhang meine eigenen Berichte von vor einem Jahr – hach ja, so ähnlich kann er immer noch…
Aber – kein einziger Steige-Ansatz!

Es ging damit los, dass Steffi da war und wir noch ein paar Sätze quatschten, während Nacariño am Aufsitzhocker warten sollte (ich saß schon drauf). Das nervte ihn schon, und dann ging Nic auch noch an uns vorbei zur Weide, um Navarre zu holen und er wollte hinterher. Ziemlich energisch. Entsprechend energisch hinderte ich ihn daran. Und dann drehte er auf, innerhalb von einem Sekundenbruchteil war er auf 180, ich wollte ihn auf den Platz gehen lassen, er stand unschlüssig davor, wollte eigentlich kehrt machen, merkte aber, dass ich das nicht zulassen würde, und dann spürte ich nur unter mir, wie er sich anspannte und ahnte schon, was gleich kommt, und prompt sprang er mit einem so perversen Satz auf den Platz und wollte direkt Gas geben (nanu? Sind wir aus dem Alter nicht langsam mal raus??), ich drehte ihn sofort um und pfiff ihn zusammen, er stand und bebte vor Tatendrang (der allerdings im Moment wohl mehr gegen mich gerichtet war als für mich). Heidiwitzka, so grell war er ja lange nicht mehr. Was für ein Sprung. Wow.

Ich beschäftigte und beschäftigte und er war sehr schnell viel fügsamer als gestern. Nachdem er wieder halbwegs in der Realität angekommen war,  ritt ich lange Strecken linke Hand in Innenstellung, machte es ihm dabei aber möglichst schwer, auf die innere Schulter zu fallen. Dabei kommt durchaus mal meine innere Hand (deutlich) über den Mähnenkamm, beide Zügel geben im Prinzip Gleichgewicht nach rechts und lassen sofort den Kontakt leicht werden, wenn Nacariño sich tragen kann, geben aber sofort wieder Halt und helfen der inneren Schulter, „leicht“ zu werden (also dass er diese nicht zum Stützen braucht), wenn er darauf fällt. Das kann manchmal ungeheuer schnell sein und fühlt sich dann gar nicht mal angenehm an, wenn es ein einziger Wechsel aus Halt geben und sich-selbst-tragen-lassen ist, andererseits ist es tatsächlich das, was in der FN-Lehre als „annehmen – nachgeben“ bekannt ist, nur ganz anders umgesetzt, als es dort normalerweise beigebracht wird. Das folgt auch niemals einem vom Reiter vorgegebenen Rhythmus, sondern immer dem, den das Pferd dadurch vorgibt, ob die innere Schulter eben gerade frei ist (Zügel hängt minimal durch, Pferd trägt sich selbst bzw. wird dazu ermutigt) oder nicht (Halt geben, auf die äußere Schulter bringen).

Um dann irgendwann den Schenkelgehorsam abzufragen (der nur möglich ist, wenn sich das Pferd selbst trägt) und um sicherzustellen, dass das Pferd nicht zügelabhängig geht (denn das passiert ganz leicht, wenn man die Momente, in denen das Pferd sich selbst trägt, nicht durch Loslassen bestätigt, dann fragt das Pferd irgendwann nicht mehr nach und bleibt lieber auf der Hand liegen, die das ja anbietet), ritt ich Volten in Außenstellung. Daraus wurden schließlich drei Volten auf der Mittellinie, immer von der einen in die andere, in denen die Stellung jederzeit wechseln konnte – mal von Außenstellung zu Außenstellung, mal eine halbe Volte in Innenstellung, daraus Wechsel in die Außenstellung, Wechsel in die nächste Volte, die nun automatisch mit Innenstellung begann und so weiter und so weiter…

Damit kann man sich stundenlang aufhalten, und wenn man dem Pferd dabei ständig neue kleine Anforderungen stellt, kann das ziemlich lange interessant bleiben und dem Pferd nicht wie eine langweilige Volte nach der anderen vorkommen.

Vor einem Jahr hatte ich etwas ähnliches probiert – noch in groß angelegten Schlangenlinien und nicht immer erfolgreich, ein Jahr später nun ließ sich Nacariño in drei Volten leicht hin- und herstellen. Er war konzentriert und gleichmäßig, fiel natürlich immer mal wieder ein wenig hin und her und brauchte schon eine Menge Unterstützung – nicht in Form von Kraft, sondern in Form von Schnelligkeit. Aber er machte toll mit und wir konnten viel besser beenden als vorgestern. Feiner Junge! Geht doch!!

********************************************************************************