März: Elferdinger Barocktage

Es war ein traumhaft schönes Wochenende, super Wetter, wahnsinnig nette Leute, tolle Atmosphäre, mega bemühte Organisation, ach es war einfach toll! Und dann die tanzenden Hufe meines kleinen geflügelten Götterrosses…
Aber… ein besch… Abreiteplatz (der hat sogar mich, trotz Military-Karriere, ziemlich geschockt, und ich kann echt was ab an schlechten Böden).

Die M-Kür war die harmonischste Prüfung, die wir jemals hatten. Ich habe nach 2 Minuten nur noch gelacht und gestrahlt, weil es so schön war.
Wir bekamen eine 8,5 in der A- und in der B-Note, was bei verblüffend heftiger Konkurrenz nur noch von einer Reiterin überboten werden konnte.
Sie hatte einen wunderschönen grauen P.R.E. und ritt so schön, so fröhlich, wir freundeten uns prompt auf dem Abreiteplatz (oder wie man das nun nennen soll) an.
Ich sah sie passagieren und fragte sie, warum sie nicht die S-Kür genannt hatte. Die hatte ja mächtig hohe Anforderungen und sie meinte, er ist in den Pirouetten noch nicht sicher.
Es gab ein ziemlich lustiges hin und her, zuerst wurde sie überredet, außer Konkurrenz mitzureiten, damit die Zuschauer was zu sehen hätten. Dann sollten wir doch ein Pas de deux draus machen. Dann sollte sie nach meiner Kür die Lektionen zeigen und die sollten für das Publikum kommentiert werden. Ich entschied, wenn Negócio nach der S fit genug sei, das mitzumachen, so dass sie das zeigen konnte, was Negócio nicht kann (Spanischer Schritt z. B.) und ich das, was sie nicht kann. Es ging dauernd hin und her und wir hatten eine Menge Spaß und wussten nicht, was nun wirklich tun.

In der S-Kür gab es nur 3 Nennungen. Ich mit beiden Pferden, Fàsci hatte ich allerdings zurückgezogen, da ich die ganze Woche nicht geritten war, weil er eine Stelle hatte. Ihn hatte ich nur für Halsring mitgenommen.
Der dritte, ein Friese, wurde auch zurückgezogen, nachdem der Reiter Negócio durch die M-Kür hatte tanzen sehen… Wie albern, hätte doch reiten sollen!! Naja, so überredeten wir also Steffi mit ihrem Madrileño.

Ich ritt meine Kür, fragte vorher kurz Piaffe an, damit Negócio auf die Lektionen, die ja nun Schlag auf Schlag kommen würden, eingestimmt war. Er bot sofort Passage an, war jetzt deutlich kerniger als in der M. Ich bat wiederholt um ein, zwei Piaff-Tritte, damit er sich gar nicht erst hochziehen konnte. Irgendwann bekam ich zwei wunderbare Tritte, hörte sofort auf und bat ihn, das für die Aufgabe zu behalten – Passage würde ich auch so kriegen von ihm. Hauptsache, er versetzte mich nicht in der Piaffe.

Er fing wieder sehr gut an, etwas nerviger als in der M, aber zuverlässig und aufmerksam. Die Renvers-Volte gelang (wer kommt bloß in einer Turnier-Kür auf sowas, das reitet doch kein Mensch… – ich fand die Idee allerdings cool), Schritt-Pirouette rechts / links gleich darauf mit leichtem Stocken, sonst war der Schritt (für seine Prüfungs-Verhältnisse…) überwiegend sehr gut. Aus dem Schritt über die Piaffe in den Trab – die Piaffe hielt er lange durch, wenn auch mit Vorwärts und nicht ganz so schön, wie ich sie mir erhofft hatte, fühlte sich aber dennoch gut an.
Wieder wunderbar fließende Seitengänge im Trab, oft genau im Takt der Annen-Polka, die einfach traumhaft zu seinem Trab passt.
Schöne sichere Galopp-Tour, allerdings mit einigen nervlichen Anspannungen, er wollte es übereifrig und überkorrekt machen und schien sich in den Pirouetten fast hinzusetzen. Was für ein fantastischer kleiner Kämpfer, immer wieder!
Die Passage versülzten wir dann allerdings völlig, da war er noch zu sehr in Galopp-Stimmung 🙂

Kommentar des Richters hinterher: „Vielen Dank für diese Vorstellung, die auf einem ganz, ganz hohen Niveau geritten wurde. Wunderschöne Piaffe (JA! JA! JA!), nervlich nicht ganz so gefestigt wie in der vorherigen Kür, aber wer diese Pferde kennt, weiß, mit was für Nervenkostümen man es da zu tun hat. Vielen Dank noch einmal für diese schöne Kür, wir haben ein tanzendes Pferd gesehen.“
Nee, wat war dat schön…!!!
Ich gewann diese Prüfung ja nun mehr oder weniger zwangsläufig, was ich mit einer 7,8 in der A- und einer 8,7 in der B-Note aber vermutlich auch getan hätte, wenn sich noch mehr getraut hätten – puh, was für Noten!

