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Mein erstes Kaninchen war ein junges Wildkaninchen, das ich 1978 (ich war 11) den Fängen einer Katze entrissen hatte, als ich von der Schule nach Hause ging. Ich nahm es mit nach Hause und wollte es natürlich um keinen Preis der Welt wieder hergeben.
Mein Vater guckte extrem skeptisch, aber erst abends, bis dahin war meine sehr tierliebe Mutter längst überzeugt und hatte dafür gesorgt, dass „Mira“ sich erholen und bei uns wohnen konnte.
Mira sah das anders. Sie war ein Wildkaninchen und keineswegs bereit, zum Hauskaninchen zu werden. Sie zerlegte ALLES. Es war schier unfassbar, was sie alles kaputt machte und wo sie überall hinspringen konnte.
Meine Mutter erklärte mir daraufhin, dass Wildkaninchen raus gehören, ich schrie lauthals dagegen an. Und so schlug meine Mutter ein Tauschgeschäft vor – in dem Stall, in dem unser Pferd stand, gab es eine Unmenge Kaninchen, die sich fröhlich vermehrten und wohl größtenteils irgendwann in irgendeinem Ofen landeten. So eines zu retten war natürlich ein Argument. Wir nahmen also unsere kleine Zerstörerin mit und die verschwand blitzartig auf Nimmerwiedersehen, da hatte ich mir noch keinen Neuen ausgesucht, so schnell war sie auf und davon. Durch eine Lücke, die bis dato keines der anderen Kaninchen gefunden hatte. Oder finden wollte. Und wohl auch nie fand. Ich dafür fand „Muckel“.
Muckel betrachtete Haus und Garten als seins. Leider auch Nachbars Garten. Und die Kabel der Stehlampen (er war völlig immun gegen Stromschläge) und das Sofa – wir suchten ihn mal wieder und stellten nach langer, langer Zeit fest, dass er in der Zwischenzeit das Sofa von unten ausgehöhlt hatte. Von einem gewissen Zerstörungswahn war also auch Muckel nicht frei.
Er war aber auch sehr ordentlich – er sprang auf den Stuhl, von da auf den Esstisch, nahm sich einen Apfel aus der Schale und fraß diesen erst nach und nach zu Ende, bevor er sich den nächsten nahm.
Er hatte auch sämtliche Mitbewohner im Griff – einschließlich der ersten Dogge meiner Eltern.
Muckel starb 1983 sehr unschön an einer Vergiftung. Ich habe ja bis heute den Nachbarn in Verdacht, dem Muckel – natürlich immer frei laufend – sämtliche Rosen im Beet umgeknipst hatte.
Lange Jahre hatte ich kein Kaninchen mehr. Irgendwie passte es nie und ergab sich einfach nicht. Doch ich wurde sesshafter und wohnte schließlich mit meinem Freund in einem Haus mit Garten und irgendwann fragte ich ihn, wie er denn Kaninchen so fände.
Er war Tieren gegenüber freundlich/neutral und hatte nichts gegen einen Mitbewohner.
So zog im Juni 2004 der wenige Wochen alte „Harvey“ ein.
Harvey sollte nicht alleine sein und so kam im Herbst 2004 Franky dazu. Die beiden verstanden sich zum Glück von Anfang an gut.
Ich liebte Franky sehr, er war kuschelig und leckte mir gerne die Hände ab – aber Franky wurde leider nicht viel älter als ein Jahr.
Ich war todtraurig, als er starb.Harvey wirkte nicht sehr traurig, sollte aber dennoch wieder einen Kumpel bekommen.
