Reiten mit Handpferd

Mit Handpferd zu reiten hat für mich ebenfalls eher mehr Spaßfaktor, als dass es einer „Reitweise“ zuzuordnen wäre. Ich liebe es, mit zwei Pferden gleichzeitig etwas zu machen, und dafür eignet sich das Reiten mit Handpferd natürlich. Gerne auch nur mit Halsring
🙂

In meiner aktiven Military-Zeit war das eine ideale Möglichkeit, zwei Pferde zeitgleich zu bewegen, und so nahm ich neben den täglichen Spazierrunden im Gelände generell Fàscino und Liten svensk zusammen mit in die Siegerehrungen, in denen sie beide platziert waren. Mit den beiden ritt ich auch die erste „Prüfung“ dieser Art, in Heist war das in zwei aufeinanderfolgenden Jahren als Wettbewerb ausgeschrieben und Fàscino und Liten nahmen hier einmal als Zweite und einmal als Sieger teil.

Heist 1997

Mit Fàsicno und Liten wagte ich auch die ersten Ausritte, bei denen einer von beiden frei laufen durfte. Ich konnte die Pferde tauschen, wie ich wollte, es klappte mit beiden wunderbar.

Geblieben ist der Spaß am gemeinsamen Ausflug, bei dem ich entweder mit zwei Pferden spazieren gehe oder auch reite und dabei gerne mal einen der beiden frei mitlaufen lasse, was mit Fàscino schon seit Jahren wunderbar geht und richtig Spaß macht, mit Negócio ging das auch fast von Anfang an und inzwischen habe ich mit Joya die ersten Versuche in der Richtung gestartet – und auch mit ihm klappt es!

Diese Spaziergänge genießen wir sehr, Fàscino bleibt zurück, grast einen Moment, kommt dann von hinten angedonnert und buckelt grinsend an einem ausflippenden Joya vorbei, der gar nicht weiß, wohin mit sich    🙂

Seit Joya selbst auch frei laufen darf (also immer einer zur Zeit…!), erträgt er den durch’s Unterholz brechenden Fàscino viel besser – der allerdings guckt entsprechend maulig, wenn er an der Hand bleiben muss, wenn Joya Freilauf hat.

Das Reiten mit Handpferd habe ich, als ich Negócio noch hatte, auf das Reiten mit Halsring ausgeweitet. Mit Fàscino und Negócio bin ich einige Schaubilder und auch Offene Kür der Reitweisen mit Halsring und Handpferd geritten.

Im Gleichschritt – Fàscino und Negócio,  Altengamme 2006

Auszug aus dem Protokoll:

Konterschulterherein bei beiden Pferden in sauberer Biegung, spektakulärer Gehorsam beider Pferde in den Paraden
Zusammenspiel und Harmonie zwischen Reiter/Führer und Pferd: sehr gut
Schwierigkeitsgrad: sehr hoch
Choreographie – Ideenreichtum, Einteilung und Ausnutzung des Vierecks: sehr gut
Wertnote: 7,9

vorwärts, rückwärts, seitwärts…

Das habe ich schon sehr vermisst, als Negócio nicht mehr da war. Was also lag näher, als Joya dazu zu holen…? Der erste Versuch war – äh – gar nicht so einfach. Für den Betrachter sicherlich erheiternd. Ich bekam lange Arme und befand mich phasenweise in Wohnungsnot, weil ich ja auch wirklich erst loslasse, wenn’s gar nicht mehr anders geht. Joya fühlte sich in der neuen Rolle nicht sofort wohl, als er dann verstand, wie er auf den Halsring reagieren sollte, wurde er lustig und frech. Beim ersten Galopp wollte er buckeln und biss nach Fàsci, um den zu animieren. Das durfte ich jetzt nicht zu heftig unterbinden, damit das gerade aufkeimende Vertrauen nicht gleich wieder zerstört wurde. An dem Tag kam ich echt ins Schwitzen…

Nun wollte ich natürlich gerne davon Fotos haben und kurz darauf kam an einem herrlich sonnigen Tag Sönke mit in den Stall. Das also war der erst zweite Versuch.
Und es war toll!!! Als hätten wir das ich weiß nicht wie oft schon gemacht! Es war schlicht großartig und hat uns allen pur Spaß gemacht. 

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Ende 2012 wurde ich gebeten, einen Artikel über das Reiten mit Handpferd für ein Tiermagazin zu schreiben. Hier fand ich es schon schade, dass ich da noch keine Bilder hatte, auf denen ich mit Handpferd springe. Ich dachte, das muss ich unbedingt nachholen, wenn wieder gutes Wetter ist. Tat ich dann auch 🙂

 

Artikel „Reiten mit Handpferd“ – erschienen in „Snipp“, Anfang 2013
(zum Vergrößern bitte auf das Bild klicken)
02-2013 Snipp 31 c 02-2013 Snipp 31 b.

