Sonntag, 23. April

Da mein Schaubild erst um 14.48 Uhr war, konnte ich noch später losfahren als an den Tagen zuvor, und das tat auch ganz gut, denn inzwischen war ich echt platt.
Nicht so Dón, der mich mit leuchtenden Augen und höchst erwartungsvoll begrüßte.
Nacariño hatte sich schön eingesaut, er hatte mit Sicherheit verstanden, dass er heute nicht mehr dran war.

Heute sah auch ich ein wenig von der Messe, ich ging durch ein paar Hallen, aber dieses Gedränge, die Luft und die Lautstärke halte ich echt nicht gut aus. Früher schon nicht, inzwischen nahezu gar nicht mehr. Nach meinem Schaubild wurde es deutlich entspannter, da drehten wir noch mal eine kleine Runde, aber das war dann auch mehr hier und dort Tschüss sagen und ein bisschen quatschen.

Das Schaubild selbst… Ich hatte laut Plan 15 Minuten. Sie gaben mir fast 18. Dón wird ab sofort nur noch mit „Seine Majestät“ angesprochen. Er war fantastisch.

Ich wollte auf keinen Fall länger als eine halbe Stunde draufsitzen. Länger reite ich ja auch sonst nie und er sollte in voller Kraft in die Bahn kommen. Verzug hielt sich in Grenzen, ich machte also um 14.15 Uhr fertig und führte zur Abreitehalle. Dort saß ich erst auf.

Dón ging schön, ließ sich wunderbar reiten, erschrak einige Male, wenn etwas knallte oder ihm diese Unmengen Ponys zu dicht kamen, aber er fühlte sich ansonsten super an. Und er hatte spürbar Lust. Ein schöneres Gefühl kann es gar nicht geben…

Die Tribüne war rappelvoll. Ich freute mich, eine so tolle Zeit bekommen zu haben.
Und dann kam die Ansage, dass noch eine Ehrung stattfinden sollte, nur fünf Minuten, wer möchte mit in die Bahn für ein bisschen Kulisse? Ich rief natürlich „Ich!“ und so durfte Dón mit in die Bahn. Hier hieß es nun nur im Schritt außen herum, im Zweifel eine verdammt hohe Anforderung, noch dazu für ein Pferd, dass sich vor zwei Tagen noch nicht auf zehn Meter an die Bande getraut hat. Das hatte Dón weitgehend vergessen, er ging relativ schnell sehr brav außen herum, nicht ganz an der Bande, aber der dritte, vierte Hufschlag gelang sicher. Diese fünf Minuten waren ein echtes Geschenk, etwas besseres hätte mir gar nicht passieren können. Ich grinste vor mich hin und Dón entspannte sich immer mehr. Ich fragte nach Spanischem Schritt und bekam ihn. Applaus nach jedem Namen – Dón zuckte überhaupt nicht mehr.

Es wurde geehrt und geehrt und geehrt, fünf Minuten waren längst um, dann vergingen nochmal fünf und noch mal fünf, Dóns Kopf wurde immer schwerer, er wurde unruhig in der Haltung, meine Mundwinkel ließen sich nicht mehr ganz so leicht oben halten.
Ich glaube, die ehrten da locker dreißig, vierzig Leute.
So wichtig so etwas auch sein mag – es interessiert die meisten nicht und schon gar nicht für zwanzig Minuten. Ich sah später auf dem Plan, dass ich eigentlich direkt vor dieser Ehrung hätte dran sein sollen, nun war ich direkt danach dran. Der saublöde Nebeneffekt war, dass sich natürlich die Tribüne zur Hälfte leerte.

Es wurde noch ein Gruppenfoto gemacht, ich ritt raus, mir fiel ein, dass ich ja nun dran war und ritt wieder rein. Die Ränge waren halb leer. So, so schade…!!

Sie füllten sich während meines Schaubildes wieder, aber das war wirklich schade.

  

Was Dón aber dann ablieferte, war unglaublich. Er hatte sein gestern aufgesetztes Krönchen poliert und lief zu Hochform auf. Ich hatte ja Zeit, relativ ausführlich zu kommentieren und so konnte ich einiges zum inneren Bild und positiver Formulierung erzählen und zeigen.