Die Wahl fiel auf den ganz jungen „Sammy“, der sich, als Häsin gekauft, beim ersten Zusammentreffen als Rammler entpuppte. Ich hatte in Unwissenheit den großen Fehler begangen, ein ganz junges Kaninchen zu einem alten zu setzen. Harvey ging sofort zum Frontalangriff über, so dass Klein-Sammy, übel zugerichtet, noch am selben Tag operiert werden musste. Was für ein Start…
Die beiden konnten wir nicht zusammen lassen. Und so trennten wir sie innerhalb des Hauses, was natürlich ein saublöder Zustand war. Sammy war im Schlafzimmer, Harvey im Wohnzimmer, durch einen halbhohen Draht, über den wir rübersteigen konnten, waren sie getrennt und konnten sich sehen und beschnuppern.
Sammy war unfassbar zahm und kuschelig, das Schlafzimmer war eine gute Wahl für ihn. Harvey war zeitlebens etwas unnahbarer und mit sich selbst zufrieden.
Als wir uns trennten und ich auszog, blieb Harvey dort und ich nahm Sammy mit. Harvey erreichte ein stolzes Alter, Sammy leider nicht. Nierensteine ließen ihn nur etwas mehr als zwei Jahre alt werden. Ein höchst empathischer Tierarzt ließ ihn in meinem Arm einschlafen.
10. Februar 2009
Mein lieber, geliebter Sammy…
Nun bist Du fort, Du kommst nicht zurück,
vorbei die Zeit unseres eigenen Glücks.
Viel zu kurz, nur zwei Jahre warst Du bei mir
und viel zu plötzlich bist Du nicht mehr hier.
Musste Dich unerwartet gehen lassen,
kann es immer noch nicht fassen.
Es tut so weh, es geht mir so nah,
Du warst so tief und innig für mich da,
keiner schubst mich nachts jetzt mehr an,
schiebt sich ganz dicht an mich ran,
ob er gestreichelt werden kann –
doch ob ich deshalb jetzt besser schlafen kann…?
Danke dem Tierarzt für den letzten Augenblick,
er ließ uns alleine, er zog sich zurück,
Du lagst mit wissenden Augen in meinem Arm,
so still wie nie, so nah, so warm.
Wir hatten nicht wirklich eine Wahl,
alles andere wäre nur Qual.
Doch warum so früh, warum so schnell?
Träne um Träne tropfte auf Dein Fell.
Du hieltst ganz still, hast Du es verstanden?
Warst Du mit der Entscheidung einverstanden?
Ich dankte Dir wieder und wieder für unsere Zeit –
und schließlich war es dann soweit.
Die Zeit lief, es gab kein Zurück,
nie vergesse ich diesen Augenblick,
die Spritze kam – “Schlaf ein! Schlaf ein…”
…und dann fuhr ich nach Hause.
Ohne Dich.
Allein.
Fassungslos räumte ich Deine Plätze leer,
Du bist nicht mehr da, Du kommst nicht mehr.
Wirst nie mehr die Stirn zum Kraulen hinschieben,
nie mehr im Bett lang gestreckt neben mir liegen,
nie mehr Dich auf’s Sofa zu mir legen,
nie mehr hinter mir her in’s Wohnzimmer fegen
in Erwartung eines Leckerbissens von mir,
nie mehr zerlegen Unmengen Papier,
nie mehr wirst Du am Fußende schlafen
und mich durch Protestpinkeln strafen
wenn Dir irgend etwas nicht passt…
Ein letztes Mal hab’ ich Dich angefasst,
ein letztes Mal die Nase in Deinem Fell,
Deinen Geruch vergesse ich nicht so schnell,
Deine Mimik, Deine Ausdruckskraft,
Du hast es immer wieder geschafft
mich zum Lachen zu bringen – und zur Nachdenklichkeit.
Ich danke Dir so sehr für unsere Zeit.
Ich werde Dich so furchtbar vermissen
und Dich doch immer bei mir wissen.
Ist es schön da, wo Du jetzt bist?
Hast Du hier unten je etwas vermisst?
Konnte ich Dir alles geben
um es Dir schön zu machen, Dein kurzes Leben?
Die Lücke, die Du hinterlassen hast
ist viel größer, als Du es je warst.