Gerade an kalten Wintertagen oder wenn man es eilig hat, kann es nicht nur sinnvoll sein, sondern auch viel Spaß machen, zwei Pferde gleichzeitig zu bewegen. Bevor man sich an das Reiten mit Handpferd heranwagt, sind ein paar Dinge zu beachten:
– die Pferde sollten sich kennen und mögen
– beide Pferde sollten eine gute Grunderziehung und Gehorsam mitbringen
– die Pferde sollten idealerweise ein ähnliches Tempo gehen

Wenn das Reiten mit Handpferd völliges Neuland ist, sollten erst einmal beide Pferde nebeneinander geführt werden. Hier lässt sich meist schon eine Vorliebe erkennen, ob ein Pferd lieber rechts oder links vom anderen gehen mag. Zudem lässt sich erkennen, ob das Grundtempo beider Pferde zueinander passt. Das prompte Anhalten auf Stimme kann hier schon gut geübt und gefestigt werden. Idealerweise lassen sich beide Pferde problemlos anhalten, anführen, antraben und wenden, bevor mit Handpferd geritten wird.

Ob bei den ersten Versuchen Trense oder Halfter genutzt werden, hängt davon ab, woran die Pferde gewöhnt und wie gehorsam sie sind. In jedem Fall sollte das Halfter gut anliegen, so dass die Seitenteile bei Zug nicht in das Auge rutschen können. Beim Führen mit Trense empfiehlt sich eine Schenkeltrense, da diese sicher an den Maulwinkeln anliegt. Das Tragen von Handschuhen empfiehlt sich, insbesondere, wenn mit Führstrick geführt wird. Und selbstverständlich sind beim Führen feste Schuhe zu tragen!

Sind die ersten Führübungen gelungen, setzt man sich auf das unter dem Reiter erfahrenere bzw. gehorsamere Pferd. Dieses sollte einhändig zu wenden und durchzuparieren sein.
Sinnvoll ist, das fleißigere Pferd an die Hand zu nehmen. Nichts ist schlimmer, als auf einem Feuerstuhl zu sitzen, während der Arm am Führpferd immer länger wird.

Die ersten Versuche sollten auf eingezäuntem Gelände stattfinden, in erster Linie geht es auch jetzt um den Grundgehorsam beim Antreten, Durchparieren, Wenden und Anhalten. Hier sollten beide Pferde auf dieselben Stimmsignale abgestimmt sein. Das Handpferd sollte immer wieder einmal von oben am Kopf angefasst werden, hier darf es keine Scheu zeigen.
Anfangs kann ein Helfer dabei sein, der z. B. von hinten nachtreiben kann, wenn sich das Handpferd noch ängstlich zeigt beim Mitgehen. Dieser Helfer kann natürlich auch eine optische Bremse darstellen, wenn eines der Pferde (oder gar beide) übermütig wird.
Ein beherztes Zufassen kann beim Reiten mit Handpferd immer mal erforderlich werden, dem Handpferd sollte von Anfang an keine Chance zum Freigang gegeben werden.

Das Reiten mit Handpferd kann auch genutzt werden, um einfach mal im Schritt im Gelände die Seele baumeln zu lassen und das gute Gefühl zu genießen, mit zwei Pferden entspannt unterwegs zu sein. Natürlich lässt sich damit auch ein zeitsparendes Konditionstraining erzielen. Reiten mit Handpferd kann aber noch viel mehr sein!

Hat der Reiter eine gewisse Sicherheit erlangt und zwei gehorsame, aufmerksame Pferde bei sich, kann er sich an engere Wendungen, Tempounterschiede, Gangartwechsel, Rückwärtsrichten und erste Galoppsprünge heranwagen.
Zum Rückwärtsrichten empfiehlt es sich, neben einer Bande zu halten, das Handpferd zwischen Bande und Reitpferd. Sofern das Reitpferd auf leichte Hilfen gerade rückwärts geht, kann das Handpferd in dieser “Schneise” gerade rückwärts mitgeführt werden.
Zum Angaloppieren sollte das Handpferd anfangs außen gehen, um den längeren Weg zu haben und damit eher in Versuchung zu geraten, mitzugaloppieren; das Reitpferd muss sich hier gehorsam im Galopp wenden und im Tempo beeinflussen lassen.
Bei gehfreudigen, gehorsamen Pferden lässt sich so in kurzer Zeit ein großes Repertoire an Hufschlagfiguren und Übergängen erarbeiten. Und dann macht Reiten mit Handpferd richtig Spaß!