Aber nun kam ja noch Steffi mit Madrileño. Ich meinte, Negócio sei absolut fit und gut drauf und könne gern noch etwas machen. Und so enstand das spontanste Pas de deux, das ich je geritten bin (und sie sicher auch), und es war einfach nur total klasse. Das Publikum gab schließlich Szenenapplaus, als wir nebeneinander in einer ganzen Galopptraversale die Diagonale entlang kamen und ich Steffi immer mit einer Hand von mir weg scheuchte, in der nächsten Trabtraversale war sie außen und schickte mich weg, worauf mein Zauberschimmel in der Traversale Sprünge machte, die schon an einen Knoten in den Beinen glauben ließen. Wir ergriffen spontan beim Mittelzirkel unsere Hände und galoppierten nebeneinander einen ganzen Mittelzirkel Hand in Hand, wir passagierten nebeneinander und riefen uns alles mögliche zu – „Mittelzirkel?“ – „Ok! Und dann halbe Traversale rechts/links?“ – „Oh ja, gut!“ – „Jetzt!“ – „Mittelzirkel?“ – „JA!“ – „Ja ja, erst Mittelzirkel sagen und dann kommst Du nicht!“ – wir haben nur noch gelacht. Es war einfach toll. Kommentar des Richters: „Trotz aller sicht- und spürbarer Lebensfreude dieser beiden hochkarätigen Reiterinnen ging die Reitkunst hier nie verloren“ – meine Güte…

Und dann kam ja noch die Offene Kür der Reitweisen. Fàsci war in seinem Element, ich ritt mit Handpferd und Halsring. Zum ersten Mal (auch zu Hause noch nie, sowas fällt mir öfter in Prüfungen ein…) wechselte ich im Galopp mit fliegendem Wechsel aus dem Zirkel – und Negócio wechselte mit, wenn auch mit kleinem Schummler. Zum Schlussgruß stellte ich mich auf Fàscis Kruppe, will heißen, ich musste beide Pferde vollkommen loslassen. Die standen da völlig ungerührt, auch als die Leute losklatschten.
Das gab eine 7,5. Es wurden viele tolle, ideenreiche Küren gezeigt!
Ich sah nicht so viel, da ich mich schon wieder umzog, denn letzter Starter war Negócio, wir waren auch noch freihändig mit Banderillas am Start.
Negócio tanzte durch die Halle. Zum ersten Mal freihändig von der Piaff-Pirouette in die Galopp-Pirouette. Pirouette links, fliegender Wechsel, Pirouette rechts auf der Mittellinie. Er gab Speed ohne Ende und rammte auf Knopfdruck (Pfiff) die Vierradbremse in den Boden – es war die wahre Wonne. Ich glaube, wir übertrafen uns selbst und so gab es tatsächlich die Siegernote 9,0.

Die Nächte waren bei den Außentemperaturen extrem survival-urlaubsmäßig, wir schliefen in einer Scheune, über uns die Mäuse, unter uns dicke Strohballen, um uns herum ein Haufen Decken, Sweat-Shirts, Jogging-Hosen, Socken, Kapuzen und reichlich kalte Luft. Es wurde für ein reichhaltiges Frühstück gesorgt und auch sonst konnten wir uns über die Verköstigung nicht beklagen.

Am Sonntag in der Show traten Fàsci und Negócio noch einmal mit Halsring und Handpferd auf, dann ging Negócio am Langen Zügel eine traumhaft schöne Kür (auch hier aus der Piaff- in die Galopp-Pirouette…) und zum Abschluss noch einmal freihändig mit den Banderillas. Was hat dieses unglaubliche Pferd für eine Motivation und Lust und Freude!
Sonntag war etwas wärmer als Samstag, wir genossen den Tag und hatten eine super entspannte Heimfahrt. Zu Hause lernten wir den Wert des eigenen Bettes und warmen Wassers ganz neu schätzen 🙂

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