Mir fehlen die Worte, es tut so weh,
dass ich Dich nie mehr wiederseh.
Und niemals soll es jemand wagen
“es war doch nur ein Kaninchen…” zu sagen!
Ich werde heute Abend die Augen schließen
und die Erinnerung an Dich genießen.
Und sicherlich rollen noch etliche Tränen,
ich werde mich keiner einzigen schämen.
Du bist jede wert, und wenn der Schmerz verblasst
werde ich immer dankbar sein, dass Du bei mir warst.
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Sammy zu verlieren war schlimm.
Er war wirklich weit mehr als „nur“ ein Kaninchen.
Es ging nicht ohne, es musste wieder eines da sein.
Ein cremefarbenes wollte ich gerne haben, ich bekennender Farb-Fetischist.
Und so fuhr ich ganz bis in’s Wendland, um einen neuen kleinen Rammler in’s Haus zu holen. Im März 2009 zog „Chesney“ ein.
Chesney hatte deutlich mehr seinen eigenen Kopf und wurde erst mit zunehmendem Alter verschmust, schlief die letzten Jahre mit im Bett am Fuß- oder Kopfende und suchte dann schon viel Kontakt.
Chesney starb am 2. Juni 2015. Ich begleitete sein Sterben zwei Stunden lang und war froh, dabei gewesen zu sein, so wie er ganz offensichtlich froh war, dass ich da war – so lange er es noch wahrnahm. Dieses Sterben so bewusst mitzuerleben war hart, aber ich bin dankbar dafür. Immerhin wurde Chesney sechs Jahre alt.
Ich vermisste die 2 kg Lebendmasse auf meinem Bauch, das zufriedene Knuspern der Zähne beim Kraulen, das angaloppiert-kommen, den warmen weichen Wecker morgens…
Die Größe eines Tieres sagt nichts aus über die Größe des Schmerzes, wenn man es verliert.
Die Überlegung bei Chesneys Kauf, ob ein Kaninchen oder zwei, waren intensiv und dauerten. Ich entschied mich schließlich für einen, weil ich viel Zeit mit ihm verbringen konnte und ich nicht noch einmal die Situation haben wollte, dass das zweite eventuell nach kurzer Zeit stirbt und der „Hinterbliebene“ nicht neu zu vergesellschaften ist. Noch einmal im selben Haus bzw. in derselben Wohnung trennen kam kaum in Frage, dafür bekommen meine Tiere zu viel Freiraum. Und so hatte ich Chesney sehr bewusst als Einzelkaninchen gekauft.
Nun stellte sich die Frage erneut. Und dieses Mal entschied ich anders. Ich holte zwei junge Widder bei dem Züchter, bei dem ich auch Chesney gekauft hatte.
So hoppelten ab Juni 2015 „Quincy“ und „Seeley“ durch die Zimmer. Dieses Mal wurden bewusst Namen gewählt, die mit „y“ enden, weil mir aufgefallen war, dass nach der langen Kaninchen-Pause alle meine Ninchen auf „y“ endeten. Das war Zufall, aber das behielt ich ab dem Zeitpunkt dieser Feststellung bei.
Es war zu süß, die beiden zu erleben, insbesondere, wie sie miteinander umgingen. Quincy war ähnlich unnahbar wie Chesney und Harvey es anfangs waren, das gab sich – nach 3 Jahren… – immer mehr. Seeley hingegen war von Anfang an unfassbar kuschelig, kam immer angerannt, fordert Streicheleinheiten regelmäßig und unmissverständlich ein.
Beide suchten meine Nähe, Quincy mit den Jahren immer mehr, Seeley auch schon mal echt aufdringlich – „Streicheln! JETZT!“
Auch die beiden waren extremst nagefreudig. Tapeten, Fußleisten, Türen und Türrahmen, Teppiche, Bettzeug, Handtücher – alles Verschleißteile, sagten sie sich.