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Das lässt sich nun natürlich noch mehr ausweiten. Das bis hier oft genutzte Wort “Gehorsam” bekommt noch mehr Bedeutung, will man mit beiden Pferden springen oder beide Pferde nur noch mit Halsring führen. Das kann bei temperamentvollen Pferden auch mal rasant werden, der Reiter muss seine beiden Pferde also gut kennen und angstfrei sein.

Um mit Handpferd und Halsring zu reiten, sollten beide den Halsring kennen und sich gut im Tempo regulieren lassen. Bleibt das Handpferd gern zurück, wird man mit Halsring schnell machtlos – der rutscht dann auch schon mal über den Kopf und man steht plötzlich ohne Handpferd da… Ansonsten lassen sich jedoch auch hier alle Grundgangarten, Hufschlagfiguren, Rückwärtsrichten, Seitengänge etc. abrufen.

Um mit zwei Pferden zu springen, bedarf es Mut und Reaktionsschnelle. Stockt eines der beiden Pferde, kann sich der Abstand sehr schnell vergrößern – schlimmstenfalls ist ein Pferd vor, ein Pferd hinter dem Sprung. Entweder hat man jetzt losgelassen oder einen sehr langen Arm. Um beides zu vermeiden, sollten die ersten Sprünge sehr breit sein und von geringer Höhe – idealerweise also aus dem Stand zu überwinden und ohne Möglichkeiten, rechts oder links daran vorbei zu konmen. Die Pferde müssen auch erst einmal den Mut bekommen, nebeneinander zu springen. Da sich viele Pferde hier beengt oder durch das andere, eine Sekunde früher abspringende Pferd verunsichert fühlen, dienen die ersten Sprünge nur dazu, beiden Pferden Sicherheit und Vertrauen zu geben.
Der vertraute Sprung kann dann erhöht werden, später kommen auch schmalere Sprünge dazu, wobei immer das Augenmerk darauf liegen muss, dass die Pferde vertrauensvoll nebeneinander springen mögen.

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Die Spannung steigern kann man, indem man das Handpferd frei laufen lässt. Geht nun wahrlich nicht mit jedem, aber wenn es geht, kann es zum Heulen schön sein…!

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Eine weitere Steigerung bietet sich nun noch mit zwei Handpferden. Das Reitpferd darf keine Platzangst zwischen zwei Pferden haben, und mindestens ein Pferd muss so sicher mitgehen, dass es keine eigene Hand des Reiters benötigt. So kann das sicherere Handpferd links geführt werden, die linke Hand des Reiters hält die Zügel des Reitpferdes und des linken Handpferdes, die rechte Hand hält das rechte Handpferd. In Wendungen muss nun das äußere Pferd zulegen und das innere sich im Tempo zurücknehmen (lassen). Das Reitpferd sollte so gut an den Hilfen stehen, dass der Reiter sich auf vermehrt auf die beiden Handpferde konzentrieren kann. Dann lassen sich auch hiermit wunderschöne Momente erzielen.

Wer die Möglichkeit hat, mit Handpferd zu reiten, sollte es auf jeden Fall ausprobieren. Die Nähe zu den beiden Pferden hat ihren ganz eigenen Reiz. Und meist genießen auch die Pferde sehr die gemeinsamen Unternehmungen. Viel Spaß beim Ritt zu dritt!

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Auszüge aus dem Artikel CAVALLO März 2013:

Zwei Pferde, aber nur Zeit, eines zu bewegen? „Nehmen Sie Ihr Pferd doch einfach mal an die Leine“, sagt Corinna Scholz. Die Ausbilderin aus Alveslohe bei Hamburg (www.tanzende-hufe.de) geht regelmäßig mit Handpferd ins Gelände. Etwa, um verletzte Pferde ohne Reitergewicht wieder aufzubauen und junge Pferde an Gelände und Verkehr zu gewöhnen.
Handpferdereiten fängt mit dem richtigen Zaumzeug an: Meist wird das Handpferd an Halfter, Knotenhalfter oder Kappzaum geführt. „Wenn Sie mit Halfter reiten, achten sie darauf, dass es gut sitzt und nicht schlackert. Sonst ziehen Sie es dem Pferd womöglich noch ins Auge“, sagt Corinna Scholz.
Ein Knotenhalfter wirkt durch sein dünnes Seil deutlich schärfer. „Deswegen sollte es perfekt angepasst sein“, sagt die Ausbilderin. „Andernfalls wirken Sie falsch auf das Pferd ein oder geben ihm sogar unabsichtlich schmerzhafte Impulse.“ Alternativ können Sie auch einen Kappzaum verwenden. Er wirkt weniger scharf, das Pferd lässt sich damit aber trotzdem gut über den Druck auf der Nase kontrollieren. „Bei Pferden, die sich leicht führen lassen, kann man das Seil seitlich einschnallen, ansonsten am mittleren Ring auf der Nase“, sagt Corinna Scholz.

