Doma Vaquera

Nach und nach übten nicht nur die iberischen Pferde einen immer größeren Reiz auf mich aus, sondern auch die – besonders eine der – Reitweisen der iberischen Halbinsel – die

Doma Vaquera

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Der Ursprung dieser Reitweise der Rinderhirten entwickelte sich vermutlich schon vor dem 17. Jahrhundert in den Sumpfgebieten Andalusiens. Die Doma Vaquera stellt den Ursprung der altkalifornischen Westernreiterei dar.
Doma bedeutet so viel wie Zähmung oder Dressur; Vaca ist die Kuh.

Der Rejoneo, der berittene Stierkampf, stellt sozusagen die Königsdisziplin der Doma Vaquera dar. Die Lektionen der Doma Vaquera sind hier in ihrer verfeinertsten Form zu sehen. Hinzu kommen Lektionen, die der Selbstdarstellung dienen bzw. den Stier reizen sollen, wie Piaffe, Passage, Levade und teilweise gar Schulsprünge. Der Stierkampf wurde 1558 in Spanien verboten, 1923 jedoch wieder eingeführt.

In der Rinderarbeit werden i.d.R. keine reinen Andalusier oder gar P.R.E., sondern hochblütige Pferde bevorzugt: Anglo-Araber, Hispano-Araber und Cruzados (Dos oder Tres Sangres). Die Aufgabe des Rinderhirten ist das Bewachen und Lenken großer Rinderherden über einen längeren Zeitraum, so dass viel Zeit im Sattel verbracht wird. Die Pferde müssen also genügsam und ausdauernd sein.

Der Idealtyp des Vaqueropferdes ist mittelgroß, verfügt über eine kräftige Kruppe, einen nicht zu mächtigen Hals mit guter Aufrichtung und einen  edlen Kopf. An den Hinterbeinen sind kurze Röhren erwünscht, die Pferde sollen eine hohe Wendigkeit und ein gutes Gleichgewicht mitbringen. Zudem müssen sie nervenstark und ausgeglichen sein – Nervosität ist hier ein Ausschlußkriterium. Zum Einsatz kommen Wallache und Stuten, da unbedingter Gehorsam und Zuverlässigkeit vonnöten ist. Hormonschwankungen von Hengsten sind hier nicht zu gebrauchen. Erwartet werden Schnelligkeit, gute Reflexe, Vorwärtsdrang. Die Rasse oder die Rassen, aus denen gemixt wird, sind nebensächlich.

Die Mähne wird kurz verzogen, der Schopf geschoren, der Schweif kupiert bzw. heutzutage meist hochgebunden. Wehende Schweife können sich in der Garrocha oder im Gestrüpp verfangen und stellen so ein Sicherheitsrisiko dar, zudem können die Rinder hierdurch gereizt werden.
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Der Vaquero-Sattel ist großflächig und bequem, mit großer Auflagefläche. Traditionell gefertigte Hirtensättel haben keinen Sattelbaum. Die Zwiesel bestehen aus Holz oder Stahl, die Verbindung der Zwiesel aus Leder. Die Polsterung aus Stroh und Pferdehaar paßt sich im Laufe der Zeit dem Pferderücken perfekt an. Sattelunterlagen werden i.d.R. nicht benutzt. Der Vaquero sitzt auf einem paßgenauen Schaffell. Die Kastensteigbügel dienen dem Fuß des Vaqueros als Schutz. Das Campotuch, meist mit den Initialen des Vaqueros bestickt, dient als Schutz vor Regen und Kälte und als Sitzgelegenheit bei Pausen. Zudem gehört ein Schweifriemen dazu, der dem Sitz des Sattels Sicherheit verleiht. Ein vollständiger Vaquero-Sattel kann ein Gewicht um 20 Kilogramm auf die Waage bringen!

Die Zäumung ist schlicht, ein glatter, unverzierter Lederzaum ohne Kehlriemen mit Frontaleras. Die ausgebildeten Pferde gehen auf blanker Kandare, die Zügel sind am Ende vernäht, damit der Vaquero im Bedarfsfall die Zügel fallen lassen kann und die Hände frei hat.