Tja, wo sie Recht haben, haben sie Recht.
Sie nahmen alles in ihrer Reichweite aus den Regalen, Bücher musste ich also mindestens in einem Meter Höhe unterbringen. Zumindest, wenn ich sie nochmal lesen wollte.
Seeley konnte springen wie ein Flummi, nichts war vor den beiden sicher.
Schließlich wurden die beiden etwas älter und ruhiger, um auf’s Bett zu springen nutzten sie gerne einen Hocker als Stufe und die richtigen Renn-Touren wurden sehr selten.
Seeley war ja von Anfang an unfassbar kuschelig, Quincy genoss das Kuscheln endlich auch mehr.
Seeley starb einen sehr unschönen Tod im September 2021, der mich tagelang mitnahm.
Für Quincy suchte ich einen neuen Partner, es sollte ein Kastrat in seinem Alter sein, und so fand ich Clooney. Er sollte angeblich im Januar 2015 geboren sein, womit die beiden nahezu gleich alt wären. Quincy und Clooney mochten sich vom ersten Augenblick an und ich habe selten so schnell und intensiv ein Kaninchen in mein Herz geschlossen wie Clooney.
Die Angaben, die mir „zu seiner Person“ gemacht wurden, waren ganz offensichtlich nicht alle so ganz wahrheitsgemäß – es war ziemlich schnell offensichtlich, dass Stallhaltung eine Wirbelsäulenverkrümmung verursacht hatte, er machte keinerlei Sprünge, weil ihm viele Bewegungen schlicht weh taten, zudem litt er unter einer massiven Ohrentzündung.
Ich fand eine gute Tierklinik, bei der ich enorme Summen ließ, um Clooney eine gute Zeit zu ermöglichen. Tatsächlich blühte er auf und begann – leider unter großen Mengen Schmerzmittel – wieder Haken zu schlagen.
Ich liebte den Kleinen von Herzen, er war ungeheuer kuschelig und wirkte so dankbar, wie nur Tiere es sein können, die „die andere Seite“ kennen. Wir liebten uns sehr.
Mein „Löwenpfötchen“…
Quincy wurde langsam spürbar älter und Clooney war mit Sicherheit älter als angegeben. Ich wollte vermeiden, wieder so schnell einen Partner suchen zu müssen wie nach dem Tod von Seeley, sollte einer von beiden sterben. Also suchte ich nach einem dritten Kaninchen.
Die Wahl fiel auf die dreijährige Larny.
Die Vergesellschaftung war eine gewisse Herausforderung, Larny wurde mir als „nicht zu vergesellschaften“ verkauft. Na, das wollen wir doch mal sehen… Larny war extrem selbstbewusst und rotzig und den beiden Jungs in ihrer Bewegungsfreude oft überlegen. Ich nahm mir die erste Zeit frei und streichelte mehrfach alle platt, um Ruhe in die Truppe zu bringen. Die drei arrangierten sich relativ schnell sehr gut und es war nach kurzer Zeit einfach nur schön, das Trio zusammen zu beobachten.
Das Glück währte nicht lange. Clooney vertrug die Schmerzmittel auf Dauer nicht, ohne ging es aber nicht. Für diese wenigen Wochen, die ihn noch einmal erleben ließen, wie ein Kaninchenleben hätte sein können, zahlte er einen Preis.
Im Januar fing Quincy plötzlich an, abzunehmen, erst fiel es nicht weiter auf, er war zum Glück propper und hatte genug Substanz, aber schließlich wurde es dann doch fühlbar. Und so packte ich alle drei ein und fuhr zur Klinik. Ich ahnte, dass für Clooney und mich der Abschied nahte und es zerriss mir das Herz.
Wir kamen relativ schnell überein, Clooney einzuschläfern, weil er mit massivem Durchfall auf die Medikamente reagierte, ohne die es ihm aber sofort wieder deutlich schlechter ging. Die Ohrentzündung hatte sich verschlimmert. Im Sinne eines lebenswerten Kaninchenlebens gab es hier im Prinzip keinen Spielraum mehr.