Damit Sie beim Handpferdereiten auch in brenzligen Situationen immer souverän bleiben, benötigen Sie ein absolut zuverlässiges Reitpferd, wie Corinna Scholz betont. „Es muss auch ruhig bleiben, wenn das Handpferd mehr Aufmerksamkeit fordert.“ Wer selbst noch damit beschäftigt ist, das eigene Pferd unter Kontrolle zu halten, sollte aufs Handpferd verzichten. Auch fortgeschrittene Reiter sind gut beraten, das Handpferd gründlich vorzubereiten.

„Rangniedere Tiere zögern oft, neben ranghöheren zu gehen“, weiß Corinna Scholz. „Testen Sie, ob sich beide nebeneinander führen lassen.“ Anfangs kann man dies mit einem Extraführer fürs Handpferd probieren, der es an der Außenseite führt. „Drehen Sie mit den Pferden eine Runde, und verkleinern Sie den Abstand zwischen beiden langsam“, sagt Scholz.
Klappt es hingegen, können Sie das Handpferd schon am Boden an die Führposition aus dem Sattel heraus gewöhnen: „Ich habe den Kopf des Handpferds dabei am liebsten auf Höhe der Schulter meines Reitpferds“, sagt Corinna Scholz. „So habe ich beide 
Pferde gut im Blick und kann schnell reagieren.“ Die meisten Reiter führen das Handpferd automatisch rechts neben sich. Da manche Pferde lieber auf der anderen Seite gehen, führt Corinna Scholz diese auch mal links. Auch solche Pferde sollten auf der rechten Seite laufen können, denn das müssen sie im Straßenverkehr auch.
„In der Trainingsphase sollten Sie jedoch immer in der Halle oder auf einem festumgrenzten Areal üben“, rät Corinna Scholz. „Dann können Sie das Handpferd zur Not laufen lassen.“ Ihr Tipp: „Holen Sie sich einen Helfer. Der kann ein trödelndes Handpferd von unten antreiben. Üben Sie nun zunächst im Schritt ganze Bahn zu gehen, anhalten, losgehen sowie Wendungen. Die Rechtswendung können Sie einleiten, indem Sie das Handpferd zurücknehmen und dann abbiegen. Achten Sie bei Linkswendungen darauf, dass das Handpferd einen weiteren Weg hat. „Nehmen Sie Ihr Reitpferd etwas zurück, und treiben Sie das Handpferd ein wenig an, damit es mitkommt“, sagt Corinna Scholz.
Funktionieren diese Übungen im Schritt, können Sie sie im Trab und Galopp wiederholen. Als Nächstes können Sie sich ins Gelände wagen. „Am besten zunächst auf kurzen Wegen, die beide Pferde gut kennen. Das gibt Sicherheit“, sagt Corinna Scholz. „Dabei werden Sie auch schon schnell merken, wie sie gemeinsam ticken.“

Das Tempo geben Sie vor. „Trödelt das Handpferd, treiben Sie es mit Gerte oder Stimme an“, sagt Corinna Scholz. Nötigenfalls kann ein Helfer das Pferd anfangs auch antreiben. „Reagieren Sie sofort auf Trödeleien“, rät sie. „Fällt das Pferd zurück oder bleibt stehen, können Sie kaum noch darauf einwirken.“ Ist das Handpferd zu schnell, nehmen Sie die Führleine kürzer und geben ihm durch Stimme und Parade zu verstehen, dass es langsamer werden soll.

Manche Pferde drängeln. „Das kann an Rangstreitigkeiten liegen, oder es weicht vor etwas aus“, sagt Corinna Scholz. Gerade in höheren Gangarten bricht sich mitunter der Spieltrieb Bahn. „Sie müssen es trotzdem auf Abstand halten, notfalls durch einen Tritt des Reiters“, sagt Corinna Scholz. Ansonsten ziehen Sie den Kopf des Handpferds zu sich hoch: „Dadurch muss es die Kruppe wegdrehen und kann nicht mehr drängeln.“
Hat das Handpferd Spaß daran, Ihr Reitpferd zu zwicken, fassen Sie den Strick so kurz, dass Sie es am ausgestreckten Arm auf Abstand halten können. „Da geht es eigentlich um die Rangordnung“, sagt Corinna Scholz. „Kommt das öfter vor, müssen Sie erneut am Boden klären, dass Sie der absolute Chef beider Pferde sind.“ Dann klappt es auch mit dem Handpferd im Gelände.

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