Das Arbeitswerkzeug des Vaqueros ist die Garrocha, eine über 3 Meter lange Holzstange. Mit ihr werden Rinder aussortiert, um z. B. ein Brandzeichen aufzusetzen. Jedoch kann der Hirte hiermit auch kämpfende Rinder trennen oder einzelne Rinder in eine andere Richtung lenken.
Wird die Doma Vaquera als Schaubild gezeigt, gleicht die Garrocha einem Tanzpartner – im Idealfall wirkt es, als beschäftige sich der Reiter ausschließlich mit der Stange, ohne sich noch auf sein tanzendes Pferd konzentrieren zu müssen.

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In der Grundausbildung wird die Kandare mit Serreta kombiniert, um das Maul empfindsam zu halten. Die jungen Pferde werden vierzügelig angeritten. Im Anfangsstadium der Ausbildung wird der Trab noch genutzt, später nicht mehr.

Auch die Prüfungen finden ausschließlich im Schritt und Galopp statt.

Das 1. Turnier fand 1963 mit nur einem Starter statt. 1971/1972 fanden die ersten Wettbewerbe statt, die Doma Vaquera ist erst seit 1978 eine offizielle Turnierdisziplin. Es gibt 2 Klassen (junge Pferde und schwere Klasse) und sehr strenge Vorschriften für die Ausrüstung und die Ausführung der Lektionen.
Im Schritt liegt die rechte Hand auf dem Oberschenkel, im Galopp wird sie auf Magenhöhe getragen. Nur ein Finger trennt die Zügel – hiermit soll demonstriert werden, daß die Pferde extrem gewichts- und schenkel (bzw. sporen-) gehorsam sind und der Einsatz der Zügel absolut zweitrangig ist.
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Kadenz und Takt im Schritt werden an der gleichmäßigen Pendelbewegung des Mosquero gewertet, Seitengänge und Hinterhandwendungen herrschen vor.

Ansonsten kommen in einer Prüfung die Elemente der Arbeit im freien Feld zum Tragen: Wendungen auf Vor- und Hinterhand, Seitengänge, Halten, Rückwärtsrichten, starke Beschleunigung mit schnellen Stops, Vaquera-Wendungen und Tempowechsel. Nach schnellen Manövern muss das Pferd sofort in Ruhe weitergearbeitet werden können bei völliger Aufmerksamkeit.
Zudem werden fliegende Wechsel und Außengalopp verlangt.
Je flacher die Figuren geritten werden und der Gang des Pferdes ist, je schneller kann das Pferd werden. Exaltierte Gänge sind bei Vaquero-Pferden also eher unerwünscht.

Die Kleidung des Vaqueros soll in erster Linie den Arbeitsanforderungen gerecht werden. Sie muss bequem, strapazierfähig und nicht allzu wärmend sein. Zum Turnier-Outfit gehören neben dem Sombrero ein weißes Hemd mit Weste, die typische kurze Jacke, die nur mit dem oberen Knopf geschlossen wird, eine Aufschlag- oder Besatzhose bzw. Zahones (Leder-Chaps). Stiefel oder Stiefeletten (mit Sporen) runden das Bild ab.
In der Arbeit im freien Feld sind durchaus auch Vaqueros in Jeans anzutreffen 🙂
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In einem Schaubild wirkt die Showkleidung natürlich „bunter“, jedoch sollte auch hier nicht übertrieben werden. Spanier tragen prunkvolle Kleidung nur zu feierlichen Anlässen, so dass hierzulande in Schaubildern natürlich iberische Pferde in voller Aufmachung schön anzusehen sind. Um die Doma Vaquera relativ „echt“ vorzustellen, sollte jedoch schlichter Kleidung Vorzug gegeben werden.

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Die Seitengänge und Lektionen in der Doma Vaquera:

Der fliegende Galoppwechsel
In der Feldarbeit sind fliegende Galoppwechsel bei Richtungswechseln immer wieder erforderlich und gehören somit zum normalen Lektionen-Repertoire des Vaqueropferdes. Im Wettbewerb werden jedoch auch Serienwechsel verlangt.