Das Ergebnis von Quincys Untersuchung traf mich dann aber mit voller Wucht – sein Unterkiefer war völlig entzündet und der Knochen hatte begonnen, sich aufzulösen. Hier sah die Tierärztin keine reelle Chance mehr. Ich starrte schockiert auf meine beiden geliebten Jungs und konnte nicht fassen, dass ich mit drei Kaninchen hergekommen war und nun mit nur einem nach Hause fahren sollte.
Beide starben in meinen Armen, die Tierärztin ließ uns Zeit und ich den Tränen freien Lauf.
Und so fuhr ich mit Larny nach Hause und begrub Quincy und Clooney unter dem Holunder.
Und nun stand ich nach so kurzer Zeit schon wieder vor dem Problem, ein Partnerkaninchen finden zu müssen… In der Zwischenzeit hatte ich das Buch „Das Kuscheltier-Drama“ gelesen, welches mir die Augen geöffnet hatte für die Qualzucht Widder. In diesem Ausmaß war mir das nicht bewusst gewesen, Clooney war das lebende Beispiel. Und so stand fest, dass Schluss sein sollte mit Widdern – die nächsten Kaninchen sollten wieder wie Kaninchen aussehen und Stehohren haben. Aber ich musste feststellen, dass die inzwischen so schwer zu kriegen waren und das Internet (und die Tierheime) voll von Widderkaninchen waren.
Oh Gott, das muss aufhören…!!
Hiermit mein dringender Appell an alle Haustier-Besitzer, dieses großartige Buch einmal zu lesen – liest sich wie ein Krimi und ist unglaublich gut und informativ geschrieben!
Ich suchte also kreuz und quer und stolperte in den Kleinanzeigen über eine zuckersüß geschriebene Anzeige – und da im Titel nichts von meinen Suchbegriffen „Kaninchen“ oder „Zwergkaninchen“ stand, war es ein sehr glücklicher Zufall, dass mir dieser im Juni 2020 geborene Kastrat überhaupt angezeigt wurde.
Ich verguckte mich sofort in den Kleinen, schrieb die Besitzer an und bekam kurz darauf Antwort. Noch am selben Tag verabredeten wir uns und ich lernte „Puschel“ kennen. Alleine die Art, wie die Anzeige verfasst war, ließ ahnen, dass er es gut gehabt hatte und geliebt wurde – aber sein Bruder war gestorben und so wurde für ihn ein neues Zuhause gesucht. Wir saßen zusammen, ich beobachtete Puschel, fühlte mich wohl mit dieser lieben Familie und kam an dem so gut zu merkenden Datum 2.2.22 mit dem kleinen Stehohr nach Hause.
Larny zog alle Register. Puschel allerdings auch. Diese Vergesellschaftung war ziemlich furchtbar. Sie gelang im Endeffekt – weil ich mir ungeheuer viel Zeit nahm, kaum noch schlief, ständig irgend etwas hin und her baute und mich kümmerte und hier und da auch mal dazwischen ging, womit ich jedoch nicht verhindern konnte, dass Larny etliche Kerben, eine fiese Scharte in der Oberlippe und ein fast abgetrenntes unteres Viertel ihre Ohres davon trug. Sie war allerdings auch phasenweise unglaublich aggressiv und angriffslustig, allerdings war Puschel ihr deutlich überlegen, was Flinkheit und Geschicklichkeit anging. Beide langten mächtig hin. Hier trafen zwei extrem dominante und selbstbewusste Charaktere aufeinander und es dauerte gut zwei Wochen, bis etwas Ruhe einkehrte. Nach vier Wochen kriegte Larny noch einmal einen Rappel und es flog noch einmal büschelweise Fell – danach war Ruhe.