Ich hatte zuvor noch überlegt, einen fliegenden Wechsel zuzulassen und dabei versucht, diesen Gedanken nicht bis zu Dón durchzulassen, ahnend, dass mir das nicht gelingen würde. War es nicht. Der erste Galopp geriet ausgesprochen dynamisch – Dón hatte die Bandenwerbung der Horner Rennbahn im Auge und vermittelte kurzfristig Derby-Feeling.
Ich hatte beschrieb meine Idee, wie ich diesen Galopp nun umgestalten würde.

Dón machte super mit, ich ging auf den Wert kurzer Reprisen und sogar einzelner Sprünge ein (was bestimmt viele nicht verstanden haben…). Fliegende Wechsel schob ich gedanklich jedenfalls weit, weit weg.

Dann nahm ich die Flagge zur Hand und spielte mit der eine Weile rum.

Auch Dón schenkte mir tatsächlich unsere erste „blinde“ Traversale auf die Plane, wie auch Nacariño am Freitag.

Der Galopp mit Flagge hatte wieder ausgesprochen Fahrtwind, den nahm ich mal zurück, bevor das Ganze eskalierte. Dón war extrem bewegungsfreudig. Das freute mich vor allem, nachdem ihm bei der zwanzig… äh, sorry, fünfminütigen Ehrung der Kopf so schwer geworden war. Davon war hier nichts mehr zu spüren.

Ich saß ab, nahm Dón an die Hand, erzählte, ging zur Plane und ließ ihn einmal im Spanischen Schritt darüber gehen zum mutig machen.

Dann ließ ich ihn direkt anpiaffieren. Ich hatte ihn heute vorher nicht an der Hand gehabt – normalerweise stimme ich ihn vorher darauf ein. Heute nicht. Und diese Plane hatte er auch erst zwei Mal überhaupt gesehen und hier in der Halle noch gar nicht.
Machte nichts, er war sofort da. Es gelangen sogar zwei Tritte am Platz, ansonsten ließ ich natürlich immer so viel vorwärts zu, wie er brauchte, um gut im Rhythmus bleiben zu können. Ganz großes Kino!

Spanischen Trab bot er schon von selbst an, ich musste kaum fragen, er ging los.


Ich holte die Stadionflagge, wickelte ihn ein, nahm darunter die Trense ab und dann spielten wir frei.

Das hatte nicht mehr den ungeheuren Effekt von gestern, aber ich glaube, jetzt war auch langsam wirklich ein wenig die Luft raus. Und ich merkte, wie unfair schnell ein Anspruch steigt – vor der Messe noch gehofft, ihn überhaupt einmal frei lassen zu können, am dritten Tag schon merken, dass er nicht mehr ganz so hoch steigt und der Ausdruck minimal nachlässt. Haha, mal zusammenreißen!! Er spielte trotzdem total toll mit, ausdrucksvoll und mit Freude und sehr auf mich fixiert – auch wenn er einmal Zeitung lesen musste.

Aber auch das konnte ich toll in meine Kommentierung einbeziehen und es zeigte ja vor allem, wie entspannt er jetzt mit dieser Atmosphäre umging.

   

Unser Solo vom Samstag steht also als leuchtender Stern über der Rückschau auf diese unsere Nordpferd 2017. Ich war so, so dankbar, dabei gewesen sein zu dürfen und diesen Spielraum mit meinen Vorführungen gehabt zu haben. Das war so wertvoll und es hat meinen Jungs so fantastische Möglichkeiten geboten. Und sie haben sie genutzt.

Das war ohnehin das Größte – Dóns Wandlung und Wachsen in diesen drei Tagen.
Was für ein Pferd! Was für Wahnsinns-Erlebnisse! Was haben uns diese drei Tage bereichert! Ich kann im Moment nur ahnen, was für einen ungeheuren, positiven Kick das unserer Beziehung gibt.

Ich bin sehr, sehr glücklich über die Erfahrungen dieser drei Tage und mit meinen beiden wunderbaren Pferden – dem weißen Riesen und Seiner Majestät 🙂

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