Traversale
Sie entspricht in der Ausführung in etwa der Traversale, wie wir sie kennen (Stellung und Biegung in die Bewegungsrichtung) und wird im Schritt oder Galopp geritten.
Die Vorwärtstendenz ist hier stärker ausgeprägt als die Seitwärtstendenz.
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Ganzer Travers
Hier überwiegt das Seitwärts, die Vorwärtstendenz ist minimal. Diese Lektion wird nur im Schritt verlangt und ist aus dem Öffnen und Schließen von Weidetoren entstanden.

Traversale und ganzer Travers gehören zu den wichtigsten Lektionen der Doma Vaquera.
Travers in der uns bekannten Form wird in der Doma Vaqauera nicht verlangt, ebenso wie Schulterherein oder Renvers.

Pirouette um die Vorhand
Mit dieser Schlüssellektion lernt das Vaqueropferd, auf die einzelnen Schenkel zu reagieren. Die Vorhand beschreibt einen kleinen Kreis, die Hinterbeine kreuzen. Das Pferd ist in die Wendung hinein gestellt, nicht gegen die Bewegungsrichtung, wie in der uns bekannten Vorhandwendung! So entsteht im Prinzip eine kleinstmögliche Travers-Volte bzw. eine Vorhandwendung in Travers-Stellung. Kopf und Kruppe weisen also in die Bewegungsrichtung.

Pirouette um die Hinterhand
Sie entspricht im Schritt in etwa unserer bekannten Form der Pirouette – das in die Bewegungsrichtung gestellte und gebogene Pferd beschreibt einen möglichst kleinen Kreis um die Hinterhand, wobei kein Huf stehen bleiben darf, der innere jedoch im Idealfall auf der Stelle tritt.

Vaquerowendung
Dies ist die in der Doma Vaquera anzutreffende höchst dynamische Variante der Pirouette auf der Hinterhand.
Die halbe Vaquerowendung besteht aus einer 180°-Wendung, die ganze demzufolge aus einer 360°-Wendung, und natürlich können hiervon mehrere hintereinander geritten werden.
Das Pferd wird (im Schritt oder Galopp) aufgenommen und landet nach einer gesprungenen Wendung auf dem in die Bewegungsrichtung zeigenden Vorderbein.
Die Vorhand soll in der Vaquerowendung so wenig Bodenkontakt wie möglich haben. Das Pferd muss also für die schnellen Wendungen sehr kraftvoll und ausbalanciert sein. Auf die Erhaltung des Galopptaktes wird hier kein Wert mehr gelegt.

Sprintgalopp (Arreón)
In der Arbeit mit den Rindern wird es immer wieder vorkommen, dass die Pferde kurzfristig in höchstem Tempo galoppieren können. Hier wechselt, wie bei Rennpferden, der Galopp vom Drei- in den Viertakt. Je mehr Kraft die Pferde in der Hinterhand haben, um so schneller werden sie in den Sprintgalopp starten können – im Prinzip entspricht dies der „Carriere“ aus der Renaissance-Reiterei.
Dieses kraftvolle Abschnellen des Pferdes wird auch aus dem Rückwärtsrichten verlangt.
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Plötzliche Parade (Parada a raya)
Aus dem rasanten Galopp (Arreón) wird das Pferd direkt gestoppt, vergleichbar mit dem Sliding Stop der Westernreiterei. Die Hinterhand muss unter das Körpergewicht setzen, um die Vorhand bei diesem Stop zu entlasten.

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Lusitano Negócio besaß, ebenso wie Joya, alle bei einem Vaquero-Pferd gewünschten Vorzüge – schnelles Reaktionsvermögen, Wendigkeit und großen Gehorsam.

Was nicht heißen soll, dass die Arbeit mit der Garrocha mit einem großen Warmblüter nicht auch Spaß machen kann – Hannoveraner Fàscino steckt in puncto Wendigkeit so manchen Iberer in die Tasche!
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Die Jugend an die Stange! 🙂
Querendón und Nacariño jeweils fünfjährig bei ihren ersten Malen mit der Garrocha:

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