Aber diese Zeit kostete mich ungeheuer Kraft und Nerven. Und Schlaf. Da aber nebst allen Streitereien auch von Anfang an relativ schnell Momente dabei waren, in denen Puschel Larny den Kopf ableckte und die beiden friedlich zusammen lagen oder fraßen, hielt ich das durch. Es war hart.
Inzwischen ist Puschel das Oberhaupt, er ist aber geschickt genug, Larny in dem Glauben zu lassen, dass sie hier die Oberhand hat. Und so ist es perfekt.
Wer nun zu Recht festgestellt hat, dass „Puschel“ doch gar nicht mit y endet, dem sei gesagt, dass Puschels neuer Name „Nijinsky“ lautet. Nijinsky war ein Balletttänzer, dem nachgesagt wurde, dass er schwerelose Sprünge vollführen konnte. Er soll gesagt haben „Ich werde wiedergeboren als schönes, stolzes Pferd“. Durch die Lebensgeschichte des Vollblüters Nijinsky kannte ich diese Geschichte. Und als ich den flinken Puschel so kreuz und quer durch das Badezimmer fliegen sah beim ersten Zusammentreffen der beiden war relativ schnell klar, dass dies ein passender Name für den schwerelosen Überflieger ist. Und so heißt er nun „in echt“ Nijinsky, aber irgendwie blieb der Spitzname Puschel trotzdem bestehen.
Der Wunsch, wieder ein Trio zu haben, hielt sich hartnäckig. Aber nun konnte ich ja in Ruhe suchen. Es sollte auf jeden Fall noch ein Kastrat sein, weil ich mit der Konstellation 2 Rammler und eine Häsin nun so gute Erfahrungen gemacht hatte, Puschel das Zusammenleben mit einem weiteren Kastraten kannte und ich mir vor allem vorstellen konnte, dass Larny – die bei der nächsten Vergesellschaftung hoffentlich etwas kompromissbereiter sein würde… – sich eher mit einem Rammler als mit einer Häsin vertragen würde. Das Tierheim riet mir dringend davon ab, hier war man überzeugt von der Konstellation mehr Mädels als Jungs und wollte mir keinen Kastraten geben. Ich hörte auf mein Gefühl und suchte weiter.
Und so lief mir „Felix“ über den Weg. Ein Holländer-Mix, geboren im Oktober 2020. Farblich mit seiner schönen Zeichnung wie auch schon Puschel natürlich voll mein Beuteschema. Er bewohnte ein ganzes Zimmer, dass der Besitzer mit Erde aufgefüllt hatte zum Buddeln. Ich hatte also noch einmal das Glück, ein Kaninchen zu finden, das es gut hatte und geliebt wurde. Aber auch hier sollte nach dem Tod des Partnertieres die Endlosschleife nicht fortgesetzt werden. Auch hier machte ich es wieder so, dass ich meine beiden einpackte und in Felix‘ Zuhause das erste Kennenlernen stattfand. So hatte ich es bei Clooney und Larny auch schon gemacht. Nur bei Puschel nicht – ein Glück, wenn da so die Fetzen geflogen wären wie dann hier, hätten wir uns vielleicht dagegen entschieden… Mag ich mir gar nicht vorstellen!
Das Zusammentreffen war natürlich nicht frei von Dominanzgehabe und Rangeleien, sah aber in diesen ersten zwei Stunden insgesamt so gut aus, dass ich den kleinen Wilden mitnahm.
Es ist nahezu unmöglich, von ihm Bewegungs-Bilder zu machen – er ist einfach zu schnell. Er schlägt Haken und wirbelt durch die Luft, so voller Lebensfreude und Agilität, es ist zu schön.
Die Namenswahl fiel auf „Jordy“.
Es gab noch einiges Gerangel, aber die Vergesellschaftung war gegen die von Puschel und Larny ein Klacks und geradezu lächerlich einfach.
Jordy ordnete sich bereitwillig unter, sucht viel Kontakt, kuschelt extrem viel und gerne mit den anderen beiden und ist einfach immer neugierig und freundlich, aber auch sehr wach und machmal schreckhaft und Fremden gegenüber sehr zurückhaltend und distanziert. Das gab sich mit der Zeit, nachdem er etwa eineinhalb Jahre hier war, begrüßte er jeden neugierig.
Im Sommer 2022 bemerkte ich eine mächtige Beule an Larnys Unterkiefer. Da verbarg sich unter dem puscheligen Fell ein ordentlicher Abzess, der ihr bis dahin offenbar noch keine Probleme bereitet hatte. Nachdem der geöffnet und behandelt war, war aber klar, dass die Backenzähne des Unterkiefers links extrem schief in die Maulhöhle hineinwachsen und schon zu Verletzungen der Zunge geführt hatten. Seitdem die Zähne im Januar 2023 in Narkose komplett gemacht wurden, raspel ich ihr gesamtes Futter, weil sie nichts mehr abzupfen mag. Anfangs fraß sie ganz schlecht und es schien absehbar, dass das nicht mehr lange gut gehen wird. Die Tierärztin sprach Anfang 2023 von „ein paar Monaten“.
Larny kann gut austeilen, ist aber auch hart im Nehmen. Sie kämpfte, ließ die regelmäßigen Besuche beim Tierarzt mit mehr oder weniger umfangreichen Zahnbehandlungen über sich ergehen und ist jetzt – Herbst 2024 – wieder rund und fit und fröhlich.
Ein paar mehr Monate! 🙂
Das Trio ist ein Traum zusammen. Ich hatte nicht vor, daran etwas zu ändern. Als ich allerdings von einer Tierarzthelferin Ende August 2024 gefragt wurde, ob ich ein Kaninchen aufnehmen könne, hörte ich mir dessen traurige Geschichte zumindest einmal an. Der Kleine war erst 16 Monate alt und seine Besitzer wollten ihn wegen einer Zahnfehlstellung einschläfern lassen. Die taffe Tierzärtin weigerte sich und sagte, sie operiert ihn kostenlos (!) und sucht ein neues Zuhause für ihn. Und da wurde ich gefragt.
Ich war hin und hergerissen. Eigentlich nein. Andererseits sind ja genau das die Tiere, die ich, wenn überhaupt, noch aufnehmen würde. Ich bekam ein Foto und leider war mein erster Gedanke „Oh mein Gott, ist der süß“:
Am 28. August lernte ich ihn kennen. Sehr zutraulich, aber leider auch sehr dünn. Und halt Widder – und dann jetzt schon Zahnprobleme… Egal. Ich raspelte sowieso schon alles Futter klein und sah kein Problem, den Kleinen wieder auf die Beine zu bringen. Die Operation sollte am 30. August sein. Ich dachte, vielleicht hilft es, dass er schon einen neuen Namen hat – er sollte Cody heißen.
Ich war so aufgeregt und wartete auf den Anruf, dass er es überstanden hat.
Der Anruf kam, aber überstanden hatte er es nicht. Die Tierärztin hatte ihn nicht wieder aufwachen lassen, da sich der Kiefer bereits auflöste. Vor 3 Wochen hätte er vielleicht noch eine Chance gehabt, wenn der Abzess rechtzeitig geöffnet und er direkt behandelt worden wäre. Da wollten die Besitzer noch nicht. Nun war es zu spät, Cody war tot.
Mir war sehr nach Heulen. Selten war mir ein Kaninchen so direkt ins Herz gesprungen. Bei Clooney war es ähnlich. Ich trauerte um den Kleinen.
Und dachte nun darauf herum, da ich doch jetzt ohnehin schon so weit gewesen war, einen vierten dazu zu nehmen. Aber natürlich entweder aus dem Tierheim oder einer, für den das die Rettung bedeutete.
Ich fing an, zu suchen. Gefallen musste er mir schon, es sollte möglichst kein Widder und keine Häsin sein und nicht jünger als drei Jahre, gerne älter. Meine Jungs waren jetzt vier, Larny sechs.
Nach vielen Anzeigen (Widder, Widder, Widder…) und sehr wenigen Kontakten las ich eine sehr ausführlich und liebevoll geschriebene Anzeige über die bereits siebenjährige Lili. Ein Farbenzwerg mit kurzen Ohren. Die Zahnfehlstellung wurde schon im Text beschrieben und war schon oft behandelt worden. Ich dachte eine Weile auf einer Häsin herum und schrieb der Besitzerin. Wir trafen uns und ich lernte die in ihrem Zuhause sehr scheue Lili kennen. Selten habe ich eine Besitzerin kennengelernt, die sich schon vorab so intensiv informiert und so viel für und in ihre Kaninchen investiert hat. Nun war aber Lilis zweiter Partner gestorben und es sollte aus persönlichen Gründen keinen weiteren geben.
Wir waren uns in so vielen Punkten und Einstellungen einig und so sollte die Kleine (in diesem Fall aber wirklich – sie wiegt derzeit nur knappe 1,3 kg…) zu mir ziehen. Die Namenssuche war dieses Mal relativ einfach – Lili bzw. Lilly war belegt durch die Stute Lilly, deren Leben ich lange Jahre begleitet hatte, aber weiblich mit y am Ende, da sprang mich ziemlich schnell ein vermutlich ziemlich bekannter Name an: Jeanny.
Am 22.9.24 machte Jeanny mein Trio zum Quartett. Diese Vergesellschaftung war natürlich wieder ein bisschen anders – einen neutralen Raum gibt es hier nicht mehr und hier traf ein eingespieltes Dreier-Team auf eine Kleine. Puh, klang gar nicht so fair, aber Jeanny wusste sich ziemlich schnell ganz gut zu helfen. Nachdem sie zuerst mit der Situation echt überfordert schien und ganz schön auf der Flucht war, fing sie noch am Abend des ersten Tages an, auf die angreifenden Jungs zuzuspringen, um dann abzuhauen. Puschel war kolossal empört und Jordy außerordentlich verblüfft. Es gab eine Menge Rennerei und fliegende Fellbüschel. Larny hielt sich vollkommen raus, so dass ich mich ernsthaft fragte, ob sie überhaupt mitgekommen hatte, dass da jemand Neues war. Jeanny sprang auf der Flucht vor den Jungs mehrfach über Larny rüber, wenn die im Weg saß oder lag – die reagierte nicht. Unglaublich! Mit ihr hatte ich am ehesten Probleme erwartet!
Am zweiten Tag nahm ich sie schon mit in den Garten, da pennte sie in einer Ecke im Gras den ganzen Nachmittag und ruhte sich da offenbar einmal richtig aus. Die Jungs ließen sie da in Ruhe.
Abends ging es natürlich nochmal rund, aber die Nacht war erfreulich ruhig.
Ich hatte mir wieder die ersten Tage frei genommen, um die ganze Zeit dabei sein zu können, wagte es aber tatsächlich am Vormittag des dritten Tages schon, einkaufen zu gehen.
Jeanny ist ungeheuer schnell und flink und zum Glück sehr neugierig, haute aber innerhalb weniger Tage nur noch so weit ab, wie sie unbedingt musste, und es ergaben sich schon Momente, in dem sie in einem Häuschen saß und einer der anderen davor oder zumindest ganz in der Nähe fraß. Ich legte das Futter so, dass von beiden Seiten gefressen werden konnte. Bis auf kleine Jagereien wurde es innerhalb der ersten Woche schon erstaunlich friedlich. Sollte es tatsächlich so einfach sein?
Willkommen, kleine Jeanny, schön, dass Du da bist!
Ohne geht nicht! ♥
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